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0409 - Der Tod im roten Jaguar

0409 - Der Tod im roten Jaguar

Titel: 0409 - Der Tod im roten Jaguar
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selbstverständlich hatte auch die Kraftfahrzeug-Zulassungssteile davon erfahren. Es gab niemanden dort, der sich besonders darüber aufgeregt hätte, denn schließlich hatte man dienstlich damit ganz und gar nichts zu tun.
    Bis dann ein gewisser Anruf die sechsundvierzigjährige Angestellte Mylene Regout in einen Gewissenskonflikt stürzte. Es war der Anruf eines weiblichen Wesens. Die Stimme meldete sich mit den Worten: »Hier spricht Doria Ellane. Guten Morgen. Ich frage mich, ob Sie mir wohl eine kleine Gefälligkeit erweisen könnten.«
    »Guten Morgen, Mrs. Ellane«, erwiderte Mylene Regout höflich, wie man es von den Angestellten der Stadtverwaltung erwartete. »Es wird davon abhängen, um was es sich handelt. Wenn Sie sich vielleicht einmal näher erklären könnten?«
    »O ja, natürlich. Schauen Sie, ich bin heute nach New York gekommen, um einen alten Freund zu treffen. Leider haben wir uns verfehlt. Es war auf dem La Guardia Airport. Ich glaube, ich habe gerade noch seinen Wagen abfahren sehen. Aber ich bin nicht ganz sicher, ob es wirklich der Wagen meines Bekannten war. Konnten Sie vielleicht nachsehen und mir sagen, wem das Auto mit dem Kennzeichen 4 B 3529 gehört?«
    »Gedulden Sie sich bitte einen Augenblick. Ich werde in der Kartei nachsehen.«
    »Das wäre sehr freundlich. Vielen Dank.«
    Mylene Regout erhob sich von ihrem Platz und ging an den großen Karteischrank. La Guardia Airport, schoss es ihr durch den Kopf. Dort soll doch vor ein bis zwei Stunden ein Senator entführt worden sein. Und jetzt dieser Anruf? Aber ich sehe natürlich Gespenster.
    Es ist doch völlig ausgeschlossen, dass es da einen Zusammenhang gibt. Außerdem - wer weiß denn schon, ob wirklich ein Senator gekidnappt wurde? Es ist doch nicht mehr als eins von diesen zehn Gerüchten, die tagtäglich hier aufkommen.
    Sie suchte die Abteilung, wo alle Kennzeichen mit einer Vier begannen. Danach kam die Untergruppe mit dem Buchstaben B. Anschließend die Dreitausender, endlich drei-, vier-, fünfhundert, fünfhundertelf, fünfhundertsiebzehn, -neunzehn, -zwei- und da: Dreitausendfünfhundertneunundzwanzig. Mylene Regout starrte sprachlos auf die Karte. Sie trug einen vier Zentimeter breiten roten Kartenreiter.
    Dieses Auto war von der Polizei bereits als gestohlen gemeldet worden. Mylene Regout schluckte, räusperte sich und fühlte eine ungekannte Erregung in sich aufsteigen.
    Sie nahm die Karte und ging ein Zimmer weiter zu der zweiundfünfzigjährigen Angestellten Dorris Keenson, die für derlei Dinge zuständig war. Miss Keenson gehörte zu jenen unverheirateten Frauen, die ihr einsames Dasein zu bewältigen suchen, dass sie sich lautstark in Verbänden bemerkbar machen und die in der Erinnerung idealisierten Lebensgewohnheiten ihrer Jugend zum Wertmaßstab für Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft machen. So zum Beispiel missfiel es ihr aufs Höchste, dass Mylene Regout einen Lippenstift benutzte. Tatsächlich war Miss Keenson die einzige Frau, die auf sämtliche Kosmetika verzichtete, aber sie hielt sich vermutlich auch für die einzige moralisch saubere Person der ganzen Abteilung. Als Mylene Regout sich dicht neben ihrem Schreibtisch räusperte, sah sie deshalb sehr unfreundlich von ihrer Arbeit auf.
    »Meine liebe Mylene«, sagte sie spitz, bevor Miss Regout dazu gekommen war, etwas zu äußern, »ich begreife nicht 18 ganz, warum Sie um jeden Preis wie ein junges Ding von siebzehn, achtzehn Jahren herumlaufen wollen. In Ihrem Alter tut man so etwas einfach nicht.«
    Mylene Regout schoss das Blut in den Kopf. Sie spürte, wie ihr Tränen der Wut in die Augen schossen und den scharfkantigen Kopf von Dorris Keenson hinter einem wässerigen Schleier verschwinden ließen. Einen Augenblick lang dröhnte ihr der Herzschlag bis hinauf in die Ohren. Dann drehte sie sich auf dem Absatz herum und kehrte mit schnellen Schritten in ihr Zimmer zurück.
    Gestohlene Autos, entführte Senatoren - von ihr aus hatte in diesem Augenblick die ganze Welt untergehen können, wenn es wenigstens Dorris Keenson als erste dabei erwischt hätte. Warum hatte nur ausgerechnet dieser Drachen ihr unmittelbarer Vorgesetzter werden müssen?
    Sie tupfte sich die Tränen ab, griff zum Telefon und nannte Namen und Adresse des Mannes, auf den der Wagen 4 B 3529 amtlich zugelassen war. Dass das Fahrzeug bereits als gestohlen von der Polizei gemeldet war, erwähnte sie nicht. Aber sie sagte auch nichts von dem Anruf bei irgendeinem ihrer Kollegen. So kam es,
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