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0339 - Walpurgisnacht

0339 - Walpurgisnacht

Titel: 0339 - Walpurgisnacht
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Hoffach mit überlegenem Lächeln. Er reagierte nicht. Sie hatte gehofft, ihn allein dadurch irritieren zu können. Aber es gelang ihr nicht.
    Er spielte mit überlegener Gelassenheit, obgleich die Spielmarkensäulen vor ihm recht niedrig waren. Den neuerlichen Verlust quittierte er mit einem müden Lächeln und setzte erneut.
    Irena hatte ihre Marken ebenfalls verloren. Beim nächsten Spiel konzentrierte sie sich auf die Kugel. Sie fühlte die Kraft in sich erbeben. Eine der drei Zahlen, auf die sie ihre Marken verteilt hatte, kam. Aber der Gewinn war niedrig. Sie hatte gerade nur ihre Verluste wieder hereinholen können.
    Erwin Hoffach warf ihr einen vernichtenden Blick zu. Frauen gehören nicht an den Spieltisch, schien er sagen zu wollen.
    Er hielt überhaupt nicht viel von Frauen. Vor allem nicht, wenn sie in leitenden Positionen tätig waren.
    Irena Vahlberg war stellvertretende Geschäftsführerin der Filiale eines großen Kaufhauskonzerns. Als der Geschäftsführer pensioniert wurde, hatte sie gehofft, aufrücken zu können. Aber obgleich der alte Mann sie ob ihres Könnens favorisiert hatte, hatte die Konzernzentrale einen Jungmanager aus Frankfurt geholt. Der sollte vorher, wie es hieß, beim Möbius-Konzern tätig gewesen sein und nach Höherem streben.
    So wurde Erwin Hoffach Geschäftsführer der Filiale in Clausthal-Zellerfeld.
    Irena begriff das nicht. Der Mann war betriebsfremd und mußte sich erst einarbeiten. Er kam aus Frankfurt und verkroch sich in diesem Provinznest im Harz! Und er mußte über unheimlich viel Geld verfügen, daß er es eigentlich gar nicht nötig hatte, zu arbeiten und ihr, Irena, den Chefposten vor der Nase wegzuschnappen!
    Das allein war schon ein Grund, ihn nicht zu mögen.
    Der andere Grund war sein Benehmen, sein Auftreten. Er konnte alles besser, er wußte alles besser, er fühlte sich in jeder Hinsicht überlegen.
    Frauen in gehobenen Positionen waren ihm ein Greuel. Das ließ er seine Stellvertreterin jederzeit deutlich spüren. Er überging sie in geschäftlichen Dingen, er brüskierte sie ständig. Für ihn war sie noch weniger als eine Sekretärin, und er schien es maßlos zu bedauern, daß er ihr keine Kündigung schreiben konnte.
    Er, der an dem Schreibtisch saß, der eigentlich ihr zugestanden hätte…
    Sie wußte, daß es keinen Sinn hatte, Beschwerden an die Konzernleitung zu schreiben. Denn sie mußte gestehen, daß er seine Arbeit hervorragend machte. Er sprühte vor Ideen, er plante und organisierte, und er konnte bereits jetzt, nach nicht ganz zwei Monaten, Erfolge vorweisen, die sein Vorgänger niemals gebracht hätte. Immerhin – er kehrte nicht nur mit eisernem, sondern mit edelstählernem Besen. Er schnitt traditionelle Zöpfe ab, wo immer er konnte. Und er brachte die Kaufhausfiliale auf Vordermann.
    Trotzdem war sie nicht gewillt, mit ihm zusammenzuarbeiten. Sie haßte ihn.
    Sie hätte selbst kündigen können.
    Aber es war schwer, es war im Grunde unmöglich, anderswo eine gleichwertige Stellung zu finden. Sie war inzwischen über dreißig und auch mit der Heimatscholle recht fest verwurzelt. Sie wollte nicht von hier weg.
    Also mußte Hoffach verschwinden.
    Und sie wußte mittlerweile, wie.
    Noch zwei Tage…
    Am Donnerstag, dem 30. April, würde die Welt ihn zum letzten Mal lebend sehen.
    Irena ließ einen Teil der geradezu überschäumenden Kraft in einige der Jetons fließen. Lautlos bewegten sich ihre Lippen. Kaum jemand sah es, und niemand konnte die Zauberworte hören, die sie unhörbar formulierte.
    Wieder setzte sie.
    Hoffach gewann. Auch die magisch präparierten Jetons wurden zu ihm hinüber geschoben. Er grinste Irena an. »Wenn man kein Glück hat, sollte man die Finger vom Spiel lassen«, sagte er leise und spöttisch.
    Warte nur ab, dachte sie erbost.
    Wie sie ihn haßte! Schmerzten ihn nicht die Flammendolche in ihren Augen?
    Jetzt – berührte er die präparierten Jetons.
    Nichts geschah. Aber die Berührung reichte bereits. Die Wirkung würde sich später zeigen. Irena war zufrieden.
    Beim nächsten Mal gewann sie wieder. Und Hoffach verlor. Er hatte hoch gesetzt, um noch höher zu gewinnen – um ihr zu imponieren, seine Überlegenheit zur Schau zu stellen. Überlegenheit selbst im Glücksspiel, am Roulettetisch. Vor Irena türmten sich die Spielmarken.
    Hoffach winkte einem der Angestellten und schrieb einen Scheck aus.
    »Besorgen Sie mir neue Marken«, verlangte er.
    Irena hatte die Summe auf dem Scheck gesehen. Eine Zahl mit
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