Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

0413 - Die Sonnenforscher

Titel: 0413 - Die Sonnenforscher
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
Argyris schritt die Front seiner „Kollegen" ab - denn auch er war eine künstlich am Leben erhaltene organische Maske, wenn der Vario-500-Roboter ihn nicht zu eigenständigem Leben erweckte und ihm Bewußtsein und Intelligenz gab. Vor einem vierschrötigen Körper blieb er stehen. Die Maske hatte die Augen geöffnet, wodurch der Eindruck einer an einem Fleischerhaken aufgehängten geöffneten Leiche noch verstärkt wurde. Ein Mensch, der unvorbereitet in die Biozentrale geriete - was selbstverständlich unmöglich war -, wäre unter Umständen vor Entsetzen wahnsinnig geworden. Anson Argyris berührte der Anblick nicht; er wußte ja genau, daß der Schein trog.
    Argyris lächelte ironisch.
    „Nun, alter Menschenhändler, wollen wir dir wieder mal eine Seele verpassen!"
    Seine Positronik strahlte einen Impuls aus. Der Computer der Biozentrale, der so etwas wie das Gemeinschaftsgehirn der ruhenden Kokonmasken darstellte, antwortete mit einer Begrüßung.
    „Ausgerechnet den Verbrecher Pahul Jinza möchtest du darstellen, Vario! Hoffentlich wirst du nicht einmal von der planetaren Polizei oder dem Geheimdienst gefaßt, wenn du in dieser Maske steckst. Warum verrätst du nicht wenigstens deinem Sekretär, welche makabre Rolle du gelegentlich spielst?"
    Argyris lächelte nachsichtig. „Weil er dann jedesmal, wenn seine Leute hinter Jinza her sind, vor Angst um mich zittern würde. Es dauerte dann nicht lange, bis er einmal diesen und einmal jenen Mann in Jinzas Geheimnis einweihte - und eines Tages wüßten auch die Geheimdienste der Gegner, was Kaiser Anson Argyris in Wirklichkeit ist."
    „Du mußt es ja wissen", gab der Computer resignierend zurück. Sekunden später glitt eine Halterung heran. Die Spezialklammern legten sich pressend um die Schultern des Kaisers. Mit schnalzendem Geräusch öffnete sich der Leib Argyris vom Halsansatz bis zu den Leistenbändern. Der Vario-500-Roboter zog Ortungskopf, Arm- und Beinsteuerungen ein und drängte sich an den zitternden Lungenflügeln und dem zuckenden Herz der Argyris-Maske vorbei ins Freie. Die halbmeterhohe eiförmige Konstruktion schwebte mit Hilfe ihres Antigravaggregats zur Jinza-Maske, drängte sich in die Körperhöhle und „verschmolz" mit dem Körper zu einer Einheit, als sie Kopf, Armund Beinsteuerteile ausgefahren hatte.
    Pahul Jinza blinzelte mit den Augen. Sein vernarbtes Gesicht verzog sich zu einer zynischen Grimasse. Nacheinander fielen die Versorgungsschläuche von ihm ab; die Organe des Maskenkörpers begannen für unbestimmbare Zeit ihr Eigenleben.
    Vario-500 hoffte, daß es nicht von langer Dauer sein mußte. Er wohnte nicht gern in der Hülle des Menschenhändlers, auch wenn er natürlich keine verbrecherische Handlung begehen mußte. Der richtige Pahul Jinza war bereits vor dreieinhalb Jahren einer geistigen Umkonditionierung unterzogen worden und lebte seitdem als friedlicher Handelsschiffer in der großen Gemeinschaft der Freifahrer. Sein Ruf jedoch hatte seinen geistigen Tod überlebt. Die großen Geheimdienste der außersolaren Imperien pflegten sich an ihn zu wenden, wenn sie einen Gefangenen loswerden wollten, sich jedoch scheuten, eine Spur zu hinterlassen, die auf sie deutete. In diesen Fällen verkauften sie den Betreffenden - es handelte sich dabei immer um bekannte Persönlichkeiten, die man nicht einfach verschwinden lassen konnte - an Pahul Jinza, der ihn wiederum (so glaubten sie) gegen ein hohes Lösegeld freiließ.
    Während die Argyris-Maske an ihrer Halterung davonschwebte und an die Versorgungsanlage angeschlossen wurde, setzte die Automatik den Menschenhändler auf einem Podest ab.
    Pahul Jinza reckte sich, verschränkte die Arme vor der Brust und musterte seine Erscheinung im Feldspiegel. Er - beziehungsweise der Vario-500-Roboter - sah einen hochgewachsenen, breitschultrigen Mann von etwa neunzig Jahren, mit weißem Haupthaar, breiten Koteletten und wasserblauen Augen. Die große gebogene Nase mit den zwei blauroten Narbenwülsten gab seinem Gesicht etwas Verwegenes.
    Jinza trug stahlblaue Pluderhosen, vergoldete Schnabelschuhe und unter dem irisierenden Schulterumhang einen grünlich schimmernden Schuppenpanzer aus Howalgonium. An einem schwarzen Ledergürtel hingen in ihren Futteralen eine Fangpistole und ein Impulsstrahler. In den Innentaschen des Schulterumhangs waren acht VibratorWurfmesser verborgen.
    Niemand hätte die Kokonmaske von dem echten Pahul Jinza unterscheiden können, wie er vor dreieinhalb Jahren
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher