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0327 - Wer die Blutfrau lockt

0327 - Wer die Blutfrau lockt

Titel: 0327 - Wer die Blutfrau lockt
Autoren: Rolf Michael
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Zamorra, ich habe es nicht geglaubt. Aber jetzt sehe ich es mit eigenen Augen. Sie weichen vor den Kreuzen zurück. Einen von ihnen habe ich genau erkannt. Es ist Michael Prince, der seit einigen Tagen vermißt wird und dessen Fahndungsbild ich genau kenne. Die Beamten haben die lebenden Toten mit ihren Kreuzen in einer Ecke zusammengetrieben und halten sie in Schach. Andere Kollegen öffnen die noch vorhandenen Säcke und ich denke, wir werden sehr viele Akten schließen können. Aber diese Männer zeigen Spuren von Leben, Sie schlafen wie narkotisiert.«
    »Ich danke für die Information, Inspektor!« gab Professor Zamorra zurück, während Detektive Brown den Wagen mit schriller Sirene und rotierendem Blaulicht in atemberaubender Geschwindigkeit durch die Straßen von London jagte. In halsbrecherischem Tempo ging es die Cannon Street in östlicher Richtung. Genau auf den Tower zu. Denn dort mußte Marenia sich jetzt befinden, wenn sie nicht die Vampir-Fähigkeit hatte, sich in eine Fledermaus oder einen Wolf zu verwandeln. Aber Marenia war kein Vampir, wie sie Zamorra bisher bekämpft hatte. Sie war anders - das war schon daran zu erkennen, daß sie offensichtlich zu jeder Zeit fließendes Wasser überqueren konnte und so von einer Seite der Themse zur anderen wechselte.
    »Welche Anweisungen haben Sie für mich, Zamorra?« wollte der Inspektor wissen. »Soll ich Holzpfähle beschaffen lassen?«
    »Nein!« befahl der Meister des Übersinnlichen. »Halten Sie die Vampire mit den Kreuzen in Schach und warten Sie ab, was geschieht. Ich melde mich wieder bei Ihnen!« Damit schaltete Professor Zamorra ab.
    »Ich bin fertig, Chef!« meldete sich Nicole Duval neben ihm. Trotz der unruhigen Fahrt hatte sie eine Armbrust mit Stahlbügel zusammengebaut. Aus einem Fach des Koffers zog sie einen Bolzen ohne Spitze. Ockergelbes unpoliertes Eichenholz war das Material. Das Geschoß war spitz wie eine Nadel. Und eine Armbrust hatte schon im Mittelalter mit ihren Bolzen die eisernen Rüstungen der Ritter durchlöchert.
    Der Eichenpfahl, mit dem man einen Vampir unschädlich machte, wenn man ihn durch das Herz trieb. Nichts konnte Marenia davor bewahren. Doch Zamorra wollte versuchen, dem Teufel ihre Seele abzunehmen, die der Böse schon in seinen Klauen hatte. Mit Nicole hatte er einen genauen Plan entwickelt, was zu tun sei.
    Dieses Duell mit dem Bösen war ungewöhnlich, weil der wahre Schuldige an dieser Verkettung der Umstände eine Kraft war, die nicht aktiv ins Geschehen eingriff. Kein Dämon erschien, um mit Professor Zamorra zu kämpfen. Kein Teufel würde aufsteigen, um Marenias Seele zu fangen, wenn sie aus dem Körper entwich. Die Hölle wußte ganz genau, daß sie ein Anrecht hatte. Man brauchte nur zu warten, bis Marenia mit dem Holzpfahl unschädlich gemacht wurde oder der Jüngste Tag herankam.
    Professor Zamorra wußte diese Dinge, wie er sie ahnte. Das Amulett ließ ihn manche Dinge begreifen - auch die - von denen er nicht gehört hatte. Er hatte Marenias Bild im Kristall gesehen und dabei die Charakteristik erkannt - soweit man bei einem untoten Wesen von Charakteristik reden kann.
    Aber ein Vampir ist kein Zombie, der wandelnde Tote, der nur seinem Auftrag folgt und wieder in Totenschlaf sinkt, wenn der Befehl erledigt ist, um sich erst beim Ruf seines Meisters neu zu erheben.
    »Anhalten!« befahl Professor Zamorra, als sie durch die Straßenschlucht die majestätische Silhouette des Tower of London sahen. Detective Brown trat auf die Bremse, der Wagen rutschte etwas über das Pflaster und stand.
    »Ihre Anweisungen?« fragte der Polizeibeamte kurz.
    »Sie bleiben hier und versuchen, den Leuten den Weg zu versperren, die um diese Zeit hier einen Mondscheinspaziergang machen wollen. Rufen Sie sich über Funk Streifenbeamte herbei, die hier in der Gegend sind. Das ist alles!«
    »Aber ich möchte Ihnen helfen… !« preßte Brown hervor.
    »Sie können uns nicht helfen. Nicht jetzt!« sagte Nicole Duval. »Was hier geschieht, das übersteigt das Fassungsvermögen der Menschen!« Damit nahm sie die Armbrust mit dem Eichenbolzen, winkte Zamorra kurz zu und lief hinüber zum Middle-Tower, wo sich am Tage die Touristenschlangen in den alten Gebäudekomplex schlängelte, Professor Zamorra wußte, daß sie im Schatten der Bäume, die an der Themseseite des Tower in der Grünanlage gepflanzt waren, seinem Weg folgte.
    Marenia mußte von Zamorra dazu gebracht werden, ihre bösen Taten zu bereuen. Wenn sie in diesem
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