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0313 - Der Blutgraf erwacht

0313 - Der Blutgraf erwacht

Titel: 0313 - Der Blutgraf erwacht
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Teufel grinste und musterte Gina wohlgefällig im blakenden Fackelschein. »Du bist eigentlich viel zu schön zum Geierfraß«, sagte er. »Außerdem – dieses größenwahnsinnige Huhn hat ja nicht einmal mehr einen Verdauungsapparat, könnte also ohnehin nichts mit dir anfangen.«
    Gina lief es kalt über den Rücken. Eine Gänsehaut bildete sich auf ihrem Körper.
    Der Teufel! Leibhaftig stand er da vor ihr und hielt den Geier fest.
    Der behaarte Körper, die spitzen Ohren, die Hörner, der gezackte Schweif mit der gepfeilten Spitze, die Bocksfüße…
    »Es ist nicht meine wahre Gestalt«, kicherte der Teufel. »In Wirklichkeit bin ich viel schöner. Aber meine wahre Schönheit könnt ihr Sterblichen nicht ertragen, deshalb nehme ich dieses Aussehen an, das ihr mir immer andichtet… wie lange eigentlich, beim Gehörn des Asmodis, soll ich dieses Geiervieh noch festhalten? Entscheide dich endlich!«
    »Aber – wovon sprichst du?« keuchte Gina.
    Der Teufel. Warum nicht der Teufel? Sie hatte in den letzten sechsunddreißig Stunden derart viel Unmögliches erlebt, warum sollte also nicht auch der Leibhaftige vor ihr stehen?
    »Wovon? Ach so. Manchmal bin ich ein wenig vergeßlich«, sagte der Teufel und jaulte wütend auf, weil der Skelettgeier ihn mit einem Krallenfuß vors Schienbein getreten hatte. Der Teufel verpaßte ihm zum Ausgleich eine Kopfnuß, daß der Vogelschädel knackte.
    Aber der Skelettgeier hielt’s aus.
    »Ruhig, blöder Vogel«, knurrte der Teufel. »Weißt du, es macht keinen Spaß, diesen Geier festzuhalten. Ich werde ihn wieder loslassen.«
    »Nein!« schrie Gina auf. »Nicht… mach ihn kaputt!«
    »Das schreit nach einer Gegenleistung«, sagte der Teufel. »Nichts ist umsonst, nicht einmal der Tod, denn der kostet das Leben und später die Hinterbliebenen die Bestattungskosten. Wenn ich dich vor diesem Vieh errette, verlange ich etwas dafür.«
    »Was?« keuchte Gina. »Du bist der Teufel. Du willst meine Seele.«
    »Natürlich«, sagte der Teufel. »Was sonst?«
    Gina nickte heftig. »Du bekommst sie, wenn du mich rettest und hier herausholst und dafür sorgst, daß mir dieser Blutgraf nichts mehr antun kann.«
    Insgeheim entsann sie sich der alten Volksmärchen vom schlauen Bauern und dem dummen Teufel. Mochte dieser Gehörnte ihr Lippenbekenntnis annehmen. Später fand sich allemal eine Gelegenheit, ihn auszutricksen. Das hatte bisher doch noch jeder geschafft, der es ernsthaft wollte…
    An einen gewissen Doktor Faust, der zur Hölle hatte fahren müssen, erinnerte sie sich in diesem Moment nicht.
    Wichtig war nur, daß sie hier heil herauskam. Dann konnte man weitersehen… und daß der Teufel an ihrem Wohlergehen gelegen war, zeigte sich doch allein daran, daß er erschienen war und den mörderischen Geier einstweilen festhielt.
    Der Teufel nickte und dachte daran, daß der Blutgraf ja ohnehin zur Hölle fahren mußte, wenn er seinen Tribut nicht zahlen konnte.
    Den Tribut, der Gina hieß. Der Teufel hatte sich blitzschnell entschlossen, seine eigene Spielrunde aufzumachen. Und die sah so aus: Er rettete dieses Mädchen um den Preis ihrer Seele. Das gab einen positiven Punkt auf seinem Konto, die Beförderung winkte um eine Seele schneller… Nun, daß der Blutgraf dann das Mädchen nicht an Leonardo abtreten konnte, war die andere Seite der Medaille. Leonardo würde zürnen und den Grafen in die Hölle reißen lassen. Hm, dem kleinen Teufel dagegen konnte niemand ein Versagen nachweisen. Er war einfach zu spät gekommen, weil der Graf angeblich das Mädchen eher freigelassen hatte, als es Leonardo zu schenken … niemand beobachtete ja, was sich wirklich abspielte, und wer würde schon dem Grafen glauben? In der Hölle niemand.
    Und daß die gefangene Seele dem Mädchen Gina gehörte, danach würde später, wenn sie zur Hölle fuhr, auch niemand mehr fragen.
    Das blieb dann nicht mehr nachprüfbar, weil es schon zu lange her war.
    »Ja, dafür kann ich sorgen«, sagte der Teufel.
    »Dann tu es!« schrie Gina auf. Der Skelett-Geier flößte ihr immer noch panische Angst ein.
    »Gut. Vorher aber muß der Pakt besiegelt werden«, sagte der Teufel. »Denn ich muß sichergehen, daß ich deine Seele auch wirklich bekomme.«
    »Du willst eine Unterschrift mit Blut?«
    »Ach, was zählen schon Worte. Weder du noch ich haben Papier hier, auf das man schreiben könnte, geschweige denn einen Federkiel. Diesem seltsamen Vogel kann man ja leider keine Feder mehr ausrupfen. Laß Taten zählen,
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