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0296a - Lösegeld für blonde Locken

0296a - Lösegeld für blonde Locken

Titel: 0296a - Lösegeld für blonde Locken
Autoren: Lösegeld für blonde Locken
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wohnen.
    Wir absolvierten unser Morgentraining im Treppensteigen in verhältnismäßig kurzer Zeit.
    Ich drückte auf die Klingel.
    Als sich in der Wohnung nichts regte, schellte ich ein zweites Mal. Dann erst näherten sich schlurfende Schritte. Ein Auge preßte sich gegen das Guckloch und betrachtete uns. Der Schlüssel drehte sich im Schloß. Die Tür wurde eine Handbreit geöffnet. Im dunklen Spalt erschien das Gesicht einer Frau, die gerade aus dem Bett zu kommen schien. Sie trug ein helles Nylonnetz auf ihren leicht angegrauten Haaren und steckte in einem großblumigen verschossenen Morgenrock.
    »Mein Name ist Cotton, FBI. Und das ist mein Kollege Phil Decker«, sagte ich leise, um die Nachbarschaft nicht unnötig auf unseren Besuch aufmerksam zu machen. »Wir möchten Dr. Moore sprechen!«
    Wir präsentierten der nicht mehr ganz jungen Lady unsere Ausweise. Sie schien einen Augenblick zu zögern, dann löste sie die Sicherheitskette und öffnete die Tür.
    »Kommen Sie bitte herein«, sagte die Frau ruhig.
    Wir betraten eine geschmackvoll eingerichtete Diele. Mrs. Moore schloß die Diele hinter uns.
    »Was wollen Sie von meinem Mann?« fragte Mrs. Moore. In ihren Augen sah ich ein seltsames Flackern. Es konnte Angst, aber auch wilde Entschlossenheit ausdrücken.
    »Wir haben einige Fragen zu stellen«, antwortete ich.
    »Henry ist im Augenblick nicht…« sie stockte und lauschte, dann fuhr sie fort, »im Hause. Aber ich rechne damit, daß er jeden Augenblick zurückkommt. Nehmen Sie doch Platz.«
    Die Frau öffnete eine schmale Tür, die ins Wohnzimmer führte. Man sah es den Möbeln an, daß sie für eine große, geräumige Wohnung gekauft worden waren. Der Couchtisch mit den schweren, olivgrünen Plüschsesseln füllte fast den ganzen Raum. An der hinteren Wand stand ein vier Yard breiter Schrank.
    Phil und ich ließen uns in die Sessel fallen.
    »Entschuldigen Sie mich einige Minuten«, sagte Mrs. Moore, »ich kleide mich eben an.«
    Ich nickte ihr zu. Die Frau hätte vor wenigen Jahren noch jede Schönheitskonkurrenz aus dem Felde geschlagen. Aber sie mußte in den letzten Monaten stark gealtert sein.
    Die Wohnzimmertür stand offen. In der Scheibe des riesengroßen Schrankes sah ich, daß die Frau im gegenüberliegenden Zimmer verschwand. Kurz darauf verriet ein leises Klicken am Telefonwecker, der in der Diele hing, daß Mrs. Moore den Hörer von der Gabel genommen hatte. Wenige Sekunden sprach die Frau aufgeregt in den Hörer. Was sie sagte, konnte ich nicht verstehen. Die gegenüberliegende Tür schloß verhältnismäßig schalldicht.
    Ich warf Phil einen Blick zu. Mein Freund studierte aufmerksam Bilder, die im Mittelfach des Schrankes hinter Glas standen. Langsam drehte sich mein Freund um und sagte:
    »Sieh dir das Foto an. Es zeigt den Ermordeten zusammen mit Climb.«
    Als ich aufstand, um das Foto aus der Nähe zu betrachten, öffnete sich hinter uns die Tür. Mrs. Moore durchquerte den Flur und betrat das Wohnzimmer.
    »Entschuldigung, wir interessieren uns für dieses Foto«, erklärte Phil, »können Sie es bitte einmal herausnehmen?«
    Mrs. Moore starrte uns gedankenverloren an, trat an den Schrank und schob die Glastür zurück. Sie nahm das gerahmte Bild in ihre Hände, betrachtete es einige Sekunden, drückte es an ihre Brust und preßte mühsam die Worte hervor:
    »Ich ahne irgendwas. Warum sagen Sie nicht gleich, daß Henry etwas zugestoßen ist. Oder… oder brauchen Sie das Bild für einen Steckbrief? Nein, Henry ist kein Verbrecher. Das dürfen Sie nicht denken.«
    »Der rechte ist Ihr Mann?« fragte ich möglichst ruhig.
    Die Frau nickte stumm und preßte die Lippen zusammen.
    »Was ist mit Henry?«
    »Dr. Moore, Ihr Mann, wurde gestern in der Wohnung eines Barbesitzers ermordet aufgefunden«, sagte Phil leise.
    »Sind Sie bereit, uns einige Fragen zu beantworten, Mrs. Moore?« fragte ich nach einigen Sekunden des Schweigens.
    Die Frau saß wie versteinert. Ihre Augen füllten sich mit einer glasklaren Flüssigkeit. Mrs. Moore sah an uns vorbei und nickte kaum merklich.
    »Danke, Mrs. Moore«, begann ich die Vernehmung. »Wann hat Ihr Mann das Haus verlassen?«
    »Vorgestern abend um halb sechs«, antwortete sie mit kaum hörbarer Stimme.
    »Kam es häufiger vor, daß er mehr als vierundzwanzig Stunden wegblieb?«
    »Ja, er hat mir nie erzählt, wen er belieferte.«
    »Belieferte — womit?« fragte ich.
    Die Frau stutzte. Sie schien erst in diesem Moment wieder in die Wirklichkeit
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