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032 - Das Monster aus der Retorte

032 - Das Monster aus der Retorte

Titel: 032 - Das Monster aus der Retorte
Autoren: Larry Brent
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Ihre Hände in
die Höhe“, sagte er scharf, ohne den Gegner aus den Augen zu lassen. „Ich
glaube, das Blatt hat sich gewendet. Wir sollten uns irgendwo gemütlich
zusammensetzen und ein wenig plaudern. Ich habe das dumpfe Gefühl, daß wir uns
eine ganze Menge zu erzählen haben. Und der Hauptredner dabei werden wohl Sie sein.“ Mit der einen Hand die Pistole haltend, zog er mit der anderen die
Taschenlampe heraus, die er immer bei sich trug.
    Er schaltete sie ein und ließ den hellen, schmalen
Lichtstrahl über die Gestalt gleiten, die benommen vor ihm stand.
    Er starrte in ein abgekämpftes und haßerfülltes
Gesicht. Der Mann war mindestens fünfundvierzig Jahre alt. Zahlreiche Pocken-
und Operationsnarben verunstalteten sein Gesicht. Das linke Auge fehlte. Eine
dünne, pulsierende und feuchte Hautschicht bedeckte die tiefliegende Augenhöhle
und hatte sie überwachsen; im Licht der Taschenlampe zeigten sich die
zahlreichen Verästelungen der winzigen Blutgefäße, die diese Hautschicht mit
Nahrung versorgten. Doch Tanizaki war nicht der Typ, der sich durch
Äußerlichkeiten beeinflussen ließ. Für ihn zählte der Mensch, egal, wie er
aussah. Es kam darauf an, wie er lebte, was er aus diesem Dasein machte,
welchen Charakter er hatte... Aber in diesem Fall, so schien es dem drahtigen
japanischen Beamten, deckte sich das äußere Bild offenbar mit dem der Seele.
„Sie gehen jetzt voran“, sagte Tanizaki scharf, und es gelang ihm hervorragend,
die Schwäche zu vertuschen, die ihn quälte und in seiner Bewegungsfähigkeit
beeinträchtigte. Er mußte auf dem schnellsten Weg etwas tun und die stark
blutende Wunde verbinden. Das Blut lief seinen Arm entlang und tropfte über den
Handrücken. Er mußte die Wunde abbinden, sobald sich Gelegenheit dazu bot. Aber
diese Gelegenheit hatte er noch nicht. Der andere stand auf der Lauer und
wartete nur auf einen unbedachten Augenblick, auf die geringste Nachlässigkeit.
    Tanizaki schluckte. „ Los, gehen Sie ! Führen
Sie mich zu Yondo! – Haben Sie vorhin geschrien?“ fügte er unbeabsichtigt
hinzu. „Nein.“
    „Wer ist sonst noch in diesem Haus untergebracht? Was
wissen Sie darüber?“ „Ich habe keinen Grund, Ihnen Rede und Antwort zu stehen.
Sie sind in dieses Haus eingedrungen! Ich werde Sie anzeigen!“ Tanizaki nickte.
„Etwas Besseres könnten Sie gar nicht tun, dann wird Sie mein Kollege vom 7.
Revier gleich weiterverhören. Sie sind dort zumindest genauso neugierig und
wißbegierig wie ich.“ „Sie kommen von der Polizei?“ klang die überraschte
Frage. „Ich dachte, Sie gehörten zu denen ?“
    „Die beiden Burschen habe ich verfolgt, das ist alles.
Und dabei bin ich auf eine interessante Spur gestoßen. Dieses
geheimnisumwitterte Haus steckt voller Rätsel, so scheint es mir. Man hat das
abseits gelegene Gebäude offenbar unterschätzt.“ Der andere nickte. „In
Ordnung, ich führe Sie zu Yondo.“ Seine Stimme klang rauh. Die Nerven hinter
der leeren Augenhöhle zuckten, und Tanizaki verspürte ein merkwürdiges Gefühl
im Magen.
    Es kam ihm so vor, als könne man die dünne Haut mit
dem Finger durchstoßen und direkt in das Hirn des seltsamen Mannes greifen.
    Der Einäugige ging langsam vor ihm her. Tanizaki hielt
sowohl die Waffe als auch die Taschenlampe auf den Vordermann gerichtet, um
gegen jede Eventualität gewappnet zu sein. „Es wäre vielleicht besser gewesen,
Sie wären nicht hierhergekommen“, sagte der Einäugige mit leiser Stimme. Der
Unterton der Drohung war nicht zu überhören. „Sie werden den Wunsch haben, niemals hierhergekommen zu sein! Gehen Sie, solange noch Zeit ist! Ich zeige Ihnen
den Ausgang. Vergessen Sie, was Sie gehört und gesehen haben!“ „Was wurde aus
den beiden Männern, die das Geld versteckt haben?“ Tanizaki ging gar nicht auf die Bemerkung ein, die der andere geäußert hatte.
„Das weiß ich nicht.“ „Sie haben uns allen – aufgelauert ?“
    Der Gefragte lachte hart. „Dieses Haus erweckt immer
den Eindruck, daß es einsam, verlassen und ruhig ist. In Wirklichkeit aber
bewachen es tausend Augen...“ „Wer hat vorhin geschrien?“ Tanizaki hatte sich
entschlossen, schon während des Weges durch den Kellergang die wichtigsten
Fragen zu stellen. Plötzlich blieb der Mann vor ihm stehen. Tanizaki reagierte
sofort. Der andere drehte sich langsam um. Sein häßliches, abstoßendes Gesicht
tauchte wie eine unwirkliche, fratzenhaft verzerrte Maske im Schein der
Taschenlampe vor dem Beamten auf.
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