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037 - Das Geheimnis der Knochengruft

037 - Das Geheimnis der Knochengruft

Titel: 037 - Das Geheimnis der Knochengruft
Autoren: Larry Brent
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umfasste die schwarzen verwitterten
Holzgriffe des Karrens. Dann rechte er die fauligen Blätter zusammen, reinigte
die schmalen Parkwege von Ästen und Zweigen, die der Wind während der Nacht
abgerissen hatte. Bis um acht Uhr mussten die Hauptwege frei sein. Der Vicomte
liebte es, um diese Zeit seinen Spaziergang zu machen und verabscheute es, auf
ungereinigten Wegen zu gehen.
    Dem Gärtner fiel auf, dass die Hunde nicht zu sehen waren. Die Bluthunde
waren um diese Zeit immer noch frei, schließlich oblag es ihm ebenfalls, die
Tiere in ihre Zwinger zu bringen und abends bei Einbruch der Dunkelheit wieder
freizulassen. Die fünf prächtigen Rüden gehorchten ihm, dem Vicomte, dem
Diener, der Haushälterin und natürlich dem Sohn des Vicomte. Bei den jungen
Hausangestellten aber, die gelegentlich kamen und gingen, war das anders. Sie
hatten die Tiere zu fürchten. Der Vicomte ließ es nicht zu, dass sich die Hunde
noch an weitere Fremde gewöhnten.
    Während der Gärtner die Wege säuberte, das herabgefallene Laub
zusammenschaufelte und in dem Schubkarren sammelte, hielt er immer wieder
Ausschau nach den Bluthunden. Er vermutete später, dass vielleicht Armande de
Moulliere, der Sohn des Vicomte, die Tiere schon eingesperrt hatte. Das tat er
manchmal, denn er kam oft erst im Morgengrauen nach Hause.
    Bertrand arbeitete zügig und routiniert.
    Einmal warf er einen Blick zum Schloss zurück. Hinter dem Dunst erblickte
er die düsteren, schattengleichen Umrisse des alten Gemäuers. Im Haus war es
noch völlig still. Nirgends brannte ein Licht. Er war morgens immer der erste.
Dann standen die Haushälterin, der Diener und das Hausmädchen auf. Hausmädchen
gab es – solange Bertrand Roussell zurückdenken konnte – erst seit etwa drei
Jahren. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte die alte Hausdame, die
sechsundsiebzigjährige Marie, die ganze Arbeit verrichtet. Die Vicomtesse
stellte dann eine junge Kraft zur Unterstützung der Hausdame ein. Marie machte
nur noch das Notwendigste, sie hatte ihren Lebensabend schon lange verdient und
niemand verlangte mehr von ihr. Doch die Alte ließ sich nicht davon abbringen,
tätig zu bleiben. Mit dem Starrsinn, der älteren Leuten eigen war, schaffte sie
noch täglich ihr Pensum, und sie murrte, wenn das Hausmädchen eine Arbeit zu
viel machte.
    Kurz vor sieben Uhr erreichte Bertrand eine Abzweigung. Nach links ging es
zu dem steinernen, fensterlosen Flachbau hinüber, nach rechts zu dem
Springbrunnen und dem Teich. Keine drei Schritte vom Wasser entfernt, unter
einer prächtigen Weide, stand eine schmiedeeiserne, in einen verzierten
Sandsteinblock eingelassene Bank, wo der Vicomte gelegentlich ausruhte.
    Bertrand Roussell wandte sich nach rechts und wurde auf die helle Gestalt
am Boden erst aufmerksam, als seine Füße sie fast berührten.
    Er fand die tote Yvette Revlon. Sie lag mit dem Gesicht nach unten und war
regelrecht in das feuchte Gras und zwischen faulendem Herbstlaub eingebettet.
Die rechte Hand war ausgestreckt, hing fast bis zum Ellbogen in dem brackigen
Teich. Tautropfen schillerten auf dem halb geöffneten, bis über die Schenkel
gerutschten Morgenmantel. Das offene schwarze Haar der Französin lag schwer und
feucht auf den Schultern.
    Bertrand Roussell stand sekundenlang wie versteinert da. Dann ließ er den
Schubkarren stehen und rannte den Weg zurück, den er gekommen war. Er betrat
das Schloss durch den schmalen Seiteneingang, der auch in das einsame
Turmzimmer führte, in dem er lebte. Von dort aus gab es mehrere Zwischentüren,
die direkt in den Haupttrakt des Schlosses führten.
    Bertrand suchte den privaten Bereich des Vicomte auf. Dieser saß bereits in
der Bibliothek an einem kleinen Tisch vor dem knisternden Kaminfeuer und
blätterte in einem wissenschaftlichen Werk.
    Bertrand erstattete seinem Herrn einen knappen, präzisen Bericht. Vicomte
de Moulliere legte sofort das Buch aus der Hand und erhob sich. Angst stand für
den Bruchteil einer Sekunde in seinen Augen, ehe er nach dem handgeschnitzten
Spazierstock griff, der hinter dem bequemen Ohrensessel hing. Er ging niemals
ohne dieses Requisit aus dem Haus. Seit dem Sturz von einer Leiter litt er
unter einer leichten Gehbehinderung. De Moulliere stützte sich auf den Stock,
dessen Griff im Kopf einer Schlange auslief, deren Körper sich erhaben über den
ganzen Stab schlängelte. Bertrand Roussell ging voraus.
    »Die Hunde, Bertrand! Sie wird doch hoffentlich nicht den Hunden ...« Der
Vicomte sprach nicht zu
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