Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0359 - Meine Henkersmahlzeit

0359 - Meine Henkersmahlzeit

Titel: 0359 - Meine Henkersmahlzeit
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
natürlich die Chance. Sofort zerrte ich mit dem linken Arm nach, hatte beide Hände frei und schleuderte den Stuhl von mir. Er wuchtete in die Richtung des Jungen, wo er gegenprallte und ich wieder einige Sekunden bekam.
    Blitzschnell war ich auf den Beinen, fuhr herum, weil ich Schritte hörte und sah im Hintergrund des Kellerraums einen Schatten, der menschliche Umrisse besaß und etwas in der Hand hielt, das ich schon einmal bei ihm gesehen hatte.
    Es war die Schrotflinte.
    Ich flog zu Boden.
    Genau in dem Moment, als die Schrotflinte zu explodieren schien und ihre tödliche Ladung verschoß.
    Die Schrotkörner wurden über mich hinweggepustet und landeten mit einem hellen Prasseln an der Wand. Auch der Junge hatte etwas abbekommen, ihm machte es nichts aus. Wahrscheinlich blieben die Dinger im Wachs stecken.
    »Kill ihn!«
    Dieser scharfe Befehl heulte durch den Keller. Voller Wut ausgestoßen, und der Junge, mein verfluchtes Ebenbild, gehorchte wie ein Roboter. Er kam auf mich zu, nur waren diesmal die Vorzeichen verändert, denn ich saß nicht mehr gefesselt auf einem Stuhl, sondern stand.
    Und ich hielt meine Beretta in der Hand.
    Das Messer blitzte, der Wachsmund war in die Breite gezogen.
    Plötzlich hatte er keine Ähnlichkeit mehr mit mir. Nein, so schrecklich und schlimm hatte ich früher nicht ausgesehen!
    Noch einmal schaute ich mich um.
    »Kill ihn!« wieder hallte dieser Ruf durch den Raum. Von Samaran selbst war nichts mehr zu sehen.
    Ein Taschenmesser kann man schlecht werfen, um einen genauen Treffer zu erreichen, deshalb mußte die lebende Puppe auch nah an mich heran, wenn sie ihren Auftrag erfüllen wollte.
    Ich ging in dem gleichen Tempo zurück, gewann dadurch Zeit und behielt den Abstand bei.
    Eine Silberkugel wollte ich mir sparen und holte das Kreuz hervor. Dieser Griff war geübt. Sehr schnell hielt ich die Waffe in der Hand und sprang meinem jungen Ebenbild entgegen.
    Damit hatte der andere nicht gerechnet. Ich fegte seinen Wachsarm zur Seite und preßte ihm im nächsten Moment mein Kreuz mitten ins Gesicht, das auch ich einmal gehabt hatte.
    Ein Volltreffer – und der Sieg!
    Der Junge, aus Wachs bestehend und mit dämonischen Kräften ausgestattet, hatte dieser reinen Magie nichts entgegenzusetzen. Unter meinen Händen wurde das Wachs weich. Es schmolz weg und besaß schon bald die Dünnflüssigkeit von Softeis. Ich hatte die Puppe losgelassen und schaute zu, wie sie auseinanderfloß.
    Sie bot ein Bild des Schreckens. Meine Gesichtszüge verzerrten sich, eine zerlaufende Fratze entstand, wurde noch häßlicher, und alles, was sein Schöpfer in ihn investiert hatte, drängte zu einem Klumpen zusammen. Ob Augen, Nase, Mund, Zähne, der gesamte Körper bildete sehr schnell eine Lache, aus der nur noch eines hervorstach.
    Ein graues Kinderskelett!
    Noch hielt es sich aufrecht durch die zähe, leimartige Wachsflüssigkeit, doch nicht mehr lange. Vor meinen Augen bekam es das Übergewicht und kippte zu Boden.
    Der Kopf sprang ab, rollte ein Stück zur Seite und blieb aufgesplittert liegen.
    Mir gelang es nicht einmal, meine eigenen Gefühle in Worte zu fassen. Was ich hier sah, war einfach schlimm. Dieser Horror drang mir tief unter die Haut.
    Ich hatte den Tod eines Jungen mitbekommen, der aussah wie ich.
    Jetzt sah ich vor mir noch ein Skelett.
    Ein fremdes…
    Es fiel mir schwer, mich von diesen Gedanken zu lösen, aber ich durfte nicht zurückschauen. Noch hatte ich die Gefahr nicht stoppen können, denn es waren zwei weitere Kinderpuppen zu erledigen, natürlich auch Akim Samaran.
    Auch dachte ich an meinen Vater!
    Wenn jemand die Eisenstange geworfen hatte, dann nur er. Wer hätte sich schon in das Haus verirren sollen?
    Wie ich aus diesem Kellerraum rauskam, wußte ich. Erstens über die Treppe, aber die wollte ich nicht nehmen, denn ich hatte mir genau gemerkt, daß Samaran einen anderen Ausweg genommen hatte.
    Mit schnellen Schritten tauchte ich in die hinterste Ecke des Raumes und fand dort tatsächlich eine schmale Tür, durch die ich schlüpfen konnte. Sie lag in einer Nische und war kaum zu erkennen.
    Dahinter sah ich eine Treppe.
    Zwei Stufen auf einmal nahm ich, wobei ich meine Ohren spitzte und danach lauschte, ob von dem Flüchtenden etwas zu hören war.
    Nein, außer meinen hastigen Schritten vernahm ich keine mehr.
    Die verdammte Stille gefiel mir überhaupt nicht.
    Ob mein Vater noch lebte?
    ***
    Horace F. Sinclair lag auf dem Rücken, und er sah die beiden Gesichter
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher