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0356 - Die Tarot-Hexe

0356 - Die Tarot-Hexe

Titel: 0356 - Die Tarot-Hexe
Autoren: Werner Kurt Giesa
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versucht habe, ihn umzubringen. Nicht wahr, Professor?«
    Zamorra nickte.
    »Unter welchem Namen?« fragte Alzard.
    Zamorra nannte den Namen einer Tarnexistenz, unter der Asmodis einmal aufgetreten war. »Ich bezweifle allerdings, daß dieser Name irgendwo aktenkundig ist«, fügte er hinzu, »und daß er echt ist.«
    »Aber vorhin haben Sie ihn nicht erkannt, Professor…«
    »Plastische Chirurgie«, sagte Deville spöttisch.
    »Ich verstehe Sie trotzdem nicht«, sagte Alzard. »Sie kommen hierher, stellen sich freiwillig, richten die Tatwaffe auf Zamorra und haben vergessen zu laden… das ist doch haarsträubend…«
    »Nicht wahr?« grinste Deville. »Meinen Sie, ich begehe vor Ihren Augen einen Mord? Ich lasse mich doch nicht als Mörder verurteilen…«
    »Aber Sie gaben vorhin zu, es schon einige Male versucht zu haben…«
    Deville schüttelte den Kopf.
    »Sie haben mich noch nicht verhaftet und mich demzufolge auch noch nicht über meine Rechte belehrt. Ich kann also jederzeit, trotz der hier anwesenden Zeugen, all das widerrufen, was Sie mir nicht beweisen können. Verurteilt werden kann ich nur wegen Brandstiftung und Körperverletzung, weil ich diesen Mann neben Zamorra gestern abend getroffen habe. Aber das mag mit einer Geldstrafe abgehen, nicht wahr?«
    »Ich kann es immer noch nicht glauben. Bois’ Morddrohungen…«
    »Er hat es wahrscheinlich nicht verkraftet, festgenommen und eingesperrt worden zu sein«, sagte Nicole. »Raffael Bois ist ein äußerst sensibler Mensch. Außerdem… er ist ein alter Mann, Kommissar. Ein sehr alter Mann. Glauben Sie, der könnte so schnell fliehen?«
    »Hm«, machte Alzard. »Wir werden sehen. Aber Sie werden mir gestatten, alles jetzt erst mal besonders gründlich zu durchleuchten, bevor ich vielleicht eine falsche Entscheidung treffe. Monsieur Deville oder wie immer sie auch heißen, ich verhafte Sie im Namen der Republik. Alles, was Sie von nun an sagen oder tun, kann gegen Sie verwendet werden…«
    Das Grinsen, das Amos-Deville zur Schau stellte, war ausgesprochen triumphierend. Zamorra war sicher, daß der einstige Dämonenfürst gerade jemanden ganz gewaltig hereingelegt hatte.
    Aber wen?
    ***
    Am späten Nachmittag wurde Raffael Bois aus der Untersuchungshaft entlassen. Er wäre ohnehin nur länger eingesperrt worden, weil er Morddrohungen von sich gegeben hatte. Auch jetzt zeigte er seinen Haß noch deutlich, aber nach Lage der Dinge blieb den Behörden nichts anderes übrig, als ihn auf freien Fuß zu setzen. Allerdings ordnete Kommissar Alzard eine ständige Überwachung Raffaels an. Er wollte sicher gehen, daß der Zamorra nicht doch den Garaus machte.
    Die Pistole, auf der sich allein Devilles Fingerabdrücke befanden, erwies sich als die Tatwaffe. Hinzu kam die Aussage des Gendarmen André Vaultier, die plötzlich an Bedeutung gewann: Als er in Mostaches Peugeot, mit dem verhafteten Raffael neben sich und Dr. Graque auf der Rückbank, Château Montagne verließ, hatte er neben der Straße sekundenlang eine laufende Gestalt gesehen, die eine Pistole in der Hand trug.
    Das entlastete Raffael endgültig – es sei denn, es gab zwei Täter. Aber Deville trat mit seinem Geständnis dermaßen überzeugend auf, daß diese Möglichkeit vernachlässigt werden konnte.
    Raffael und Zamorra standen sich bei der Entlassung gegenüber. Zornig funkelte der alte Diener den Professor an.
    »Werden Sie sich wieder im Keller verkriechen, Raffael?« fragte Zamorra leise. »Oder geben Sie mir eine Chance?«
    »Eine Chance? Was für eine Chance wurde mir denn gegeben?« fragte Raffael gallig. Er sah sich um. Ringsum waren Polizisten. Er konnte nicht das tun, was ihm Leonardos Befehl vorschrieb: Zamorra anspringen und töten.
    »Es wird zwecklos sein, wenn ich weiter im Verborgenen auf Ihre Rückkehr warte, Professor«, sagte er. »Ich werde wieder in meinen Räumen wohnen, oben im Château. Und ich hoffe, Sie werden mich da besuchen. Dann kann ich Sie wenigstens umbringen.« Er spie aus. »Oder wollen Sie mich auf die Straße setzen?«
    »Wäre das beste«, meinte einer der Polizisten. »Seien Sie vorsichtig, Professor. Der Mann ist gewalttätig. Er hat versucht, die Gitterstä- 80 be seines Zellentürfensters herauszubrechen, und konnte sie immerhin lockern. Ein Wunder, wo der alte Knacker die Kraft her hat…«
    Raffael reagierte nicht. Er schritt an Zamorra vorbei und verschwand.
    Er würde sich per Taxi oder wahrscheinlicher per Bus nach Hause begeben.
    Nach Hause…
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