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0428 - Jiri, der Flammenteufel

0428 - Jiri, der Flammenteufel

Titel: 0428 - Jiri, der Flammenteufel
Autoren: Jason Dark
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an die gleiche Stelle, wo sie das Wasser schöpften.
    Der Ort lag neben der alten Steinbrücke, die aus dem Jahre stammte und oft von Besuchern und Fremden bewundert wurde. Im Sommer kamen die Touristen, denn diese Stätte war geschichtsträchtig.
    Die Brücke hatte einen zwanzig Meter langen Bogen. Er überspannte die Neretva.
    Auf beiden Ufern wurde die Brücke von zwei viereckigen Türmen flankiert und gehalten. Früher hatten die Türme als Gefängnis und Pulvermagazine gedient.
    Sie sahen ebenso grau aus wie die Häuser, der Morgen oder das Gestein der Brücke.
    An den steinigen Rändern des Flusses wuchsen Bodendecker, aber auch hohe Büsche oder Krüppelbäume. Die Berge im Hintergrund waren wegen des Nebels nur schattenhaft zu erkennen: Sie wirkten wie gewaltige Buckel.
    Den Weg zum Ufer fanden die beiden Frauen im Schlaf. Kinder hatten diesen Pfad geschlagen, und er endete im Schatten eines Brückenturms.
    Durch die einsetzende Schneeschmelze in den Bergen führte die Neretva ziemlich viel Wasser. Das Rauschen war auch in den entfernter vom Ufer liegenden Häusern zu vernehmen. Wegen des vielen Schnees rechnete man mit Hochwasser.
    Die beiden Frauen knieten nieder. Die Steine waren glatt. Gegenüber, wo die Häuser Schachtel- und terrassenförmig den Hang hochwuchsen, trieben dichte Nebelschwaden und ließen die Lichter als geisterhafte, rotgelbe Flecken erscheinen.
    »Sollen wir noch warten?«
    »Ich weiß nicht. Mir ist es zu kalt. Außerdem sind meine drei Kinder schon wach.«
    »Dann kannst du ja später zu mir kommen.«
    »Sicher, wenn ich Zeit finde. Du weißt ja, daß es mein Schwiegervater nicht gern sieht, wenn ich das Haus verlasse, solange sein Sohn noch nicht zurück ist.«
    »Der Alte hat noch immer das Kommando?«
    »Was willst du machen? Das ist Tradition bei uns.«
    Die andere Frau seufzte, als sie einen Eimer in den Fluß eintauchte.
    »Manchmal wünsche ich mir, im Norden zu leben oder in einer großen Stadt, wo wir Frauen mehr Rechte haben.«
    »Glaubst du das wirklich?«
    »Ja.«
    »Ich bin davon nicht überzeugt. Und wenn schon. Finde mal Arbeit in der Stadt. Ich habe mir erzählen lassen, daß dort viele auf der Straße sitzen. Da haben wir es irgendwie besser. Hier kümmert man sich noch um die Familie oder den Nachbarn.«
    »Ja, das stimmt.«
    Die beiden Frauen schwiegen, weil sie von der Arbeit voll und ganz in Anspruch genommen wurden. Sie füllten ihre Eimer mit dem eiskalten Flußwasser. Dabei wurden auch die Hände naß, und die Kälte drang tief in die Finger ein.
    Jede Frau hatte vier Eimer mitgenommen. Die standen jetzt gefüllt auf dem Trockenen.
    »Wann wird denn die Leitung repariert?«
    »Keine Ahnung.«
    Die Frauen standen noch eine Weile am Ufer und schauten auf das rauschende, schäumende Wasser und in die dichten Nebelschleier, die träge über den Fluß zogen.
    »In zwei Stunden ist der Nebel weg.«
    »Hoffentlich. Ich mag ihn nicht.« Die Frau schüttelte sich und blickte zur Brücke hin.
    Plötzlich erstarrte ihre Haltung.
    »Was ist?«
    »Da, da, Maria… sieh doch! Auf der Brücke, o nein, da steht jemand. Ein Geist!«
    Maria drehte sich um.
    Die Brücke war, obwohl sie praktisch in Greifweite von ihr entfernt standen, nur sehr undeutlich zu erkennen. Der Bogen spannte sich wie ein gekrümmter Schatten über das Wasser. Genau dort, wo er die höchste Stelle erreichte, stand eine Gestalt.
    Die beiden Frauen starrten sie an. Maria fühlte, wie die Nachbarin nach ihrer Hand tastete.
    »Ich habe Angst.«
    »Ja, ich auch«, gab Maria flüsternd zurück und spürte auf ihrem Körper die Gänsehaut. Es war nicht allein wegen der für sie nicht identifizierbaren Gestalt, das konnte jeder aus dem Dorf sein, der sich dort aufhielt, aber dieser Jemand stand dort und schaute genau in ihre Richtung, als wollte er die beiden Frauen beobachten.
    Das machte ihnen Angst.
    Sie schüttelten sich, wollten sprechen, aber sie sahen sich nur an, weil keine von ihnen ein Wort hervorbrachte. Die Angst hatte ihnen die Kehle zugeschnürt.
    »Was sagst du, Maria?«
    »Ich kenne ihn nicht.«
    »Aber er scheint uns zu kennen. Sonst würde er uns ja nicht beobachten. Weißt du, wie er mir vorkommt?«
    »Wie denn?«
    »Wie jemand, der aus seinem Grab gestiegen ist, um die Lebenden zu holen.«
    Maria schüttelte sich. »Sag nicht so etwas, du versündigst dich.«
    »Ich meinte ja nur. Da, jetzt bewegt er sich!«
    In der Tat blieb die unheimlich wirkende Gestalt nicht mehr ruhig auf dem Fleck
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