Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0316 - Das Todeslied der Unterwelt

0316 - Das Todeslied der Unterwelt

Titel: 0316 - Das Todeslied der Unterwelt
Autoren: Das Todeslied der Unterwelt (1 of 2)
Vom Netzwerk:
Arbeit gekommen.« Er machte eine kleine Pause und fügte dann leiser hinzu: »Manchmal steht mir alles bis obenhin.«
    Der Detektiv nickte verständnisvoll. Er hielt Crescent die Zigarettenschachtel hin. Beide bedienten sich stumm und rauchten. Der Detektiv dachte über den Mann nach, dem er jetzt schweigend gegenübersaß.
    Jim Crescent war 42 Jahre alt. Er stammte aus den finstersten Slums von Bronx, und er hatte sich in unbeschreiblicher Zähigkeit zu einem gutbezahlten Werkmeister in einer Maschinenfabrik hochgearbeitet. Abendkurse und Wochenend-Lehrgänge hatten seine Freizeit ausgefüllt, bis er 36 war. Dann hatte er sein Ziel erreicht. Werkmeister mit Pensionsberechtigung aus der Firmenkasse.
    Im Alter von 37 Jahren hatte Crescent angefangen, sich für eine Frau zu interessieren: Roberta Questen, eine 32jährige Witwe, die ihren Mann im Koreakrieg verloren hatte. Mit der Sorgfalt eines Mannes, der sich nicht übers Ohr hauen lassen will, hatte Crescent eine Wohnung gesucht und nach vielen Monaten endlich etwas Zusagendes gefunden. Er hatte mit Roberta Questen neue Möbel ausgesucht und gekauft. Wenn er heiratete, sollte seine Frau eine perfekt eingerichtete Wohnung vor finden, das war sein Ziel gewesen. Als er es erreicht hatte, vor ein paar Wochen, war der Termin der Trauung festgesetzt worden.
    Und dann war jener Morgen gekommen. Der Morgen, an dem Crescent seine Braut — wie verabredet — um neun hatte abholen wollen, um mit dem Pfarrer alles Nötige für die Trauung zu besprechen. Aber Crescent kam an eine verschlossene Tür. Seine Braut öffnete nicht. Sie konnte nicht öffnen, denn sie lag blutüberströmt und mit einem Messer in der Brust auf dem Fußboden hinter der Wohnungstür. Jim Crescent sah ihre Beine, als er durchs Schlüsselloch schielte. Da schlug er kurzerhand die Tür ein und machte den grausigsten Fund seines Lebens.
    Und nun saß Jim Crescent in seiner Wohnung.
    Detektiv-Sergeant Arondack gehörte nicht etwa zur Mordkommission, die diesen Fall untersucht und nicht aufgeklärt hatte. Er war nur einer von den drei Detektiven, die zum nächsten Revier gehörten. Aber er kannte Jim seit vielen Jahren, und es ließ ihm keine Ruhe, daß ausgerechnet in diesem Falle ein Mörder auf freiem Fuße bleiben sollte.
    »Hör zu, Jim«, murmelte Arondack nach einer Weile. »Gestern abend, als ich nicht einschlafen konnte, habe ich im Bett noch mal über alles nachgedacht. Die Mordkommission ist davon ausgegangen, daß es ein Raubmord war. Weil die Umstände darauf hindeuteten. Und mit dieser Annahme ist die Mordkommission nicht weitergekommen. Mit den Spuren auch nicht, weil keine brauchbaren da waren. Na gut, dann drehen wir es eben um! Ich gehe weder von Spuren aus noch von der Annahme, daß es ein Raubmord war!«
    Jim Crescent runzelte die Stirn.
    »Jetzt verstehe ich überhaupt nichts mehr«, sagte er. »Es war aber doch ein Raubmord! Alles Geld ist weg und das bißchen Zeug, was Roberta an Schmuck besaß.«
    »Na und?« erwiderte der Detektiv. »Was heißt das schon? Wenn der Mörder ein raffinierter Kerl war, hat er das Zeug nur mitgenommen, um einen Raubmord vorzutäuschen.«
    Crescent zuckte die Achseln. Er wollte es dem Detektiv nicht direkt sagen, daß er das für eine sehr weit hergeholte Theorie hielt. Aber Slane Arondack hatte sich in seinen Einfall verliebt.
    »Für mich existiert vorläufig kein Raubmord«, sagte er verbissen. »Ich sehe das Ganze als einen rätselhaften Mord. Da ich keine brauchbaren Spuren und keinerlei Hinweise habe, mache ich mir zuerst einmal Gedanken über das Motiv. Warum wurde Roberta Questen ermordet?«
    »Na, weil der Mörder das Geld —«
    »Himmel, Jim, mach mich nicht verrückt! Ich sage dir doch, für mich ist es kein Raubmord. Was ist es dann? Ein Mord, der irgendein Motiv haben muß. Das Motiv liegt meist in der Person des Opfers begründet. Also muß man es erkennen können, wenn man das Leben des Opfers gut genug kennt. Niemand kennt das besser als du, Jim. Erzähl mir alles, was du über Roberta weißt. Alles! Jede winzige Kleinigkeit, die sie dir gegenüber je erwähnt hat oder die du von anderen über sie gehört hast.«
    »Da sitzen wir morgen früh noch.«
    »Dann sitzen wir eben morgen früh noch. Meine Güte, ihr habt vielleicht eine Vorstellung vom Job eines Detektivs. Wenn ich die Nächte zählen sollte, die ich mir schon um die Ohren schlagen mußte, brauchte ich eine Rechenmaschine. Los, Jim, fang an. Ich bin ganz Ohr.«
    Jim Crescent
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher