Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0394 - Die Unheimliche vom Schandturm

0394 - Die Unheimliche vom Schandturm

Titel: 0394 - Die Unheimliche vom Schandturm
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
in kleinen Schlucken und hörte sich an, was Oberkommissar Herkner ihm zu berichten hatte. Entspannt hockte der Kölner Industrielle in einem Korbstuhl. Er amüsierte sich, dokumentierte das auch durch das Lächeln auf seinem Gesicht, was jedoch zerbrach, als Herkner zum Kern der Sache vorstieß.
    »Sie sind verrückt!«
    Der Oberkommissar überhörte die Beleidigung. »Nein, Herr Ricardis. Ich bin nicht verrückt. Wir haben es hier leider mit Tatsachen zu tun, die meine beiden Kollegen bezeugen können.«
    Er schaute uns an. »Stimmt das?«
    »Ja.« Will antwortete für mich mit.
    Wir hatten ja eigentlich gedacht, daß er vernünftig sein und zumindest Fragen nach Einzelheiten stellen würde, das trat nicht ein.
    Statt dessen sprang er so heftig auf, daß der teure Champagner über den Glasrand schwappte und seine Hand näßte.
    »He, Leute, hört mal her! Los, ihr lieben Verwandten, ich habe euch etwas zu sagen!«
    Plötzlich brachen die Gespräche, die wieder aufgeflackert waren ab. »Will man dich endlich einlochen, du alter Gauner?« rief jemand.
    »Nein, aber wir bekommen Besuch.«
    Will, Herkner und ich schüttelten die Köpfe. »Der macht genau das Falsche«, sagte der Kommissar. »Verdammt, wie kann man als erwachsener Mensch so dumm sein.«
    Das fragte ich mich allerdings auch und schaute weiter zu. Ferdy Ricardis redete nicht nur mit dem Mund, auch mit Armen und Händen. So hatte er es geschafft, das Glas zu leeren. Vor seinen Füßen bildete das teure Naß eine Pfütze.
    »Noch einmal, ihr lieben Anwesenden. Wir bekommen tatsächlich Besuch. Das ist doch was.«
    »Wer kommt denn?«
    »Eine Verblichene aus dem Jenseits.« Ricardis deutete gegen den Himmel. »Könnt ihr euch das vorstellen, Freunde? Da erscheint eine Ahnherrin von uns. Die gute Gertrude, die damals ihren Mann und dessen Geliebte umgebracht hat. Sie hat den Turm verlassen, weil es ihr dort zu langweilig wurde. Jetzt will sie uns etwas vormachen. Wie steht ihr dazu? Was haltet ihr von Geistern?«
    Zuerst bekam er keine Reaktion. Nur der Dandy kicherte leise. Bis eine junge Frau schließlich fragte: »Ist das nicht meine Ur-Ur-und-so-weiter-Tante?«
    »Genau, Gisela.«
    »Die muß ja dann stark aussehen.«
    »Noch stärker. Sie reitet sogar auf einem Schimmel. Toll, nicht?«
    Ricardis lachte und imitierte die Bewegungen eines Reiters, so daß die anderen in sein Gelächter mit einfielen.
    Ich hatte das Gefühl, daß diese Reaktion auch uns galt. Wir sollten ebenfalls ausgelacht werden und konnten auch nichts dagegen unternehmen. Die Mitglieder dieser Familie waren angetrunken.
    Deshalb konnte man ihre Reaktion sogar verstehen. Keiner schätzte die Gefahr so ein, wie es notwendig war.
    »Und die Bullen glauben daran?« rief der Dandy wieder.
    »Ja.«
    »Dann sollen sie uns die liebe Gertrude doch zeigen.«
    »Das ist eine Idee.« Ferdy Ricardis drehte sich zu uns um. »Ihr habt den Vorschlag ja gehört. Wollt ihr uns den Gefallen nicht tun? Los, zeigt uns die Tante mal.«
    »Sie wird noch kommen«, erklärte ich.
    »Wo denn?«
    »Vielleicht sogar in den nächsten Minuten.«
    Ricardis runzelte die Stirn und grinste schief. Zu den anderen gewandt erklärte er: »Das ist übrigens ein Typ aus England. Ein richtiger Scotland-Yard-Mann.«
    »Wie James Bond?«
    »Quatsch, der ist doch…«
    Die Antwort war nicht mehr klar zu verstehen, denn plötzlich änderte sich alles. Es war die mit Gisela angeredete Frau, die plötzlich aufsprang, in die Höhe wies, anfing zu lachen und gleichzeitig etwas sagen wollte. »Da, da oben!« rief sie. »Schaut doch. Da ist etwas!«
    Alle hoben die Köpfe.
    Auch wir.
    Wir hatten gewußt, daß es so kommen würde und sahen uns nun bestätigt. In der Luft geradewegs über dem Viereck des Hinterhofes schwebte ein weißes Pferd.
    Auf seinem Rücken saß eine Gestalt.
    Zum erstenmal sah auch ich die Frau, die mit Namen Gertrude Ricardis hieß…
    ***
    Wegen ihr war ich überhaupt nach Köln gekommen, und ich mußte ehrlich zugeben, daß ich von ihrem Aussehen überrascht war. Ich hatte erwartet, sie in einem prächtigen Kleid zu sehen, das war nicht der Fall. Statt dessen trug sie einen regelrechten Fetzen, den man durchaus als Totenhemd bezeichnen konnte. Der Fetzen und ihr Haar flatterten im Wind.
    Ein Bild wie aus dem Märchen, kaum glaubhaft, trotzdem eine Tatsache und so verdammt gefährlich.
    Ich hatte meine Beretta gezogen, sie aber noch so gehalten, daß die Gäste die Waffe nicht sahen und möglicherweise in einen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher