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0328 - Wir legten einen Köder aus

0328 - Wir legten einen Köder aus

Titel: 0328 - Wir legten einen Köder aus
Autoren: Wir legten einen Köder aus
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es auf meine hochgerissene Kniescheibe.
    Er schrie auf und ließ die Pistole fallen.
    Ich ließ ihn los, riss ein Paar Handschellen aus der linken Jackentasche und hakte ihm eine Zwinge auf den rechten Unterarm, während der Kerl noch halb blind herumtaumelte. Innerhalb von wenigen Sekunden war alles vorbei. Es hatte keine Verletzten gegeben. Niemand hatte einen Kratzer abbekommen. Nur ein uniformierter Polizist war an einem Nagel hängen geblieben und hatte sich ein Loch in den Hosenboden gerissen.
    »Na also!«, hüstelte ich, denn das Tränengas hatte auch meinen Hals ein bisschen angegriffen. »Da ist Faulberg. Ah, Mr. Carmichael! Beißt, das Zeug, was? Wo - ach so, ja, da steht Schurz. Und…«
    Ich sprach nicht weiter. Ich sah mich um. Dann presste ich mir das Taschentuch vor den Mund und stürzte auf die eingerissene Mauer zu, hinter der sie sich verschanzt gehabt hatten. Mit schussbereiter Pistole in der Hand wagte ich mich in das Versteck. Das Gas biss und brannte mir in den Augen. Aber ich sah, dass Thomas Jackson nicht mehr hinter der Mauer lag. Er war verschwunden.
    ***
    »Es ist spät, Bill«, sagte Ruth Rutherford leise, »es ist bestimmt schon eins oder noch später.«
    »Himmel, ja«, brummte Bill Morich. »Von mir aus kann es sonst was sein.«
    »Es war ein wunderschöner Abend«, murmelte Ruth mit geschlossenen Augen. »Ich glaube, es war der schönste Abend meines Lebens. Außerdem habe ich einen ganz herrlichen Schwips.«
    Morich lachte. Er hatte eine tiefe Stimme und wäre vielleicht ein guter Bariton geworden, wenn er eine Möglichkeit gehabt hätte, seine Stimme auszubilden.
    »Warum lässt du mich eigentlich immer vor der Haustür stehen?«, brummte er wütend.
    »Liebling, vergiss nicht, dass ich eine kleine Schwester habe und dass ich für sie verantwortlich bin. Sie schläft um diese Zeit schon, und ich kann sie nicht wecken, nur, weil du bei mir noch eine Tasse Kaffee trinken willst. Und jetzt sei schön brav und vernünftig und fahr nach Hause. Wir müssen beide morgen arbeiten, denn du hast dir keinen Millionär zum Vater ausgesucht.«
    »Stimmt auffallend, kleines Mädchen. Also schlaf gut. Wie lange brauchst du, bis du im Bett liegst?«
    »Keine zehn Minuten.«
    »Okay, ich rufe dich genau in zehn Minuten an, damit du von mir träumst.«
    »Du bist der Beste. Gute Nacht.«
    »Okay, Schatz. In zehn Minuten!«
    Bill Morich sprang leichtfüßig die vier Stufen hinab und lief zu seinem Wagen. Er winkte dem Mädchen noch einmal zu.
    Sie stand in der offenen Haustür.
    Die Flut ihres goldblonden Haares schimmerte. Morich holte tief Luft.
    Es hätte nicht viel gefehlt, und er hätte seine Überraschung heute nicht mehr für sich behalten können.
    Ein Glück, dass es ihm doch noch gelungen war.
    Sie würde Augen machen, wenn er statt des griesgrämigen Macintosh morgen ihre Kontrolle entgegennahm.
    Vergnügt vor sich hin pfeifend setzte er den alten, klapprigen Ford in Gang und kutschierte mit dem unvermeidlichen Getöse eines Autoveteranen die 86th Street hinunter auf den Central Park zu.
    Bis zu seiner Wohnung in der 81th Street, nahe der Fifth Avenue, brauchte er nicht ganz sieben Minuten.
    Er ließ den Wagen im Lichtkreis einer Laterne stehen, eilte die Treppe empor und gab sich nicht die geringste Mühe, leise zu sein. Mochte die alte Milnar schimpfen. Die längste Zeit hatte er bei dieser neugierigen Hexe gewohnt. Höchstens noch bis zum Herbst, aber keinen Tag länger. Es müsste doch mit dem Teufel zugehen, wenn er Ruth nicht davon überzeugen könnte, dass sie heiraten sollten.
    Er warf seinen Hut aufs Bett, fegte ihn sofort wieder herunter und streckte sich selbst darauf aus, ohne die Schuhe auszuziehen.
    Die alte Milnar würde ohnmächtig, dachte er, wenn sie das sähe!
    Er stellte sich das Telefon auf den Bauch, wählte die Nummer und wartete.
    Schon nach dem ersten Klingeln war sie am Apparat.
    Sicher hatte sie neben dem Telefon gesessen und auf seinen Anruf gewartet.
    »Hallo, Schatz«, sagte er.
    »Hallo, Liebling!«
    Ihre Stimme klang weich, zärtlich und träumerisch.
    »Was tust du?«, fragte er.
    »Ich liege auf dem Bett. Nicht einmal die Schuhe habe ich ausgezogen. Und das Telefon steht auf meinem Bauch.«
    »Großartig.« Bill grinste verliebt. »Wir sind wie siamesische Zwillinge. Ich liege auch auf dem Bett, ich habe meine Schuhe auch nicht ausgezogen, und das Telefon steht auf meinem Bauch.«
    »Du schwindelst.«
    »Großes Ehrenwort!«
    »Ach Bill«, seufzte sie.
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