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0348 - Henker der Hölle

0348 - Henker der Hölle

Titel: 0348 - Henker der Hölle
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Vergangenheit reisen, um besagtem Urahn zu erschlagen. Und es gibt noch andere Möglichkeiten. Ich nehme deinen Zeitring, Zamorra, und mache jemanden solange betrunken, bis er nicht mehr weiß, was er tut. Infolgedessen verzichtet er darauf, eine Erfindung zu machen oder einen Sohn zu zeugen, der Erfinder ist – und eben dieser Zeitring wird nicht erfunden. Somit existiert er nicht, und ich kann nicht mit ihm in die Vergangenheit und jenen Burschen betrunken machen… da beißt sich doch der Hund selbst in den Schwanz.«
    »Trotzdem habe zumindest ich selbst zwei Zeitparadoxa miterlebt«, sagte Zamorra. »Das eine haben Merlin und ich einst gemeinsam ausgelöst, um ein Weltentor zu schließen, bevor die bereits eingedrungenen Dämonen es benutzen konnten – weil es keine andere Möglichkeit mehr gab, sie zu bekämpfen. Und das zweite entstand, als Bill und die Zeitlose mit ihren gleichzeitigen Experimenten kollidierten. Seitdem ist unser Freund Wang Lee Chan, Leibwächter des Höllenfürsten, nicht mehr unverwundbar.«
    »Dennoch versagt mein Druidenverstand. Ich kann es mir nicht vorstellen, wie das funktioniert. Es muß doch einfach alles durcheinandergewirbelt werden und…«
    »Ich glaube, die Zeit ist nichts absolut Starres«, versuchte Zamorra eine Erklärung. »Ich sehe es eher wie eine Art Netz. Wenn du dich in eine Masche einhakst, kannst du sie durch deine Kraftentfaltung aus ihrer Position zerren. Aber damit zerrst du nicht das gesamte Netz mit. Es bewegen sich nur die Fasern und Knoten in unmittelbarer Nähe. Je weiter man sich bei der Betrachtung entfernt, desto weniger Bewegung zeigen die anderen Maschen. Verstehst du?«
    »Hm«, machte Gryf wenig überzeugt.
    »Das bedeutet, daß ein Zeitparadoxon nur einen kleinen Teil des Zeitnetzes verändert. Das große Ganze bleibt weitgehend unberührt. Es muß da ›Schwingungstoleranzen‹ geben, die das allgemeine Chaos verhindern. Wenn du deinen Vorfahren umbringst, mag es passieren, daß sich Mütterchen Natur eine andere Entstehungskette sucht, aus der du schlußendlich hervorgegangen bist.«
    »Das ist doch ein Witz«, brummte Gryf. »Wo soll ich denn dann herkommen, he? Ich kann doch nicht von einem Vorfahren zum anderen geschleudert werden wie ein Ping-Pong-Ball…«
    »Du selbst nicht«, sagte Zamorra. »Ich gebe dir noch ein Beispiel. Dein Leben besteht aus Ja-und-nein-Entscheidungen, nicht wahr. In jeder Sekunde oder Zehntelsekunde oder Tausendstelsekunde findet eine solche Janein-Entscheidung statt. Du entscheidest zum Beispiel, daß du aufstehst. Daß du anschließend das Zimmer verläßt. Nun gehen wir davon aus, daß es aber auch die andere Möglichkeit gibt: Du bleibst sitzen. Oder du stehst zwar auf, verläßt aber nicht das Zimmer, sondern setzt dich wieder. Somit haben wir innerhalb zweier direkt aufeinanderfolgender Entscheidungen bereits drei verschiedene Möglichkeiten. Sagen wir mal, daß die Möglichkeiten nebeneinander existieren, Gryf. 24 Jede existiert für sich, weil jede hätte eintreffen können. Du selbst bewegst dich nun bewußt auf der Ebene mit der höchsten Wahrscheinlichkeit: Du stehst auf und verläßt das Zimmer. Dann gibt es da unabhängig noch die Ebene mit der zweithöchsten Wahrscheinlichkeit: du stehst auf und setzt dich wieder. Und es existiert die dritte Ebene: du bleibst sitzen. So spaltet sich das Universum in drei verschiedene Existenzebenen. Die mit der höchsten Wahrscheinlichkeit ist Realität. Lösche ich diese Ebene nun durch ein Zeitexperiment aus, rutscht die Ebene mit der zweithöchsten Wahrscheinlichkeit an ihre Stelle. Und so mag es unzählige Myriaden von Existenzebenen geben, die notfalls gegeneinander ausgetauscht werden können. Denn dein Leben besteht ja nicht nur aus diesen beiden Entscheidungen, sondern jede Sekunde ereignet sich etwas oder ereignet sich nicht, hätte sich aber ereignen können. Daher halte ich Zeitparadoxa durchaus für möglich. Nur kostet es eben gewaltige Kräfte, dieseWirklichkeitsebenen gegeneinander auszutauschen. Das haben Merlin und ich damals, und die Zeitlose und Bill vor kurzem, deutlich zu spüren bekommen.«
    »Aha«, machte Gryf. »Das klingt alles immer noch wahnsinnig kompliziert, aber einleuchtend. Ich nehme an, daß nicht nur ich in jeder Sekunde weitere Ebenen geringerer Wahrscheinlichkeit produzierte, sondern auch du und Nicole und Fenrir und Merlin und jedes lebende, denkende Wesen bis hin zur gemeinen Stubenfliege, die sich auf die Nasenspitze oder das
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