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0353 - Flucht vor dem Grauen

0353 - Flucht vor dem Grauen

Titel: 0353 - Flucht vor dem Grauen
Autoren: Jason Dark
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Menschen geworden waren.
    Hier wollte ich es ebenfalls versuchen.
    Deshalb nahm ich das Kreuz so in die Hand, daß ich es gegen eine Stelle an der Wand pressen konnte.
    Leona und Ali schauten mir zu. Ich bat die beiden, ein paar Schritte zurückzugehen, bevor ich damit anfing, das Kreuz gegen die Mauer zu drücken, aus der die Schreie erklungen waren.
    Flach preßte ich es dagegen.
    Nichts tat sich.
    Das Schreien blieb. Vielleicht hörte sich das Jammern und Heulen lauter als gewöhnlich an, das war auch alles. Die Seelen konnte mein Kreuz nicht befreien und auch nicht den Beweis dafür antreten, daß die Mauer aus Menschen und Steinen gebaut worden waren.
    »Das war wohl nichts, John«, sagte Ali.
    »Leider.«
    Ich war zwar nicht gerade deprimiert, dennoch ein wenig enttäuscht. Damit hätte ich nicht gerechnet. Wieder mußte ich daran denken, daß die Große Mutter diese Waffe des Lichts manipuliert hatte. Hatte sie deshalb ihre Kraft verloren?
    Das wollte ich einfach nicht glauben, und mir fiel ein, daß es noch eine Steigerung gab.
    »Ich werde mein Kreuz aktivieren!« erklärte ich den beiden.
    »Dabei weiß ich nicht, was geschieht, wir sollten mit dem Schlimmsten rechnen.«
    »Was wäre das?« fragte Leona.
    »Unter Umständen der Einsturz des Turms.«
    Sie erschrak. Auch Ali wurde blaß. Er murmelte Worte in seiner Heimatsprache.
    »Uns bleibt keine Wahl«, verteidigte ich meinen Vorsatz. »Es gibt sonst keinen Ausweg für uns. Wenn die Seelen der Menschen die Steine zusammenhalten, müssen wir diese Kette zerstören, das ist euch doch klar – oder?«
    »Natürlich«, gab Leona zu.
    »Gut, dann werde ich beginnen. Wenn mein Kreuz jetzt versagt…«
    »Sprich nicht weiter!« flüsterte Leona scharf.
    Wir schwiegen. So war das Wimmern und Jammern der Seelen noch deutlicher zu hören.
    Ich sprach dagegen an. »Terra pestem teneto – Salus hic meneto!«
    Genau das waren die entscheidenden Worte. Wenn sie nicht halfen, wußte ich auch nicht mehr weiter.
    Während ich die Formel sprach, hatte ich das Kreuz gegen die Wand gedrückt. Oft hatte ich die Formel benutzt, und das Kreuz hatte mich nicht im Stich gelassen. Würde es hier auch reagieren?
    Nicht sofort, und diese Tatsache drückte die Enttäuschung in mir hoch. Mein Gesicht zeigte die Sorge, ich dachte an eine Wertlosigkeit dieser einst so starken Waffe.
    Und doch tat sich etwas!
    »Ha, John!«
    Ich vernahm Alis Stimme, der mich aufmerksam machte, das brauchte er nicht.
    Es war auch für Leona und mich zu sehen.
    Die Wand veränderte sich. Plötzlich durchzuckte ein silbriggrünes Leuchten das Gemäuer, das sich wie ein Netz aus fingerdicken Spinnfäden ausbreitete und den Blick in das Innere der Steine freigab, so daß wir sehen und erkennen konnten.
    Es war schrecklich.
    Und selbst Leona, die einiges gewöhnt war, stöhnte auf, bevor sie die Hände vor ihr Gesicht preßte.
    Ich aber schaute hin, denn durch die Aktivierung meines Kreuzes hatte ich einiges in dieser fürchterlichen Welt verändert…
    ***
    Myxin, der kleine Magier, hatte zwischen zwei Möglichkeiten wählen können. Hätte er sich dem falschen Eisernen Engel gestellt, wäre er geköpft worden.
    Die zweite Möglichkeit sah nicht viel besser aus. Sich fallen zu lassen und damit einzutauchen in die Welt dieses Großen Alten, der auf den Namen Krol hörte.
    Myxin entschied sich für die zweite.
    Im freien Fall kippte er in die Tiefe, wo unter ihm der Krakenkopf und gewissermaßen das Zentrum lauerte.
    Er hörte noch ein gellendes Lachen, das der Engel ihm mit auf den Weg gab, dann fiel er nach unten.
    Es gab keinen Aufprall, nicht einmal einen kräftigen Stoß. Myxin hatte das Gefühl, mit beiden Beinen durch die Krakenmasse zu stoßen, die ihn an grünweißen Gelee erinnerte, in dem zwei schwarze Augen schwammen.
    Er jagte hinein.
    Plötzlich glaubte er, auf einer Rutschbahn zu sein. Die Masse schlug über ihm zusammen, er spürte den Druck und merkte plötzlich, daß seine Reise beendet war.
    Myxin befand sich im Krakenkörper!
    Wäre er ein Mensch gewesen, hätte er atmen müssen, und da dies nicht möglich war, wäre er erstickt. In diesem Fall jedoch kam es ihm zugute, daß er sich als Wesen aus der Ursprungszeit bezeichnen konnte, blieb in seiner Haltung und nahm die Eindrücke in sich auf, die ihn umgaben.
    Im Prinzip war es nichts.
    Nur diese unnatürliche Masse, die ihn zugleich an weiches Glas erinnerte, obwohl er keinen Durchblick besaß. Die Masse drückte von allen vier Seiten.
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