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0359 - Meine Henkersmahlzeit

0359 - Meine Henkersmahlzeit

Titel: 0359 - Meine Henkersmahlzeit
Autoren: Jason Dark
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Er konnte nicht anders, da ihm die Zeit im Nacken saß. Und er hoffte, es mit einem Wurf zu schaffen.
    Während er vorlief, zielte er genau. Die Frau lag am Boden, sie hatte sich geduckt, den rechten Arm hielt sie vorgestreckt, aus der Faust schaute das Kabel mit seinen blanken Enden.
    Horace F. Sinclair warf das Eisen!
    Genau verfolgte er dessen Weg, bekam mit, wie es sich in der Luft mehrere Male überschlug, einmal auf den Boden tickte, etwas zur Seite drehte und traf.
    Sinclair hatte nicht seine gesamte Kraft in den Wurf gelegt. Er wollte die Frau nicht töten, nur unschädlich machen. Mit seiner langen Seite traf der kurze Schürhaken Hals und Schulter der Frau.
    Sie zuckte zusammen, rollte sich in einem Reflex herum, und auch der rechte Arm folgte dieser Bewegung.
    Der Warnschrei blieb Sinclair auf den Lippen stecken. Es war viel zu spät.
    Durch die unbedachte Bewegung ihres rechten Armes hatte Mrs. Anderson die blanken Kabelenden so dicht an ihr Gesicht gebracht, daß sie einen Kontakt bekam.
    Und den überlebte sie nicht.
    Sinclair schloß die Augen. Er wollte nicht sehen, wie die Frau starb und hörte nur ihren erstickten Schrei und dazwischen ein zischendes Geräusch. Sehr schnell wurde es wieder still, so daß Sinclair die Augen öffnen konnte.
    Er sah Mrs. Anderson liegen. Ihr Mund stand offen. Als er sich näherte, erkannte er die leblosen Augen.
    Horace F. Sinclair wandte sich ab. Er spürte in seinem Magen einen ungewöhnlichen Druck, hatte Mühe, ein Zittern zu unterdrücken und flüsterte: »Das wollte ich nicht. Verdammt, das wollte ich wirklich nicht!« Er schüttelte den Kopf, und ihm fiel wieder sein Sohn ein, der sich in einer lebensgefährlichen Lage befand.
    Wenn er ihm helfen wollte, wurde es Zeit. Unter diesem Raum befand sich der Keller, nur wußte der Mann nicht, wo er die Treppe finden konnte, die ihn in die Tiefe brachte.
    Wenn er sich jetzt noch lange auf die Suche machte, war es vielleicht zu spät.
    Deshalb gab es für ihn nur eine Lösung Er mußte es aus der Höhe versuchen!
    Und da war das Gitter.
    Sinclair drehte sich um. Nur wenige Schritte trennten ihn noch von der Stelle. Erst als er das Gitter erreicht hatte, ließ er sich auf die Knie fallen und legte die Eisenstange zur Seite. Er hoffte, daß sein Kampf nicht gehört worden war und warf einen Blick durch die Freiräume zwischen den Stäben.
    Zu seinem Glück war das Gitter so günstig angebracht worden, daß er in die Tiefe schauen konnte und auch seinen Sohn sah. Bewacht wurde er von Akim Samaran und diesem nachgemachten, aus Wachs hergestellten Kind, das John bereits einen Großteil der Henkersmahlzeit gereicht hatte. Bis auf einen halben Laib Brot war der Teller, der seinen Platz auf dem Sarg gefunden hatte, leer.
    Es kam auf Sekunden an.
    Wenn das Gitter jetzt zu fest mit dem Boden verankert war und sich nicht in die Höhe hieven ließ, war es aus.
    Sinclair versuchte es. Seine Hände umklammerten die mittleren Stäbe. Er hatte sich hingekniet, sein Gesicht war verzerrt und angespannt zugleich. In den Augen schimmerte es feucht, und er atmete noch einmal tief durch, bevor er sich an die Arbeit machte.
    Der pensionierte Anwalt kam sich vor wie ein Karatekämpfer, der sich nur auf den Augenblick konzentrierte, wenn er mit der Handkante einen Stein zerschlagen konnte.
    Der Ruck!
    Die Schläfenadern schwollen an, sie traten dick aus der Haut. Der Mund zitterte. Sinclair vernahm das leise Knirschen an den Seiten und stellte mit Schrecken fest, daß etwas Mörtel nach unten rieselte.
    Zum Glück wurde er abgelenkt, da er entdeckte, wie sich das rostige Gitter bewegte und sich sogar hochheben ließ.
    Er hatte es!
    Für einen Moment blieb er sitzen. Sein Atem stockte. Er spürte Tränen in den Augen, gleichzeitig jedoch merkte er dieses Gefühl der Erlösung, das ihn überkommen hatte.
    Er hatte einen Teil geschafft, die schwerste Arbeit aber lag noch vor ihm. Sehr behutsam und jede seiner Bewegungen genau unter Kontrolle haltend, drückte er sich zur Seite und sorgte dafür, daß er das Gitter so lautlos wie möglich neben sich zu Boden legen konnte.
    Mit sich zufrieden, drehte sich Horace F. Sinclair wieder um.
    Gleichzeitig nahm er sein Wurfgeschoß in die Höhe und fühlte sich wieder sicherer, als er es zwischen die Finger bekommen hatte. Jetzt konnte ihm nicht mehr viel passieren.
    Nur bei John sah es anders aus.
    Sehr vorsichtig beugte sich Sinclair nach vorn. Er wollte einen besseren Blick- und Wurfwinkel haben, um die
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