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0340 - Alvas Feuerkuß

0340 - Alvas Feuerkuß

Titel: 0340 - Alvas Feuerkuß
Autoren: Jason Dark
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Flüssigkeit im Kessel.
    Dünner Rauch drang über den Rand. Er sah aus wie feine Nebelschwaden und wehte gegen das Gesicht der Zauberfrau.
    Alva bewegte die Hände, verteilte den Rauch und begann plötzlich zu sprechen.
    Darüber erschrak der Schäfer, denn damit hatte er nicht gerechnet. Er wollte schon eine Antwort geben, bis er feststellte, daß nicht er gemeint war, sondern das Feuer im Kamin.
    Mit ihm hielt die Kräuterfrau Zwiesprache.
    »Flammen des Lebens, Flammen des Todes«, sagte sie mit krächzender Stimme. »Wallet und wehet. Gebt dem Sud das Leben und die Heilung. Seid gut zu den Menschen und den Tieren, die euch bewundern. Flammen des Lebens, heilt die Wunden der Gerechten und zerstört die, die nicht an euch glauben wollen.«
    Bei den letzten Worten hatte sie den rechten Arm gehoben und streckte die Hand über den Kessel. Dann drehte sie sich herum, so daß das, was sich in ihrer Handfläche befunden hatte, in den Topf mit der brodelnden Masse rieseln konnte.
    Es fiel wie eine lange Fahne, berührte den kochenden Brei und brachte ihn zum Zischen.
    Weißer Dampf wölkte aus dem Kessel, der wenig später seine Farbe veränderte und grünlich wurde.
    Gilmoore war es mehr als unheimlich zumute. Natürlich kannte er die Geschichten, die man sich über Alva erzählte, er hatte sie zum Teil geglaubt, doch nun erlebte er sie am eigenen Leibe, und ein kalter Schauer rann über seinen Rücken.
    Wäre die Wunde nicht so tief gewesen, hätte er den nächsten Arzt besuchen können, aber er brauchte die Behandlung und hatte sich deshalb an die Zauberfrau gewandt.
    »Es ist gleich fertig, mein Söhnchen«, sagte die Frau und drehte sich in ihrer gebückten Haltung zu ihrem Patienten um.
    Gilmoore war von dem Anblick geschockt. Alva sah tatsächlich aus wie eine Hexe. Er kannte sie ja schon, doch jetzt, wo der Widerschein des Feuers ihr Gesicht in eine rötliche Glut tauchte, wirkte die noch schauriger.
    Ihr Kopf war unnatürlich klein. Dabei wirkte das Gesicht wegen der langen, aschgrauen Haare, die ihr bis auf den Rücken wuchsen noch schmaler. Eine sehr spitze Nase stach unter der hohen Faltenstirn hervor. Der schmallippige Mund war breit. Wie ein spitzer Stein sprang das Kinn hervor. Es war ebenso mager und knochig wie der übrige Körper der Zauberfrau. Sie hatte ihn in ein blaugraues Gewand gehüllt, das bis zum Boden reichte. Klein und schmal wirkten ihre Augen, und aus den weiten Öffnungen der Ärmel schauten die Hände wie Krallen hervor.
    Im Widerschein der tanzenden Flammen veränderte sich der Gesichtsausdruck von Sekunde zu Sekunde. Manchmal sah die Haut aus wie eine mit dünnem Blut übergossene Maske, ansonsten, wenn sie das Gesicht vom Feuer wegdrehte, fielen düstere Schatten auf ihr Gesicht.
    Alva nickte heftig. Gilmoore befürchtete, daß der Kopf abfallen könnte, so hektisch wurde er bewegt.
    »Es ist bald soweit«, flüsterte die Zauberfrau. »Du brauchst nicht mehr lange zu warten, Söhnchen. Der Sud wird dich gesundmachen. Verlaß dich drauf.«
    »Ich hoffe«, quetschte der Schäfer hervor, denn die Schmerzen waren schlimmer geworden.
    »Keine Bange, Söhnchen. Was ich in die Hand nehme, das klappt. Man nennt mich nicht umsonst die Zauberfrau.« Sie trat einen Schritt vor und stand im Halbdunkeln. In der Nähe befand sich eine Petroleumlampe. Auf einem alten Holztisch hatte sie ihren Platz.
    Mit einem Kienspan zündete die Frau die Lampe an und stülpte den Glaszylinder darüber. »Was ich dich noch fragen wollte, Söhnchen, hast du eigentlich Angst vor dem Teufel?«
    Gilmoore wurde von dieser Frage so sehr überrascht, daß es ihm die Sprache verschlug. »Wovor?« meinte er nach einer Weile.
    »Vor dem Teufel.« Die Zauberfrau gab die Antwort kichernd, während sie an das Lager trat und die kleine Lampe nahe dem Kopfende auf einen Holzbock stellte.
    »Wie meinst du das?«
    »Es gibt den Teufel!« flüsterte die Alte. »Es gibt ihn ganz gewiß. Ich habe ihn schon gesehen, und du darfst keine Angst vor ihm haben, denn er wird dir helfen, dich zu heilen.«
    »Hör auf!«
    Mit ihrer knochigen Hand winkte sie ab. »Ich merke schon, du willst mir nicht glauben. In der Medizin, die ich dir gebraut habe, befindet sich Teufelskraut, und es heilt am besten, mußt du wissen. Deshalb darfst du keine Angst vor dem Gehörnten haben.« Sie rieb sich die Hände. Es raschelte, als würde jemand Papier zusammenknüllen. Dann wechselte sie wieder das Thema. »Ich schaue mal nach. Der Sud muß gleich gar sein.
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