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034 - Die toten Augen

034 - Die toten Augen

Titel: 034 - Die toten Augen
Autoren: Marc Agapit
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als die Frau des Bankiers mir das sagte. Mein Unbehagen steigerte sich, als die Frau mich auszufragen begann. Sie wollte wissen, wie alt ich sei und vieles andere mehr. Während des Gesprächs glaubte ich ein gewisses Mißtrauen und Erstaunen wahrzunehmen. Sie machte den Eindruck, als irritierte sie etwas an meinem Aussehen. Und immer wieder sah sie meine Augen an.
    Ich fühlte mich gar nicht wohl in meiner Haut. Wenn sie mich gesehen hatte, als ich fünf Jahre alt war, also vor meiner Abreise nach Frankreich, wußte sie sicher, daß ich damals dunkle Augen und braunes Haar gehabt hatte. So hatte ich damals den kleinen Fred kennengelernt, als Tante Claire uns besuchte.
    Und ich hatte nun grüne Augen und blondes Haar. Ich befürchtete dauernd, daß sie irgend etwas dazu bemerken würde. Aber sie wagte es sicher nicht, ihre Verwunderung auszudrücken, aus Angst sich zu täuschen oder neugierig zu wirken. Dafür fragte sie mich eine Menge Dinge, mit denen sie der Sache näherzukommen versuchte.
    Ich bemühte mich trotzdem, ein lächelndes Gesicht aufzusetzen und nicht nervös zu wirken, obwohl ich es innerlich war. Ich atmete erleichtert auf, als der Graf vorschlug, die Kranke zu besuchen. Er mußte sich ebenso unbehaglich fühlen wie ich.
    Der Bankier und seine Frau kannten die Gräfin nicht. Ich ging nicht mit ins Krankenzimmer. Denn ich verspürte das dringende Bedürfnis, nach dieser Aufregung etwas allein zu sein. Matthew, der Verwalter, hatte die Besucher an der Tür empfangen. Er war es auch, der uns den Tee im Salon servierte. Jane glänzte durch Abwesenheit. Das bestärkte mich natürlich in der Vermutung, daß sie die Rolle der leidenden Gräfin spielte und in dem verdunkelten Zimmer lag, wenn die Gäste sie begrüßten.
    Wenn die Frau des Bankiers wirklich einen gewissen Verdacht hegte, so wurde dieser sicher durch die merkwürdige Szenerie verstärkt. Zu gerne hätte ich ihre Gedanken gelesen. Aber ihr Verdacht mochte nur sehr vage sein. Wenn sie zu Hause war, würde sie wahrscheinlich bald alles vergessen haben. Denn allzusehr konnte dieses Problem eine Fremde wohl doch nicht beschäftigen.
    Als der Graf seine Gäste hinausgeleitet hatte, kam er in den Salon zurück, wo ich sitzen geblieben war.
    Ich brachte das Gespräch sofort auf die Frau des Bankiers und sagte ihm, daß ich befürchte, sie könnte durch ihre Verdächtigungen eine Lawine von Gerüchten ins Rollen bringen.
    „Das ist ganz gleichgültig“, antwortete er. „Im übrigen erwarte ich sonst keine Gäste mehr, und wir verlassen das Schloß sehr bald.“
    Diese Neuigkeit beruhigte mich etwas. Ich konnte es kaum mehr erwarten, von hier fortzukommen. Allerdings bedauerte ich es, daß ich nun keine Gelegenheit mehr haben würde, dem Geheimnis auf die Spur zu kommen.
    Mein Bedauern war müßig. Denn bereits am nächsten Tag geschah etwas, das alles in Frage stellte und eine ganze Reihe von Ereignissen ins Rollen brachte.
    Alles, was man mir verheimlicht hatte, trat nun zutage. Ich bekam die Erklärung für das düstere Geheimnis, dessen Bestehen ich geahnt hatte. Dieses Geheimnis war in den Kellergewölben des unseligen Schlosses verborgen wie ein gefährliches Ungeheuer, das man eingesperrt hatte.
    Mein eigenes Leben sollte in Gefahr geraten, und um ein Haar wäre ich umgekommen. Ja, ich kam später sogar ins Gefängnis, wurde verurteilt wie ein Schuldiger, als der Skandal bekannt wurde, der ganz England erschütterte.
     

     

An jenem Morgen frühstückte ich auf meinem Zimmer. Dann ging ich in die Bibliothek, um ein Buch zurückzubringen und mir neue Lektüre zu besorgen.
    Als ich die Tür zur Bibliothek öffnete, sah ich den Grafen. Er hielt einen metallisch glänzenden Gegenstand in der Hand. Dieser Gegenstand sah aus wie ein Paar Handschellen. Als der Graf mich erblickte, ließ er die Handschellen rasch in der Tasche seines Hausmantels verschwinden, als habe er etwas vor mir zu verbergen. Das machte mich stutzig.
    „Entschuldigen Sie“, sagte ich rasch, weil ich glaubte, ihn zu stören. Ich wandte mich wieder zur Tür, um ihn allein zu lassen.
    „Kommen Sie nur herein, Fred“, sagte er zu mir. „Ich muß mit Ihnen sprechen.“
    Ich trat auf ihn zu, und er bat mich Platz zu nehmen.
    „Wie Sie wissen, wollte ich bald abreisen“, begann er. „Ich habe vor, das Schloß noch heute nacht zu verlassen. Wir fahren mit dem Wagen an die See und besteigen in Dover das Schiff nach Frankreich. ‚Wir’, das sind Sie, ich, Matt und
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