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0376 - Der Spiegel des Spuks

0376 - Der Spiegel des Spuks

Titel: 0376 - Der Spiegel des Spuks
Autoren: Jason Dark
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wirkte wie ein Klotz, der jeden Moment kippen konnte, weil er mit dem vorderen Rand der unteren Hälfte direkt abschloß.
    Man hatte die Namen der Gefallenen in das Denkmal eingemeißelt. Im Laufe der Zeit war die Schrift verbleicht. Wer jetzt davorstand, konnte kaum noch etwas lesen.
    Auch Linda Jackson nicht, in deren Inneren allmählich der Unmut aufstieg. Sie wandte sich an ihre Tochter, und die Stimme klang dabei sehr scharf. »Caroline, ich weiß nicht, was du da gesehen hast oder gesehen haben willst. Ich jedenfalls kann keinen Spiegel entdecken.«
    Das Mädchen bekam traurige Augen. »Wenn ich es dir sage, Mummy. Es war ein Spiegel da…«
    »Wo denn?«
    »Im unteren Stein.«
    »Dann müßte er ja noch zu sehen sein.«
    Caroline nickte. »Eigentlich ja, aber ich kann es auch nicht fassen, Mummy. Glaubst du mir nicht?« Die letzte Frage hatte sie flehend gestellt. Sie wollte, daß die Mutter ihr glaubte.
    Linda Jacksons Gesicht verhärtete sich. Es nahm dabei einen kalten, abweisenden Ausdruck an, den das kleine Mädchen überhaupt nicht mochte. Sie wußte, daß sich ihre Eltern oft stritten, und dann sah ihre Mutter auch immer so aus wie jetzt.
    Mit einer fahrigen Geste strich Linda Jackson durch ihre Kurzhaarfrisur und drehte sich um. »Wir fahren zurück!« erklärte sie.
    »Ja. Mummy.«
    »Und deinen Spiegel, den kannst du dir…« Linda winkte ab, bevor sie das Rad anhob. »Du weißt schon, Caroline.«
    »Sicher…« Auch das Kind hob sein Rad auf, hielt es an der Lenkstange fest und dachte darüber nach, daß alles so verkehrt gelaufen war. Sie hatte den Spiegel gesehen, das war keine Täuschung gewesen, aber es war ihr seltsamerweise nicht gelungen, sich darin zu spiegeln.
    Davon hatte sie der Mutter erst gar nichts gesagt.
    »Willst du nicht oder kannst du nicht?« Lindas Stimme klang ärgerlich. Sie wollte nicht noch länger an diesem Ort herumstehen, während im Haus Arbeit wartete.
    »Ja, ja, ich komme schon.« Das Mädchen schwang sich auf ihr Fahrrad.
    Linda war schon vorgefahren. Nur wenige Yards weit kam sie, da holte sie die Stimme ihrer Tochter ein.
    »Mummy, der Spiegel!« kreischte Caroline.
    Linda bremste. Auf dem trockenen Weg rutschte das hintere Rad weg. Die Frau drehte sich um, schob das Rad dabei mit und wollte zu einer wütenden Erwiderung ansetzen, als auch sie es sah.
    Ihre Tochter stand auf dem Fleck. Wieder lag das Rad neben ihren Füßen. Den Arm aber hatte das Mädchen ausgestreckt. Caroline deutete auf die untere breite Hälfte des Denkmals.
    Dort hatte sich etwas verändert.
    Wie herausgeschnitten, zeigte sich dort ein kreisrunder Spiegel!
    Linda Jackson stand auf der Stelle, wußte nicht, ob sie lachen oder weinen sollte und merkte nicht einmal, daß ihr die Lenkstange aus dem Griff rutschte.
    Erst als das Rad zu Boden kippte, zuckte sie zusammen, aber sie kümmerte sich nicht um das Gefährt. Ihr Blick galt einzig und allein dem unheimlich wirkenden Denkmal, das sich von einer Sekunde zur anderen so verändert hatte.
    Ein Spiegel im Gestein? Oder war es ein Loch?
    Sie ging auf ihre Tochter zu und blieb neben ihr stehen. »Ich habe es dir gesagt, Mummy, da war ein Spiegel. Jetzt siehst du es selbst…«
    »Ja, Kleine, du hattest recht.«
    »Und jetzt?«
    Linda schluckte. Sie wußte nicht, welche Antwort sie ihrer Tochter geben sollte, da sie selbst ratlos war. Für so etwas gab es keine Erklärung, das war unmöglich.
    »Was willst du jetzt tun, Mummy?« fragte die Kleine.
    »Ich weiß noch nicht.«
    »Angefaßt habe ich ihn noch nicht.«
    »Wieso?«
    »Ich… ich meine den Spiegel.«
    Die Frau war skeptisch. »Ist es überhaupt einer? Wir müßten uns sehen können, Kind, aber ich sehe weder dich noch mich in der Spiegelhälfte. Da stimmt doch was nicht.«
    »Und was ist es dann, Mummy?«
    »Ein Loch?«
    »Nein, nein. Wir können ja nicht hindurchsehen.«
    Da hatte Caroline recht. Wäre im Stein ein kreisrundes Loch gewesen, hätten sie hindurchschauen und die hinter dem Denkmal liegende Grabsteine sehen müssen.
    Sie aber sahen nur diesem seltsamen Spiegel, der ihr Bild nichtwiedergab.
    Erst jetzt fiel Linda Jackson die Stille so recht auf. Laut war es hier nie gewesen, aber nicht so unnatürlich still wie jetzt. Kein Laut war zu hören, die Ruhe stand über ihnen wie eine Glocke. Nicht ein Vogel zwitscherte im nahen Wald, selbst der Wind schien eingeschlafen zu sein. Am Fuße der Treppe blieb Linda stehen. Sie konnte die Spiegelfläche jetzt besser erkennen und wunderte
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