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0374 - Der Vogeldämon

0374 - Der Vogeldämon

Titel: 0374 - Der Vogeldämon
Autoren: Werner Kurt Giesa
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anderes.
    »Wer ist der große Vogel? Woher kommt er? Wer hat ihn geschickt?« Immer wieder stellte Zamorra seine Frage. Er sprach immer eindringlicher, immer befehlender. Und gleichzeitig steuerte er das Amulett so, daß es seinen geistigen Druck verstärkte. Linda stöhnte verzweifelt. Sie versuchte, die Sperre zu durchbrechen, die es in ihr gab. Aber sie schaffte es nicht. Der Konflikt in ihr, der innere Kampf, wurde immer stärker. Plötzlich bäumte sie sich auf. Das Amulett glitt von ihrer Stirn. Sie saß aufrecht im Bett.
    Ein gellender, lang anhaltender Schrei entrang sich ihr. Ihre Augen waren weit aufgerissen, die Pupillen seitwärts verdreht.
    Sandy sprang auf, wollte Zamorra in den Arm fallen. Aber er schaffte es, sie mit einer schnellen Bewegung der linken Hand zurückzuhalten.
    »Wer ist der große Vogel?«
    »Kein Tier… kein Mensch…« murmelte sie. »Er… er ist etwas anders! Er lenkt meine Gedanken… er will mich bei sich haben. Er ruft mich… und ich muß ihm folgen…« Sie wollte schon wieder zum Fenster.
    Zamorra versuchte noch weiter zu gehen. Er bemühte sich, durch Lindas Augen zu sehen, sich ihrem Geist anzugleichen. Aber so ganz gelang es ihm nicht. Ihm fehlten die parapsychischen Voraussetzungen, in einen anderen Geist zu schlüpfen, und auch seine innere Hemmschwelle war zu groß. Er blieb immer außerhalb, aber er sah jetzt noch mehr als zuvor. Er erkannte ein Bewußtseinsmuster, das er sich einprägte. Auch das Amulett speicherte dieses Muster in sich.
    Der große Vogel war aus Südosten gekommen…
    Er brachte den Tod mit sich…
    »Nein«, flüsterte Linda. »Nicht den Tod… das Leben… aber es ist ein anderes Leben!«
    »Was ist das für ein Leben?« drängte Zamorra.
    »Es ist… anders… nicht menschlich… es ist Begehren, es ist Macht, es ist Macht, es ist unbeschreibliche Gier… es ist…«
    Sie verstummte.
    Langsam drehte Zamorra sich nach Südosten. Was verbarg sich dort in den Tiefen des Hinterlandes?
    Er machte eine schnelle Handbewegung. Er löschte die Trance, hob sie auf. Von einem Moment zum anderen erwachte die Fotografin. Sie wunderte sich, daß sie völlig durchgeschwitzt war und zitterte, als sie sich vom Bett erhob. Sandy stützte sie und half ihr zu einem Sessel hinüber.
    »Was… was ist mit mir passiert? Warum bin ich so schwach?« fragte sie. »Haben Sie erfahren, was Sie erfahren wollten?«
    »Einen Teil«, sagte Zamorra. »Aber bei weitem nicht alles.« Er schloß die Augen. Aus der Erinnerung heraus versuchte er einen Satz nachzusprechen, den Linda vorhin von sich gegeben hatte. Kehlige, dunkle Laute. Er war sicher, daß er die Laute exakt nachformte.
    Linda sah ihn überrascht an, während Sandy die Brauen hoch und etwas zu ahnen begann.
    »Was sagten Sie? Was ist das…? Eine Sprache?«
    Zamorra nickte. »Ich nehme es an. Sie haben sie vorhin in der Trance benutzt. Wissen Sie, was ich gesagt habe?«
    Die Fotografin schüttelte den Kopf.
    »Schade«, sagte Zamorra. »Ich hatte halbwegs gehofft, die Sprache gehörte zu Ihrem Repertoire. Nun, dann gehört sie zu dem Vogelwesen.«
    Er trat ans Fenster und benutzte wieder das Amulett. Er ging dem Bewußtseinsmuster nach, das er sich eingeprägt hatte, und versuchte ihm zu folgen. Aber er stieß ins Leere. Es war zu lange her. Er fühlte nur eine diffuse, verschwommene Wolke von Gedankenfetzen und Empfindungen, unverständlich und verwaschen. Immerhin war das, was sich den Menschen als großer Vogel gezeigt hatte, fähig, gezielte Gedanken zu formen.
    »Ich fürchte, ich werde auch Nadine noch befragen müssen«, sagte Zamorra. »Gut, Linda. Ich danke Ihnen für Ihre Unterstützung.«
    »Wie, das war schon alles?« wunderte sich die Fotografin. Ihr Zittern hatte nachgelassen. »Sie haben ja noch gar nicht erzählt, was Sie herausgefunden haben.«
    »Ich werde es Ihnen auch nicht sagen, Linda«, erwiderte Zamorra. »Es könnte sein, daß dieser… Vogel… Sie wieder heimsucht, wieder kontrolliert. Ich werde zwar eine Art Sperre in Ihnen installieren, die verhindern soll, daß er Sie überlagert, aber ich weiß nicht, ob er sich nicht als stärker erweist. Und dann sollten Sie unbewußt nicht verraten können, ob ich ihm bereits auf der Spur bin. Verstehen Sie?«
    »Ja. Sie meinen, er versucht es noch einmal?«
    »Mit ziemlicher Sicherheit. Er hat zweimal gemordet, er wird es auch ein drittes Mal versuchen und öfters. Es gibt bestimmte magische Zahlen. Drei fünf, sieben, dreizehn… nahezu alle
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