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0417 - Die Straße der Gräber

0417 - Die Straße der Gräber

Titel: 0417 - Die Straße der Gräber
Autoren: Jason Dark
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gewesen waren, kehrten als Geister zurück.
    Als Schemen, als Wolken, als feinstoffliche Wesen, die jetzt die gleiche Gestalt einnahmen, die sie als Menschen innehatten. Nur eben durchsichtig.
    Sie umtanzten und umschwebten die Kreuze, waren in den Wirbel aus kleinen Flocken eingetaucht, so daß es aussah, als würden sie vom fallenden Schnee aufgesaugt.
    Sie konnten nicht reden, sich nicht akustisch artikulieren, und doch wußten sie genau, was sie wollten, denn sie lösten sich von ihren Plätzen und schwebten auf diejenigen Personen zu, in denen sie wiedergeboren waren.
    Das mußte einfach so sein, denn die beiden Geisterfrauen glitten auf Inez und Hilde zu.
    Ich hatte mir genau die beiden ausgesucht, weil sie nebeneinander standen und ich sie deshalb so gut beobachten konnte. Es war ein unheimlicher und kaum zu erklärender Vorgang.
    Geister und Menschen hatten sich zusammengefunden. Und sie bildeten plötzlich eine Einheit.
    So etwas hatte ich noch nie gesehen. Geschmeidig glitten die Geistwesen in die entsprechenden Körper hinein. Sie fanden überall ihre Zugänge, huschten durch die Münder, die Nasenlöcher, in die Ohren und waren plötzlich verschwunden.
    Sie hatten ihr Ziel erreicht.
    Aus Körpern und feinstofflichen Geistern war eine Einheit geworden!
    ***
    Zum erstenmal hatte Will Mallmann geflucht als sie sich noch ziemlich hoch befanden und der Regen zu Schnee geworden war. Plötzlich schneite es wie aus heiterem Himmel, ohne Vorwarnung, und der Kommissar sah sich gezwungen, noch langsamer in die Kurven zu fahren, denn die Flocken blieben liegen. Innerhalb von Sekunden hatte sich ein weißer Teppich auf der Fahrbahn gebildet, der wie dicker Schaum aussah und verdammt rutschig war.
    »Das hat uns noch gefehlt!« Will wollte sich nicht beruhigen. Zudem hatten sie noch das Pech, einen Unfall zu erleben. Vor ihnen waren zwei Wagen zusammengestoßen. Die Straße war gesperrt.
    Erst als die Polizisten die Wagen zur Seite geschoben hatten, ging es weiter. Der Stau löste sich auf.
    Suko enthielt sich eines Kommentars. Er war Fatalist, auch wenn er sich innerlich ärgerte. Aber er konnte sowieso nichts daran ändern und nahm es einfach hin.
    Endlich ging es weiter. Auf dem Manta lag eine dicke, weiße Schicht, und auch weiterhin rieselte der Schnee vom Himmel.
    Wenn die Flocken in die Strahlen der Scheinwerfer eindrangen, sahen sie aus wie goldene Punkte. Die Winterreifen des Manta knirschten auf harten Schnee. Zum Glück ging es talwärts, und nach einigem Höhenunterschied wurde der Schnee wäßrig, bevor er schließlich in Regen überging, der auf das Autodach trommelte und die weiße Schicht dort verschwinden ließ. Er spülte sie einfach weg.
    »Wenigstens ein Lichtblick«, stöhnte Mallmann.
    »Wieviel Zeit haben wir verloren?«
    »Zuviel.«
    Suko hob die Schultern. Er blickte aus dem Fenster, da sie durch einen kleinen Ort fuhren. Wie ausgefegt wirkte er. Kaum eine Person ließ sich bei diesem Wetter auf der Straßeblicken. Die Laternen, die Lichter hinter den Fenstern und die vorbeifahrenden Wagen wirkten wie Grüße von einem fernen Planeten.
    Der Regen blieb. Als langer, nicht abreißender Vorhang fiel er vom Himmel und schien mit den Wolken dort verbunden zu sein.
    Monoton arbeiteten die Wischer und putzten die Scheiben blank.
    Will verzog das Gesicht. »Das gibt wieder Schnee, verdammt!«
    Er sollte recht behalten. Die Temperaturen waren sehr rasch gefallen, so daß auch in die tieferen Täler die weiße Pracht hineinfiel. Der Kommissar schaltete das Radio an. SWF 3 brachte Sekunden später schon eine Verkehrsdurchsage. Es wurde von Schneeglätte auf der Autobahn Karlsruhe-Basel gewarnt, und auch die Strecke Stuttgart-München war kaum noch zu befahren.
    »Das gibt wieder ein Chaos!« befürchtete der Kommissar.
    »Wie lange müssen wir noch fahren?«
    »Ist kaum der Rede wert. Zum Glück hat es erst jetzt angefangen zu schneien. Da können wir noch in die Täler hinein. Wenn sie erst zugeschneit sind, gnade uns Gott.«
    Sie mußten Serpentinen fahren. Rechts und links wuchsen die Berge hoch. Es schneite ohne Unterlaß. Überall war es schon weiß geworden, und manche Nadelbäume bogen sich unter dem Gewicht der nassen Pracht.
    Nach einer Linkskurve, in die Will den Manta vorsichtig hineinlenkte, führte der Weg direkt in das von ihnen als Ziel ausgesuchte Tal hinein.
    Innerhalb des Scheinwerferteppichs tanzten und wirbelten die Flocken. Es war stockfinster geworden. Nirgendwo brannte ein Licht.
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