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04_Es ist was Faul

04_Es ist was Faul

Titel: 04_Es ist was Faul
Autoren: Jasper Fforde
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Saiten. »Was wollen Sie hören?«
    Der Fährmann sagte es ihm, und bald war die trübe Höhle
    von den munteren Klängen einer Ballade erfüllt. We've Been a
    Long Time Gone, sang der Präsident, und ich fand das sehr
    passend. Das Boot mit Formby verschwand langsam im Nebel,
    der über dem Fluss lag und das gegenüberliegende Ufer verhüllte. Die Klänge des Liedes verstummten allmählich.
    Als Nächste war ich dran. Was hatte Granny gesagt? Das
    Schlimmste am Sterben ist, dass man nicht erfährt, wie es ausgeht. Nun, zumindest war Landen zurück und Friday in guten
    Händen.
    »Ms Next?«
    Ich blickte auf. Der Fährmann war wieder da. Er trug einen
    Umhang aus schmutzigem weißem Musselin, der sein Gesicht
    verhüllte.
    »Haben Sie's passend?«, fragte er.
    Ich zog eine Münze hervor und wollte sie ihm in die Hand
    drücken, als –
    »HALT!«
    Ich drehte mich um. Eine zierliche junge Frau stand vor mir,
    ganz außer Atem. Sie schob sich das blonde Haar aus der Stirn
    und lächelte schüchtern. Es war Cindy.
    »Ich trete an ihre Stelle«, sagte sie und gab dem Fährmann
    sein Geld.
    »Wie kannst du das tun?«, fragte ich. »Du bist doch selbst
    schon fast tot.«
    »Nein«, sagte sie. »Bin ich nicht. Ich würde sogar überleben.
    Sollte ich zwar nicht, aber so ist es nun mal. Der Teufel sorgt für
    die Seinen. Jedenfalls manchmal.«
    »Aber du hinterlässt Betty und Spike –«
    »Hör mal zu, Thursday. Ich habe achtundsechzig Menschen
    getötet.«
    »Also hast du Samuel Pring doch umgebracht.«
    »Ein Glückstreffer. Aber hör mal: Achtundsechzig unschuldige Seelen ermordet. Und das alles für Geld. Du kannst so
    opfermütig sein, wie du willst, aber das ändert alles nichts
    daran, dass ich gelähmt bin und nie wieder aus dem Knast
    kommen werde, selbst wenn ich gesund werde. Ich werde Betty
    nie wieder im Arm halten und Spike auch nicht. Du bist ein viel
    besserer Mensch als ich, Thursday, und auch für die Welt ist es
    besser, wenn du weiterlebst.«
    »Aber darum geht es doch gar nicht«, sagte ich. »Wenn die
    Zeit gekommen ist, muss man doch –«
    »Hör zu«, sagte sie wütend. »Lass mich auch mal was Gutes
    tun, ja? Ich will wenigstens ein halbes Prozent von dem wieder
    gutmachen, was ich an Unglück angerichtet habe.«
    Ich starrte sie zweifelnd an, als das Skelett mit dem rostigen
    Brustharnisch wieder heranklapperte. »Gibt es immer noch
    Ärger, Ms Next?«
    »Noch einen Moment, bitte! Wir haben da etwas zu klären.«
    »Bitte!«, bat Cindy. »Es ist mir wirklich sehr wichtig.«
    Ich sah das Skelett an. Vermutlich hätte es mit den Augen
    gerollt, wenn es denn welche gehabt hätte.
    »Die Entscheidung liegt ganz bei Ihnen, Ms Next«, sagte der
    Knochenmann, »aber eine von Ihnen muss jetzt ins Boot steigen, sonst werde ich hier gefeuert, und das wäre nicht recht. Ich
    muss schließlich eine knochige Frau und zwei junge Skelette
    durchfüttern, die noch aufs College gehen.«
    Ich drehte mich zu Cindy um und streckte die Hand aus. Sie
    ergriff sie und zog mich in ihre Arme. »Vielen Dank«, flüsterte
    sie mir ins Ohr. »Und achte ein bisschen auf Spike für mich,
    ja?«
    Rasch sprang sie ins Boot, ehe ich es mir womöglich anders
    überlegte. Sie setzte sich in den Bug, lächelte wehmütig und sah
    zu, wie der Fährmann sich auf seine Stange lehnte und das Boot
    in den Fluss hinausstieß. Gemessen an ihren Sünden war es nur
    eine schmale Buße, dass sie mich rettete, aber es tat ihr sehr gut.
    Und mir auch. Während das Boot mit Cindy lautlos im Nebel
    verschwand, wandte ich mich ab und ging über die Fußgängerbrücke ins Leben zurück.

    42.
    Erklärungen
    Hunderttausende von trauernden Engländern und Staatsoberhäupter aus aller Welt kamen gestern nach Wigan, um
    Präsident Formby zu ehren, der vor zwei Wochen starb. Der
    Trauerzug führte kilometerweit durch die Midlands, wo die
    Straßen von Menschen gesäumt waren, die sich von dem
    Mann verabschieden wollten, der neununddreißig Jahre
    lang ihr Präsident war. Beim Gottesdienst in der Kathedrale
    von Wigan erinnerte der neue Staatskanzler, Mr Redmond
    van de Poste, besonders an den lebenslangen Einsatz des
    Präsidenten für den Weltfrieden. Der LancashtreMännerchor sang begleitet von zweihundert Ukulelen das
    schöne Lied With My Little Stick of Blackpool Rock, und anschließend bat der Kanzler die dänische Königin, mit ihm
    Your Way is My Way zu singen, was nach seiner Ansicht
    »wesentlich dazu beitragen wird, die Spannungen
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