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040 - Paris, Stadt der Sünde

Titel: 040 - Paris, Stadt der Sünde
Autoren: Anne Stuart
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Lydia schlossen sie gewiss in ihre Gebete ein, und falls es einen Gott gab, würde er ihre Gebete erhören.
    Elinor schloss die Augen. Dieser Tag war von Anfang bis Ende eine einzige Katastrophe gewesen. Die vage, bislang vergebliche Hoffnung auf eine kleine Erbschaft war nur ein winziger Nadelstich im Vergleich zur wesentlich größeren Katastrophe, dass ihre Zukunftsaussichten durch die Erbfolge zunichtegemacht waren. Diese Neuigkeit wollte sie so lange wie möglich für sich behalten, um Nanny Maude und Lydia nicht noch mehr zu beunruhigen.
    Der Rechtsanwalt Mr Mitchum hatte ihr vorgeschlagen, sich mit dem neuen Erben in Verbindung zu setzen, einem ihr unbekannten, entfernten Cousin, der auch ihren Erbteil verwaltete. Aber Elinor war empört aus der Kanzlei gestürmt.
    Irgendwann musste sie mit diesem Cousin Kontakt aufnehmen, und es war töricht gewesen, Hals über Kopf davonzulaufen. Falls es einen Anspruch auf eine geringe Summe gab, durfte sie sich den Stolz nicht erlauben, diese Chance auszuschlagen.
    Doch zunächst galt es, ihre Mutter aus dem Sündenbabel zu holen.

2. KAPITEL
    Francis Alistair St. Claire Dominic Charles Edward Rohan, Comte de Giverney, Viscount Rohan, Baron of Glencoe saß zurückgelehnt in seinem majestätischen Sessel und ließ die langen bleichen Finger über die geschnitzten Löwenklauen der Armlehnen gleiten, während er dem bacchantischen Treiben seiner Gäste mit einem gelangweilten Lächeln zusah. Das Licht unzähliger Kerzen in den Kristalllüstern erhellte den Salon bis in die verborgenen Winkel, und er konnte seine sogenannten Freunde beobachten, wie sie sich in bebender Erregung ihren lasterhaften Spielen hingaben. Drei Tage und Nächte zügelloser Ausschweifungen: Glückspiele mit schwindelerregend hohen Einsätzen, wahllose Kopulation zwischen Huren und Angehörigen des Hochadels beiderlei Geschlechts. Blasphemische Satansrituale, in denen dunkle Mächte angerufen wurden, die ebenso wenig existierten wie eine allmächtige Gottheit. Die lateinisch heruntergeleierten Gebete vor einem auf den Kopf gestellten Kruzifix steigerten die Erregung der sündigen Satansgläubigen ins Fieberhafte. Es wurden Opium, Cognac und Wein und sogar schottischer Whisky gereicht. Nach dem Gelage würden alle Flaschen geleert, alles Opium geraucht sein, und es würde Tage dauern, bis die berauschten Gäste wieder zur Besinnung kämen.

    Francis Rohan würde sich an den Exzessen nur beteiligen, wenn ihn die Lust überkam. Gelegentlich fragte er sich verwundert, wie weit Menschen bereit waren, sich zu entäußern und zu erniedrigen, um ihre niedrigsten Triebe zu befriedigen.
    Auch ihn befielen zuweilen Gelüste nach ungewöhnlichen erotischen Genüssen, die er in fantasievollen Varianten sexueller Betätigung zu befriedigen wusste. Meist zog er es jedoch vor, sich an den sündigen Verzückungen seiner enthemmten Gäste als unbeteiligter Zuschauer zu weiden.
    Die Damen und Herren warteten auf seine Begrüßungsrede, einige in klerikale Kutten gewandet, andere präsentierten schamlos ihre Nacktheit. So wandelte etwa die beleibte Lady Adelia in einem hauchdünnen Schleiergespinst, das ihre Fettpolster kaum zu verhüllen vermochte, in gezierten Trippelschritten durch die Reihen, ohne zu ahnen, wie lächerlich grotesk sie wirkte. Während ihr Gemahl in prächtigen Frauenkleidern und scharlachrot geschminkten Lippen sich schäkernd mit Herren ähnlicher Neigungen vergnügte.
    Rohan richtete sich auf, warf sein wallendes, ungepudertes Haar über die Schulter und ließ den Blick über die Schar seiner Jünger des Lasters und der Verderbtheit schweifen.
    „ Mes enfants “, begann er seine Rede auf Französisch, eine Sprache, die auch die englischen und deutschen Emigranten sprachen. „Seid willkommen zu den Vergnügungen des Fürsten der Finsternis, ergötzt euch aneinander, und labt euch an der heiligen Hostie, trinkt den Wein wie das heilige Blut, schwelgt in Unzucht und Gotteslästerung, und trotzt der ewigen Verdammnis. In diesen drei Nächten gelten keine Gesetze von Moral und Sitte. Unser Motto lautet: ‚Tut, was euch beliebt‘.“
    „Tut, was euch beliebt“, wiederholte der Chor seiner Anbeter feierlich wie Klosternovizen, die ihr heiliges Gelöbnis ablegten. Und der Fürst der Finsternis dankte ihnen mit einem feinen Lächeln seiner schön geschwungenen Lippen, wonach alle lechzten. Seine Apostel des Lasters gierten so sehr danach, ihr gottloses Treiben bis zur Verzückung auszukosten, dass er am
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