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038 - Die Wasserleiche im Rio Negro

038 - Die Wasserleiche im Rio Negro

Titel: 038 - Die Wasserleiche im Rio Negro
Autoren: Dämonenkiller
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ihm, daß es völlig verrückt sei, einen Toten mitzunehmen, doch er war für meine Argumente nicht empfänglich. Machu Picchu weigerte sich, uns El Dorado zu zeigen, wenn wir nicht den Toten mitnahmen.
    Sie hatte sich verändert. Mit mir sprach sie überhaupt nicht, und sie wich nicht eine Minute von der Seite des Toten, den sie wie einen kostbaren Schatz bewachte.
    Der tote Dämon schien alle in seinen Bann zu schlagen, nur ich war gegen die Ausstrahlung des Bösen gefeit.
    Ich war voll düsterer Gedanken und erinnerte mich an meine früheren Leben. Nur zu oft hatte ich die bittersten Erfahrungen mit den Beherrschern der dunklen Mächte gemacht. Ich hatte Dinge gesehen, die mir kein Mensch glauben würde. Deshalb mußte ich alles daransetzen und den toten Dämon endgültig ausschalten. Doch die Spanier ließen mich nicht an ihn heran, und Machu Picchu wurde von Stunde zu Stunde seltsamer. Sie verschränkte die Hände in ihrem Schoß, und ihre Lippen bewegten sich. Meist blickte sie den Toten an, der sich veränderte. Manchmal hatte ich den Eindruck, als würden mich die Augen des Toten spöttisch mustern und die harten Lippen sich zu einem Grinsen verzerren.
    Drei Tage, nachdem wir den Toten gefunden hatten, sagte uns Machu Picchu, daß wir nun zu Fuß weitergehen müßten.
    Ohne viel Gerede wurde eine Bahre für den toten Dämon angefertigt. Alle meldeten sich freiwillig, als es darum ging, wer den Leichnam tragen sollte. Die Männer wechselten sich jede Stunde ab. Ich gewann den Eindruck, als würden sie es als besondere Ehre empfinden, den Toten zu tragen.
    Wo wir mit dem toten Dämon auftauchten, schien alles Leben den Atem anzuhalten. Kein Tier war zu sehen. Seit Stunden belästigten uns keine Insekten mehr. Es war, als würden wir durch totes Land gehen. Das Rascheln der Blätter war nicht zu hören, das Geräusch unserer Schritte wurde verschluckt, der Urwald war ausgestorben.
    Unsere Nahrungsmittel gingen zu Ende, doch niemand machte sich Sorgen deswegen.
    Ich hielt mich meist im Hintergrund. Es war sinnlos geworden, mit Martinez zu sprechen; meist machte er den Eindruck eines völlig Wahnsinnigen, und die Inka-Prinzessin ignorierte uns.
    »Morgen erreichen wir Manoa«, sagte Machu Picchu, als wir das Nachtlager aufschlugen.
    Normalerweise hätte diese Nachricht Begeisterung auslösen müssen, doch die Männer blieben still. Sie saßen schweigend um das hochlodernde Feuer und begnügten sich mit einigen Bissen trockenen Fleisches und dem Wasser, das wir aus abgeschlagenen Lianen gewannen.
    Als alle schliefen, stand ich auf. Ich schlich mich zu der Bahre, auf der de Aguilar ruhte, und zückte meinen silbernen Dolch. Mein Gesicht verzerrte sich, als ich mich über den Toten beugte und den Dolch hob. Ich schloß die Augen halb, als ich zustieß. Doch mein Stich verfehlte den Toten und ich taumelte: Bevor ich noch mal zustoßen konnte, stand Machu Picchu mit blitzenden Augen neben mir. Der Blick ihrer Augen fesselte mich. Ich wurde schläfrig, und meine Sinne verwirrten sich. Benommen steckte ich den Dolch ein, taumelte über die Schlafenden und ließ mich neben einem Baum nieder. Innerhalb weniger Augenblicke war ich eingeschlafen.

    Am nächsten Morgen setzten wir den Marsch fort. Ich war müde und voll düsterer Gedanken.
    Machu Picchu ging voraus. Hinter ihr wurde die Bahre mit dem Toten getragen, dann folgte Pascual Martinez, der in den vergangenen Tagen – so wie alle anderen Spanier – sichtlich verfallen war. Alle waren abgemagert und hielten sich nur mühsam auf den Beinen.
    Der Urwald wurde immer dichter. Hier wuchsen ganz andere Bäume, die seltsame Formen hatten. Kleine mäuseartige Tiere liefen uns über den Weg.
    Und dann lag die Stadt vor uns. Ein wenig erinnerte sie mich an Guzco, die Stadt, von der aus die Inka-Herrscher jahrhundertelang geherrscht hatten. Festungsmauern, die aus schweren Steinquadern bestanden und ohne Mörtel fugenlos zusammenpaßten. Für einen Augenblick wunderte ich mich, wie es möglich gewesen war, diese riesigen Steine in den Urwald zu schaffen.
    »Das ist Manoa!« rief Machu Picchu.
    Wir waren an unserem Ziel angelangt. Die geheimnisvolle Stadt El Dorado lag vor uns.
    Doch keine Begeisterung zeigte sich unter den Männern, die viele Wochen unterwegs gewesen waren. Für mich schien die Stadt unbedeutend zu sein, da ich ja Cuzco gesehen hatte. Nur ein Gebäude stach hervor. Es war ein Tempel, der sich von den üblichen Kultstätten der Inkas etwas unterschied, ein
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