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0315 - Medusas Schreckensnacht

0315 - Medusas Schreckensnacht

Titel: 0315 - Medusas Schreckensnacht
Autoren: Werner Kurt Giesa
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eben anders. Aber Leon war ergrimmt darüber, daß ihm auf diese Weise der Show-Effekt genommen worden war. Der Augenblick der Demaskierung, des namenlosen Entsetzens… des totalen Triumphes.
    »Was ist mit der anderen?«
    »Sie muß noch im Zimmer sein. Ich habe sie niedergeschlagen«, sagte die Medusa.
    Leon stapfte hinüber.
    »Närrin«, fauchte er. »Sie ist fort! Sieh nach!«
    Die Medusa stolperte verwirrt zum Ausgang, riß die Tür auf und starrte in die Nacht. Aber da war natürlich niemand zu sehen.
    Entflohen, dachte Leon böse. Zum zweiten Mal! Er überlegte, ob er die hypnotisierten Diener hinter den Verschwundenen herhetzen sollte. Aber das würde sinnlos sein. In der Nacht konnte das Mädchen irgendwohin verschwunden sein, und niemand fand es.
    Wo blieb sein Diener? Er mußte längst zurück sein! Leon versuchte ihn zu erspüren, aber der Kontakt blieb aus. Das war seltsam. Sollte Zamorra etwa doch noch leben und den Diener ausgeschaltet haben?
    Es war schwer vorstellbar, aber nicht ganz unmöglich. Leon traute Zamorra alles zu!
    Vielleicht warnte das entflohene Mädchen ihn.
    Leon beschloß umzudisponieren. Wenn der eine Überraschungseffekt versagte, mußte eben ein anderer kommen. Und dann würde Zamorra doch noch verlieren.
    »Ich werde Nicole Duval zur Medusa machen«, sagte Leonardo.
    »Schaff sie wieder vor den Spiegel.«
    ***
    Es war wie das Erwachen aus tiefer Bewußtlosigkeit. Nicole tauchte wieder in die Welt der Lebenden.
    Du hast zuviel riskiert! war ihr erster Gedanke. Die Autosuggestion wirkt nicht. Der Blick der Medusa ist stärker!
    Aber dann fragte sie sich, wieso sie denken konnte. Zamorra hatte damals, wie er berichtete, absolut keine Empfindungen gehabt. Die Zeit, in der er versteinert gewesen war und zu Merlin nach Wales geflogen wurde, war für ihn ein erinnerungsloses schwarzes Loch.
    Also war es hier anders!
    Vielleicht liegt es daran, daß es keine echten, sondern nachgemachte Gorgonen sind, daß alles so anders ist!
    Sie erwachte ähnlich wie Zamorra, nur etwas schneller. Vielleicht lag dieses schnellere Erwachen, das mit sofortiger Voll-Erinnerung gekoppelt war, daran, daß ihr eigener Hypnoseschutz neu und unverbraucht war. Sie wußte zwar, daß das eigentlich eine parapsychische Unmöglichkeit war – wenn ein hypnotischer Befehl nicht gelöscht wird, hält er eine Ewigkeit lang in unveränderter Stärke an – aber vielleicht war in diesem Fall noch etwas anderes im Spiel. Später, als sie sich daran erinnerte, schob sie ihr im Vergleich zu Zamorra rascheres Erwachen dann auf die Tatsache, daß sie einmal für kurze Zeit schwarzes Blut in ihren Adern gehabt hatte. Doch jetzt wußte sie nicht einmal, daß Zamorra bereits wieder aktiv war.
    Sie konnte wieder sehen. Bewegung war unmöglich. Deshalb war sie nicht in der Lage, sich zu wehren, als sie von der Medusa vor den Spiegel gezerrt wurde. Leon war nicht zu sehen. Er kümmerte sich in diesem Moment um die Spiegelung der Schlangen und war im Geheimraum neben dem Schlafzimmer.
    Nicole als Medusa – mit dieser Waffe würde auch Zamorra nicht mehr rechnen können. Nicole wußte es, und sie versuchte sich angestrengt zu bewegen. Aber der Prozeß des Aufwachens war zwar schnell, dauerte aber dennoch zu lange, um noch etwas helfen zu können.
    Die Tür schloß sich, soweit das mit dem zerstörten Schloß noch ging. Nicole war mit sich und dem Spiegel allein.
    Sie sah sich, sah ihr Spiegelbild, und sie sah, wie aus dem Nichts heraus Schlangen entstanden, die ihre Haare ersetzten. Wenn sie sich schon so weit wieder hätte bewegen können, hätte sie unwillkürlich nach ihrer eigenen Haarpracht gegriffen, um sich zu vergewissern, daß da noch keine Schlangen wucherten. Schlangen, die die Perücke ersetzt hatten – Nicole pflegte nach wie vor ihren Tick, abwechselnd ihr eigenes Haar und eine Unzahl von Perücken zu tragen, je nachdem, zu welcher Frisur gerade ihre Stimmung paßte.
    Auch die Haarfarbe wechselte.
    Schlangen hatte sie aber noch nie getragen.
    Und die stehen mir auch nicht einmal! dachte sie erbost. Sie machen mich alt…
    Dann wunderte sie sich darüber, daß sie selbst in ihrer Situation noch an derlei Nebensächlichkeiten denken konnte. Dabei konnte sie gerade eben den rechten kleinen Finger zucken lassen, zu mehr reichte es nicht.
    Bei der Kopie schon. Die war voll beweglich, zeigte ihre Beweglichkeit jetzt und trat mit wehendem Schlangenhaar aus dem Spiegel heraus. Dicht vor Nicole blieb sie stehen, verzog das
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