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0349 - Brücke der knöchernen Wächter

0349 - Brücke der knöchernen Wächter

Titel: 0349 - Brücke der knöchernen Wächter
Autoren: Jason Dark
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Gefühl, spürte in seinen Fingerspitzen ein gewisses Kribbeln, das bis hoch in seine Oberarme lief. Auch ein Zeichen seiner Nervosität, und er hatte Mühe, sich unter Kontrolle zu halten und nicht schneller zu gehen.
    Leila und er waren eingespielt. Sie blieb nicht mehr bei dem Mann, sondern ging nach rechts weg, so daß sich die beiden der alten Frau von zwei Seiten näherten.
    Seit ihrer ersten Entdeckung hatte sich die auf dem Boden hockende Person nicht gerührt, und sie bewegte sich auch nicht, als plötzlich dieses metallische Geräusch erklang. Leila hatte auf den Kontaktknopf gedrückt, so daß die lange Messerklinge aus dem versteckten Schaft unter dem Ärmel schießen konnte.
    Aldo war stehengeblieben und hatte die Arme ein wenig vom Körper abgedreht. Er wirkte in dieser Pose wie eingefroren. Sein schräger Blick traf die matte, schimmernde Klinge, und mit dem Nicken deutete er an, daß er einverstanden war. Anschließend gab er ein Zeichen, das auch Leila verstehen mußte.
    ***
    Sie formte die sinnlichen Lippen zu einem gehauchten Okay.
    Aldo wußte Bescheid, daß seine Begleiterin wie ein scharfer Wachhund im Hintergrund lauern würde. Sie waren beide eingespielt, und so näherte er sich ziemlich sorglos der Frau, die sich auch nicht rührte, als der Schatten des Mannes über sie fiel.
    Trotzdem hatte sie ihn gesehen. Als Aldo seinen rechten Arm ausstreckte, um die alte Frau zu berühren, vernahm er ihre leise, dennoch scharfe Stimme. »Laß es. Ich will nicht, daß einer wie du mich anfaßt.«
    Aldo begann zu kichern. »Weißt du denn, wer ich bin, Alte?«
    »Du gehörst nicht zu meinen Freunden!« erklärte sie.
    »Woher weißt du das?«
    »Die Wege meines Wissens sind verschlungen wie ein Labyrinth, aber sie führen stets zum Ziel, das solltest du dir merken, der du hier eingedrungen bist, um Geheimnisse zu erfahren, die dir nicht zustehen. Deshalb will ich, daß du gehst, und nimm das Weib auch mit, das sich in deiner Begleitung befindet. Ich mag sie nicht.«
    Wer mit Aldo so sprach, erreichte bei ihm genau das Gegenteil, denn der Mann drückte seinen Oberkörper zurück und ließ sich langsam nieder. Er nahm ebenso im Schneidersitz Platz wie die Frau, die jetzt ihren Kopf drehte und ihn anschaute.
    Das geheimnisvolle Licht aus der Wand fiel nicht nur auf Aldo, auch auf ihr Gesicht, und die Falten darin zeigten sich wie ein rotes eingegrabenes Muster.
    Der Mann erschrak für einen Moment, denn ein so altes Gesicht hatte er noch nie gesehen. Sehr schnell hatte er sich wieder in der Gewalt, und er sagte: »Ich will mit dir reden. Wie heißt du?«
    »Man nennt mich Aische.«
    »Ich kenne dich nicht.«
    Die alte Frau bewegte ihren Kopf. »Das ist auch gut, denn ich will mit dir ebenfalls nichts zu tun haben. Du bist nicht würdig, hier hereinzukommen.«
    »Nicht würdig genug? Für wen? Für die Wand, für die Große Mutter, für ihr Reich?«
    Aische zeigte nicht, ob die Worte des Mannes sie überrascht hatten. Sie hob nur die rechte Hand und deutete über die Schulter.
    »Flieh, wenn dir dein Leben lieb ist, obwohl du es nicht verdient hast, noch länger zu leben, aber ich warne dich, weil du ein Mensch bist. Ebenso wie ich.«
    »Was hat das damit zu tun?«
    »Vieles. Du bist ein Unreiner, und ich will nicht, daß Unreine in das Land ohne Grenzen gelangen.«
    »Man kann es durch die Wand betreten – oder?«
    »Ja, das kann man.«
    »Und dort lebt die Große Mutter?«
    »Ich weiß es nicht. Es leben viele da.«
    »Weshalb sitzt du dann hier?«
    »Um Menschen wie dich zu warnen.«
    Der gesamte Dialog war nur im Flüsterton geführt worden. Leila, die zugehört hatte, war es leid. »Mach doch endlich Schluß«, forderte sie. »Ich will mich nicht zum Narren halten lassen.«
    »Sie ist zu ungeduldig«, sagte Aische. »Und so etwas kann sehr gefährlich werden.«
    »Kommt drauf an. Aber sie hat recht. Ich will mich von dir nicht zum Narren machen lassen. Wir sind gekommen, um jemanden zu besuchen, denn er wollte uns führen.«
    »Ihr meint den Bai?«
    »Du kennst dich gut aus?«
    »Ja, auch ich wußte, daß er kommt.«
    »Woher?«
    »Ich kannte ihn noch als Lebenden, denn ich bin seine letzte Erbin. Fast einhundert Jahre habe ich warten müssen, nun ist der alte Fluch erfüllt worden. Der Bai von Tanger ist auferstanden. Er und seine Reiter sind wieder unterwegs…«
    »Du hast sie gesehen!«
    »Ja, ich sah sie genau, denn ich bin die letzte, die zu dem Bai gehört. Ich bin seine Enkelin, hast du
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