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0404 - Karten des Unheils

0404 - Karten des Unheils

Titel: 0404 - Karten des Unheils
Autoren: Jason Dark
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Horror!
    Lady Sarah Goldwyn, wegen ihres Hobbys auch Horror-Oma genannt, sammelte alles, was es auf diesem Gebiet gab. Alte Bücher, Neuerscheinungen, esoterische Zeitschriften. Unter dem Dach ihres Hauses hatte sie sich ein Videostudio eingerichtet, wo sie sich die neuesten Horror- und Actionfilme anschaute. Natürlich ging sie auch ins Kino und war von den jungen Leuten, die meist den Zuschauersaal ihres Stammkinos bevölkerten, anerkannt.
    Dabei beschränkte sich Lady Sarah nicht allein auf die Theorie.
    Wenn es eben möglich war, begab sie sich selbst auf Geister- oder Dämonenjagd und hatte, zusammen mit ihrem Freund John Sinclair, schon so manches heiße Abenteuer erlebt, was dem Geisterjäger allerdings nicht recht gewesen war, da sich Lady Sarah auch nicht scheute, sich hin und wieder in Lebensgefahr zu begeben.
    Wo sie etwas »roch« griff sie zu.
    Wer sie zum ersten Mal sah, konnte sie für eine verschrobene alte Lady halten, doch man sollte ihr einen zweiten Blick gönnen und ihr dabei in die Augen schauen. Die wirkten überhaupt nicht alt oder verschroben, sie waren hellwach, denn Lady Sarah passte in diese Welt und wusste genau, wie der Hase lief.
    Sie war zwar noch rüstig und gut auf den Beinen, aber wenn sie längere Strecken lief, verließ sie sich doch lieber auf ihren Stock.
    Bei jedem Schritt, den sie machte, klimperten die um ihren Hals hängenden Ketten. Sie konnte man als ein weiteres Markenzeichen der Horror-Oma bezeichnen, wie auch die Hüte, die sie gern trug.
    Ohne eine Kopfbedeckung ging sie nie aus. Auch an diesem herrlichen Herbsttag trug sie einen Hut. Ein Gebilde aus Stroh, dunkelblau eingefärbt, mit einigen Herbstblumen hinter dem Band.
    Über ihr Kleid hatte sie einen beigefarbenen Staubmantel gestreift, ihn aber nicht geschlossen, sodass er bei jedem Schritt im kühlen Wind flatterte.
    Die Horror-Oma hatte sich natürlich nicht ohne Grund in diese Gegend fahren lassen. Sie wollte einer ganz bestimmten Person einen Besuch abstatten. Persönlich gegenübergestanden hatte sie dieser Frau noch nie. Nur der Name war ihr bekannt.
    Ludmilla Prokowa!
    Das hörte sich russisch an. Konnte auch ein Pseudonym sein, was kein Wunder gewesen wäre, denn die Frau hatte als Beruf Kartenlegerin angegeben und einen Artikel für eine bestimmte Zeitschrift geschrieben. Darin hatte sie über ihre Erfahrungen berichtet, die sie in letzter Zeit gemacht hatte.
    Da Ludmilla und Lady Sarah in London wohnten, hatte sich die Horror-Oma entschlossen, diese Frau kennen zu lernen. Sie wollte mehr über den Artikel und die Autorin in Erfahrung bringen.
    Lady Sarah war gespannt.
    Im Haus Nummer 28 sollte die Frau wohnen. Nur wenige Schilder waren vorhanden. Unbekannte hatten sie einfach abmontiert.
    Natürlich hörte sie auch die Bemerkungen, die man ihr hinterherrief.
    »He, Oma, hast du dich verlaufen?«
    »Komm mal rein, Oma, hier wartet ein Opa mit Nullbock.«
    Es waren derbe Scherze und Worte, aber eben üblich. Für Lady Sarah sprach, dass sie nicht errötete und auch nicht schneller ging.
    Sie stand mit beiden Beinen im Leben.
    Ein junges Mädchen stellte sich ihr in den Weg. Die Kleinetrug eine billige Lederjacke und nichts darunter. Als Beinkleidung reichte eine violette Strumpfhose. Das strähnige Haar war ebenso gefärbt wie die Lippen, wo die Farbe allerdings schon verlaufen war. Das Mädchen hielt Lady Sarah eine halbgefüllte Flasche mit billigem Gin hin. »Hier, Alte, nimm einen Schluck auf dieses Scheißleben.«
    Lady Sarah streckte tatsächlich den Arm aus, aber nicht, um die Flasche zu nehmen, sie fasste mit zwei Fingern den Nippel des Reißverschlusses an und zog ihn hoch. »Der Herbst hat kühle Tage, Mädchen. Und du willst dir doch nicht den Busen erkälten!«
    So etwas war dem Girl auch noch nicht widerfahren. Die Kleine starrte Lady Sarah an, ohne ein Wort zu sagen. Dafür redete die Horror-Oma. »Ich an deiner Stelle würde auch nicht weitertrinken. Noch ist es Zeit, überlege es dir genau.«
    »Wie?«
    »Schon gut, Kind. Und jetzt sag mir bitte noch, wo ich Ludmilla Prokowa finde.«
    Die Kleine gab keine akustische Antwort. Sie deutete mit dem Daumen auf eine Einfahrt zwischen zwei Häusern.
    »Danke.« Lady Sarah ging, während das Mädchen regelrecht davonschlich. Vielleicht dachte sie sogar über die Worte der älteren Frau nach, und das hätte Lady Sarah schon als einen Erfolg verbuchen können.
    Die Einfahrt war schmal. Zwischen den Wänden stank es nach Abfall. Kinder spielten auf
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