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0295 - Tal der vergessenen Toten

0295 - Tal der vergessenen Toten

Titel: 0295 - Tal der vergessenen Toten
Autoren: Jason Dark
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schleifende Geräusch hinter sich.
    Ohne sich umgedreht zu haben, wußte er Bescheid. Er spürte den Mörder fast körperlich und schnellte in die Höhe, wobei er sich gleichzeitig umdrehte.
    Für die Länge einer Sekunde starrte er den Zombie an. Karls Mund öffnete sich.
    »Mörder!« ächzte er. »Verfluchter Mörder. Du hast sie getötet. Du hast sie umgebracht…!« Er sah die blutige Klinge. Ein Schrei drang aus seiner Kehle, dann warf er sich nach vorn.
    Es war ihm egal, ob der Mann bewaffnet war oder nicht, er wollte den Mörder vernichten.
    Und er fiel genau in den Stich!
    Der Schmerz war fürchterlich. Er spürte den Stahl in der Brust, taumelte zurück, schrie und ächzte, prallte gegen den Tisch, der nach hinten rutschte und erst von der Kühlschrank-Kombination aufgehalten wurde.
    Der Mann bog den Rücken durch. Er lag auf der Platte, die Augen weit aufgerissen, und er sah den Zombie, der nur eine Hand hatte. Aber in der anderen hielt er das Mordmesser.
    Riesengroß wuchs die unheimliche Gestalt vor dem schmerzgepeinigten Mann auf.
    Dann fiel sie.
    Und mit ihr das Messer!
    Die Welt des Karl Wiesner verschwamm in einem blutroten Nebel, aus dem es kein Zurück mehr gab…
    ***
    In der Disco war nichts los gewesen. Zwei Stunden hatte Gerd dort verbracht, nur wenig getanzt und drei Cola getrunken. Eine davon »veredelt« mit Weinbrand.
    Die meisten jungen Leute kannte er, auch wenn ihre Gesichter in der dunklen Atmosphäre oft nicht zu sehen waren, sondern wie geisterhafte Schatten wirkten, die zu einem farbigen Leben erwachten, wenn sie in das zuckende Licht der Scheinwerfer gerieten, das sie mit einer Fülle aus buntem Licht übergoß.
    Auch die heiße Petra hatte er gesehen, das Mädchen, mit dem er so gern einmal gegangen wäre. Er schwärmte von ihren rehbraunen Augen, dem verschmitzten Lächeln, aber sie hatte wohl keinen Bock auf ihn. So klein sie war, so scharfzüngig gab sie sich ihm gegenüber.
    »Erst wenn du einen Wagen hast, können wir uns mal unterhalten«, sagte sie spitz, hatte sich umgedreht und war mit schwenkenden Hüften gegangen, wobei sich die gelbe Hose stramm um ihr Hinterteil spannte und Gerds Blick wie ein Magnet anzog.
    »Kacke«, sagte er, leerte sein Glas und legte den Zwanziger hin. Er bekam nur zwei Mark zurück.
    »Ihr werdet immer teurer«, beschwerte er sich bei der Kassiererin.
    »Kannst ja woanders hingehen.«
    »Macht ihr noch 'ne Disco auf?«
    »Nein, geh in die Kneipe.«
    »Danke!« Gerd drehte sich um, überquerte die Tanzfläche und näherte sich dem Ausgang. Vor der Tür atmete er die frische Luft ein. Trotz des Nebels kam sie ihm herrlich vor, denn in der Disco hatte der Rauch wie eine Wand gestanden.
    Die Mopeds und Feuerstühle standen immer links vom Eingang an einer bestimmten Stelle. Dort hatte Gerd Wiesner auch sein Fahrzeug abgestellt. Wenn die Luft klar war, wurden die Zweiräder stets vom bunten Licht der Reklame übergossen. Diesmal schluckte der Nebel alles.
    Lustlos schlenderte Gerd auf die Maschinen zu. Er hatte sein Moped ziemlich an den Rand gestellt.
    So fand er es immer sehr schnell. Der Sattel war feucht, es machte ihm nichts aus. Er startete, gab ein wenig Gas und fuhr an.
    Der schmale Lichtstreifen des Scheinwerfers war nicht mehr als ein gelber Fleck in der Brühe.
    Ein Pärchen verließ die Disco.
    Gerd erkannte Petra. Sie schmiegte sich an einen Knaben aus dem Nachbardorf. Er war ein Jahr älter als Gerd und fuhr schon einen Wagen. Als Petra den Jungen auf seinem Fahrzeug sah, ließ sie sich sogar von dem anderen küssen.
    In Gerd stieg die Wut hoch. Viel schneller, als er es vorgehabt hatte, jagte er los, so daß der Kies unter den schmalen Rädern wegspritzte. Nicht einmal den Helm hatte er aufgesetzt. Er fuhr einen Bogen, erreichte die Straße und jagte in die Nebelwand hinein.
    Das Röhren des Motors klang gedämpft, weil die grauen Schleier auch die Akustik schluckten. Gerd saß vornübergebeugt auf seiner Maschine, die inzwischen ihre Höchstgeschwindigkeit erreicht hatte. Die Nadel zitterte bei 50 km/h.
    Scharf war der Fahrtwind trotzdem. Er schnitt in das Gesicht des Jungen. Tränen traten in seine Augen. Aber auch Tränen der Wut, denn er dachte wieder daran, daß sich Petra dem Typ aus dem Nachbardorf so an den Hals geworfen hatte.
    Gerd Wiesner hatte das Gefühl, als würden Tausende von Armen nach ihm greifen. Nebel schien ihn aufsaugen zu wollen, er lag dicht wie Watte über dem fast ebenen Gelände der großen Braunkohlengebiete
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