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04_Es ist was Faul

04_Es ist was Faul

Titel: 04_Es ist was Faul
Autoren: Jasper Fforde
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deinen Kindern?«
    »Hier, Mama. Frag sie doch selbst.«
    Und da standen sie, direkt neben Fridays Frau, die er allerdings erst noch kennen lernen musste. Zwei reizende Enkel, die
    erst noch gezeugt werden mussten. Langsam las ich die Faerie
    Queene weiter. Ich ließ mir viel Zeit, denn immer neue Leute
    strömten herein, um von der alten Frau Abschied zu nehmen.
    »Tuesday!«, sagte sie, als eine flotte Sechzigjährige durch die
    Tür trat. Das war meine Tochter. Wir hatten bisher nur vage
    von ihr gesprochen, aber das war auch schon alles. Sie hatte
    ebenfalls ihre Kinder mitgebracht, und ihre älteste Tochter
    wiederum ihre.
    Insgesamt lernte ich an diesem Nachmittag achtundzwanzig
    meiner Nachfahren kennen, von denen allerdings erst einer
    schon geboren war. Sie machten traurige Gesichter und verabschiedeten sich mit Küssen und Knicksen. Als sie sich wieder in
    Nichts aufgelöst hatten, erschienen neue Besucher, um sich zu
    verabschieden: Emperor Zhark und seine Kaiserin, Mr und Mrs
    Bradshaw, die völlig alterslos waren. Auch der WarringtonKater erschien und mehrere Miss Havishams. Außerdem eine
    Hummer-Delegation und ein sehr dicker Mann mit einer
    Zigarre. Andere, die höflich hereintraten, kannte ich noch
    nicht.
    Ich las immer weiter, hielt Grannys Hand und spürte, wie das
    Lebensfeuer in ihrem müden Körper allmählich erlosch. Als ich
    die letzte Strophe der Faerie Queene anfing, waren ihre Augen
    geschlossen, und sie atmete nur noch sehr flach. Die letzten
    Gäste waren gegangen. Nur mein Vater und ich waren noch da.
    Ich beendete die Strophe, und mein Urteil war abgebüßt.
    Zwanzig Jahre blaue Karos und die zehn langweiligsten Bücher.
    Ich schlug das Buch zu und legte es neben Granny aufs Bett. Ihr
    Gesicht hatte schon alle Farbe verloren, und ihr Mund stand
    halb offen. Ein leises Schniefen neben mir schreckte mich auf.
    Ich hatte meinen Vater noch nie weinen sehen, aber jetzt rollten
    ihm dicke Tränen über die Wangen. Er dankte mir und verschwand.
    Jetzt war ich allein mit der Frau, die vor mir im Bett lag. Nur
    die Schwester wartete diskret an der Tür. Ich bedauerte, diese
    tapfere Kameradin verloren zu haben, aber ich empfand weder
    Trauer noch Schmerz. Schließlich war ich ja noch ziemlich
    lebendig. Schon beim Tod meines Vaters vor vielen Jahren hatte
    ich erfahren, dass das Sterben und das Lebensende nicht unbedingt dasselbe waren, und das tröstete mich ganz erheblich.

    »Alles in Ordnung?«, fragte Landen, als ich zum Wagen zurückkehrte. »Du siehst aus, als hättest du ein Gespenst gesehen.«
    »Eins?«, sagte ich. »Es waren mindestens zwei Dutzend. Ich
    glaube, ich habe mein ganzes Leben an meinen Augen vorbeiziehen sehen.«
    »Bin ich auch vorgekommen?«
    »Und ob. Ziemlich viel, Landen.«
    »Mein Leben ist auch mal an mir vorbeigezogen«, sagte er.
    »Das Problem war, ich musste blinzeln und hab die besten
    Sachen verpasst.«
    »Ich glaube, einmal Blinzeln genügt nicht«, sagte ich und
    knabberte an seinem Ohrläppchen. »Wie geht's unserem Kleinen?«
    »Der ist ziemlich müde, weil er so viel mit dem Finger gezeigt
    hat.«
    Ich warf einen Blick auf den Rücksitz. Friday schlief und
    schnurchelte diskret vor sich hin.
    Landen ließ den Motor an und fuhr aus der Parklücke heraus. »Wer war denn die alte Dame nun eigentlich?«, fragte er,
    als wir auf die Hauptstraße kamen. »Das hast du mir noch gar
    nicht gesagt.«
    Ich dachte einen Augenblick nach. »Jemand, der mich sehr
    gut gekannt hat«, sagte ich, »und immer dann auftauchte, wenn
    ich ihn gebraucht habe.«
    »So jemand hab ich auch«, sagte Landen. »Und wenn sie Lust
    hat, würde ich sie gern zum Essen ausführen. Wo willst du
    hin?«
    Ich dachte an die alte Frau in blauen Karos, die da oben darauf gewartet hatte, dass ich die letzte Strophe las, und an die
    vielen Leute, die sich von ihr verabschiedet hatten. Das Leben
    würde gut für mich sein, und – was noch besser war – ungewöhnlich.
    »Wenn ich mit dir zusammen sein kann«, sagte ich zärtlich,
    »dann ist jeder SmileyBurger genauso schön wie das Ritz.«
    Danksagung
    Mein ganz besonderer Dank gilt Maggy und Stewart Toberts für
    die Illustrationen in diesem Band.
    Mein Dank gilt außerdem Mari Roberts für ihre Recherchen
    über die Dänen und Hamlet, Konfliktberatung und Klavierunfälle, für ihre Gesellschaft und ihre Liebe.
    Mr Shgakespeafes Äußerungen verdanke ich der Shakespeare, Schlegel & Tieck Corporation.
    Der Gebrauch von Lorem Ipsum war eine
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