042 - Die Schweinemenschen von Rio
auf uns zukamen, gut gewappnet.
Im zehnten Stock klingelten wir an einer Tür, auf deren Schwelle Hammer, Kelle und Winkelmaß eingemeißelt waren.
»Wer begehrt Einlass bei den okkultistischen Freimaurern?«, fragte eine Stimme über die Sprechanlage.
Jeff Parker atmete tief ein. »Jeff Parker von der Loge der Bruderschaft in San Francisco. Ich möchte den Großmeister sprechen. Er erwartet mich.«
Die Tür wurde geöffnet. Ein kräftiger Mann schaute uns an, eine schwere Pistole in der Hand. Erstaunt musterte er Domingo Marcial. »Sie hier? Was hat das zu bedeuten?«
»Das wird alles bei der Versammlung Aufklärung finden«, antwortete Marcial mit spöttischem Lächeln. »Unter euch befindet sich einer, der nicht in eure Mitte gehört. Ich bin gekommen, ihn zu entlarven.«
»Ich werde mit dem Großmeister reden«, sagte der Mann befremdet. »Die beiden Frauen können allerdings auf keinen Fall in den Logentempel der Freimaurer. Sie müssen außerhalb warten. So bestimmt es die Regel.« Er schloss die Tür.
Jeff fluchte unterdrückt. »Was machen wir jetzt mit Machu und Sacheen? Daran hatte ich überhaupt nicht mehr gedacht, dass Frauen in die Räume der Freimaurer keinen Zutritt haben.«
»Wir können sie ins Penthouse bringen«, schlug ich vor.
Jeff stimmte zu. Wir stiegen zum 20. Stock hinauf. Jeff bestand darauf, dass Domingo Marcial uns begleitete; er bedrängte ihn förmlich. Marcial stimmte murrend zu, schließlich war es kein Vergnügen, zehn Stockwerke hinauf- und wieder herunterzusteigen.
Im Penthouse legte Sacheen ihre Pistole griffbereit. Ich holte ein Kreuz und zwei Gemmen aus meinem Handgepäck und gab sie ihnen. Marcial wartete in der Diele. Als ich mit dem Kreuz an ihm vorbeiging, suchte er die Toilette auf.
»Ich habe Angst allein im Penthouse«, sagte Sacheen.
Machu Picchu schaute mich vorwurfsvoll an. »Du hast versprochen, mich nicht mehr allein zu lassen, Dorian.«
»Hier im Penthouse sind die Mädchen sicherer als bei den Freimaurern. Wir werden in der Loge mit dämonischem Spuk oder gar mit einem Dämon selbst zu kämpfen haben.« Er zeigte mir einen Flakon, den er in die Tasche gesteckt hatte. »Weihwasser«, raunte er.
Ich kannte Jeff Parker schon eine Weile. Er wusste über die Schwarze Familie und die Dämonen Bescheid, auch über die Mittel, mit denen man sie bekämpfen konnte; wir hatten schon zusammen ein paar gefährliche Abenteuer bestanden.
Ich küsste Machu Picchu. »Sei ruhig, Machu! Wir werden bald zurück sein. Solltet ihr bis in zwei Stunden keine Nachricht von uns haben, dann verlasst das Hochhaus und sucht die amerikanische Botschaft auf!«
Ich sagte das in Altspanisch, jenem Dialekt, den ich aus meinem dritten Leben als Georg Rudolf Speyer in Erinnerung hatte. Jeff instruierte Sacheen. In der Toilette rauschte die Wasserspülung. Domingo Marcial kam hervor, und wir verließen das Penthouse. Sacheen versperrte die Tür hinter uns.
Im zehnten Stock erwartete uns ungeduldig jener Mann, mit dem wir gesprochen hatten. »Ich dachte schon, Sie seien weggegangen. Vicente Neiva und die Logenmitglieder warten.«
Er führte uns durch die Vorhalle in den Tempel. An einem hufeisenförmigen Tisch saßen zwanzig Männer mit schwarzen Seidenkapuzen. Sie trugen weiße stilisierte Schürzen über den zivilen Kleidern, wie es bei vielen Freimaurerlogen Brauch war.
Vor jedem stand eine Kerze auf dem Tisch. Eine indirekte künstliche Beleuchtung erhellte den Raum. Vor die Fenster waren schwere, dunkle Samtstores gezogen.
Der Tempel war ein großer Versammlungsraum mit einer Bühne im Hintergrund, deren Vorhang zugezogen war. Vor der Bühne stand der hufeisenförmige Tisch; davor waren Bänke und Sitzreihen aufgestellt. In dem Raum konnten zweihundert bis zweihundertfünfzig Personen unterkommen.
Ich überlegte mir, was ich über die Freimaurer wusste. In meinen früheren Leben hatte ich von verschiedenen Logen gehört und auch mit Logenmitgliedern zu tun gehabt. Die Loge der Freimaurer war im siebzehnten Jahrhundert entstanden, wobei damals von einer geschlossenen Organisation keine Rede sein konnte; es war vielmehr eine bestimmte Richtung, der verschiedene größere und kleinere Gruppen folgten. Die einzelnen Logen unterschieden sich ganz erheblich voneinander. Es gab auch Kämpfe und Zwistigkeiten zwischen ihnen, die allerdings nie mit Waffengewalt ausgetragen wurden. Die Freimaurer verteidigten fortschrittliche Ideale. Friedrich der Große hatte zu einer der drei
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