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034 - Die toten Augen

034 - Die toten Augen

Titel: 034 - Die toten Augen
Autoren: Marc Agapit
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Richtung auf den Verwalter. Aber er drückte nicht ab, sondern richtete die Waffe plötzlich auf sich selbst und drückte ab. Er fiel nach vorne. Sofort begann der Verwalter in den Taschen des Toten zu suchen. Er holte einen Schlüsselbund hervor, mit dessen Hilfe er die Handschellen des jungen Mannes öffnete und ihm die Kette vom Fuß abnahm. Er hob den jungen Mann auf, legte ihn auf das Bett, horchte an seiner Brust, tastete ihn ab und verließ dann die Zelle.
    Er stieß mit mir zusammen, denn ich stand immer noch wie versteinert auf einem Fleck.
    „Ach, Sie sind auch da?“ fragte er mich seltsam ruhig. „Gut, dann habe ich einen Zeugen. Warten Sie hier auf mich. Ich muß meinen Arztkoffer holen. Fred ist nur ohnmächtig.“
    Damit rannte er, die Laterne in der Hand, davon. Ich blieb bei den drei reglosen Gestalten, die vom Licht der anderen Lampe gespensterhaft beleuchtet wurden. Grauen erfüllte mich. Ich hatte Angst vor den beiden Leichen und dem jungen Mann, der auch wie tot dalag. Ich hatte Angst vor allem, was kommen würde, und die Grabesstille, die in diesem Schreckensgewölbe herrschte, legte sich mit bleierner Schwere auf mich.
    Die Stille wurde durch Schritte zerrissen, die sich näherten. Erschrocken fuhr ich herum.
    Es war Jane, die plötzlich auftauchte und mir einen kurzen Blick zuwarf. Sie sah sich in der Zelle um. Dann ging sie wortlos wieder hinaus.
    Nach wenigen Minuten kam Matthew mit seinem schwarzen Koffer zurück. Er behandelte den jungen Mann, der nach kurzer Zeit wieder zu sich kam und unverständliche Laute von sich gab. Der Verwalter gab ihm eine Spritze, und bald darauf war Frederick eingeschlafen. Matthew wandte sich zu mir.
    „Fred ist verrückt geworden. Meine Frau hat das Schloß verlassen und wird nie mehr zurückkommen. Und wir beide werden uns nun vor Gericht begeben.“
    Er nahm mich mit nach oben in sein Zimmer und gab mir zur Stärkung ein Glas Likör. Und dann erzählte er mir die verrückte Geschichte eines betrogenen Ehemannes und seiner unmenschlichen Rache. Der Rache eines Mannes, der aus Eifersucht und Haß verrückt geworden war. Der die beiden Schuldigen über ein Jahr lang eingekerkert, sie erst mit Drohungen und dann wirklich gequält hatte; der seiner Frau das Augenlicht raubte und dann hoffte, sie würde verrückt werden und seinen Sohn eigenhändig vor seinen Augen töten. Dann hatte er geplant, die beiden Leichen im Garten zu vergraben und aus England zu fliehen, als sei nichts geschehen. Seine beiden Angestellten und sein angeblicher Sohn sollten ihn dabei begleiten.
    Das war der Traum dieses gefährlichen Irren, der immer noch eiskalt planen konnte. Und dieser Traum wäre verwirklicht worden, hätte der verzweifelte Verwalter nicht die Gräfin getötet.
    „Ich mußte es tun“, erklärte er mir. „Sie war unheilbar krank, es ist besser, wenn sie nicht mehr lebt. Das werde ich den Richtern zu erklären versuchen.“ Er seufzte tief. „Oh, ich mache mir keine Illusionen. Man wird mich sicher hängen, allein deshalb, weil ich über ein Jahr lang Mitwisser des Grafen war, den ich nicht verraten habe, weil meine Frau es verhinderte. Aber Sie …“
    Ich? Nun, mein Fall war ja nicht schwierig.
    „Ich bin bereit, die Verantwortung für das, was ich getan habe, zu übernehmen und mich zu verteidigen“, gab ich entschlossen zurück.
    „Ich werde Sie verteidigen und zu entlasten versuchen“, versprach Matthew, „denn ich habe den Eindruck, daß Sie ein anständiger Mensch sind. Sagen Sie nur die Wahrheit, beschönigen Sie nichts, dann wird man Sie bestimmt freisprechen.“
    In aller Frühe weckten wir den Bürgermeister des benachbarten Dorfes. In den folgenden Stunden wurde das Schloß von Polizisten und Justizbeamten bevölkert. Ich sehe alles heute noch vor mir: endlose Verhöre, während mir vor Müdigkeit fast die Augen zufielen.
    Man nahm mich dann nach London mit, wo ich noch in unzähligen Büros verhört wurde, bis ich nicht mehr konnte. Dann sperrte man mich in eine Zelle, und am nächsten Morgen kam ein Herr zu mir, der Notizen machte und jeden Tag wieder bei mir erschien.
    Und dann wurde ich endlich nach einigen Tagen vor ein Gericht Ihrer königlichen Majestät gestellt.
     

     

Ich erwartete, daß man mir mit viel Aufwand den Prozeß machte und mich verurteilte. Ich wußte, daß die Gerichte in England strenger waren als bei uns in Frankreich. Ich hatte große Angst, denn Jane blieb unauffindbar, und Matt, der zu meinen Gunsten ausgesagt
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