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0292 - Satans Knochenuhr

0292 - Satans Knochenuhr

Titel: 0292 - Satans Knochenuhr
Autoren: Jason Dark
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klirrten und raschelten.
    Ich betrat ein Haus, das gemütlich eingerichtet war und mich immer ein wenig an die Jahrhundertwende erinnerte. Lady Sarah besaß noch alte Möbel. Manche davon waren wertvoll, wunderschöne Antiquitäten, und auch die über 100 Jahre alten Häkeldecken auf den teils runden, teils ovalen Tischen paßten dazu.
    »Was gibt es Neues, John?« fragte sie.
    »Das müßtest du mir eigentlich sagen können.«
    »Sicher, aber ich meine allgemein.«
    Ich winkte ab und lehnte mich an den Türrahmen. »Es ist in der letzten Zeit sehr viel passiert. Das meiste drehte sich um Sheila!«
    Die Horror-Oma schlug die Hand gegen den Mund. »Meinst du das im Ernst?«
    »Natürlich.«
    »Da könnte es ja zwischen dem Film und Sheila eine Verbindung geben.«
    »Das hoffe ich.«
    Sie kam auf mich zu und legte mir ihre schmalen Hände auf die Schultern: »John, was ist denn überhaupt los? Ich bitte dich, rede endlich!«
    Auf fünf Minuten kam es auch nicht an, also tat ich Sarah Goldwyn den Gefallen.
    In den ersten Etappen meines Berichts blieb sie noch stehen. Später konnte sie nicht mehr, ging rückwärts und leichenblaß in das Zimmer hinein und ließ sich auf einen Stuhl fallen.
    »Mein Gott, das ist doch nicht möglich.«
    »Leider ist es eine Tatsache«, erklärte ich, »und wir alle müssen uns damit abfinden.«
    »Wird der Teufel Sheila denn noch einmal aus den Klauen lassen?« wollte sie wissen.
    »Ich habe keine Ahnung.«
    »Und die Szene aus dem Film? Ob das ein böses Omen gewesen ist, John?«
    »Das will ich nicht hoffen.«
    Lady Sarah warf mir einen ernsten Blick zu. »Obwohl wir damit rechnen müssen.«
    »Leider.«
    »Komm, wir gehen nach oben.«
    Das alte Haus besaß noch steile, schmale Treppen. Es war nicht so einfach, sie in die Höhe zu steigen. Vor allen Dingen nicht für Sarah Goldwyn, aber sie kannte sich aus und ging sogar schneller als ich.
    Die Horror-Oma war wirklich ein kleines Wunder. Wie sie allein zurechtkam und in ihrer Welt lebte, davon war ich immer wieder beeindruckt. Das gleiche galt auch für den ausgebauten Dachboden. Dort fühlte sich die Horror-Oma am wohlsten, denn da befand sich ein Großteil ihrer Bibliothek und des Filmarchivs.
    Es war dunkel. Sie hatte die Rollos noch nicht hochgezogen. Die Kassette lag noch im Recorder, und ich fragte Lady Sarah nach dem Filmtitel.
    »Ein Hexenfilm. Gar nicht mal schlecht. ›Brenn, Hexe, brenn!‹ heißt er. Ich finde den Titel dumm.«
    »Wann und wo spielt der Film?«
    »Vor einigen hundert Jahren in Frankreich. Zur Zeit der Inquisition. Gute Schauspieler und ein guter Regisseur. Die Leute haben sich Mühe gegeben.«
    »Ist der Streifen sehr blutig?«
    »Nein, um Himmels willen. Dann hätte ich ihn erst gar nicht geholt. Du weißt, daß ich die bluttriefenden Filme ablehne. Ich werde dir den Schluß vorspielen. Es ist übrigens die einzige, nach außen hin grausame Szene.«
    »Okay.« Ich hatte mich gesetzt, und die Horror-Oma hielt die Fernbedienung in der Hand.
    Auf dem Bildschirm blitzte es für einen Moment, dann sah ich das Lodern der Flammen.
    Konzentriert schaute ich mir die Szene an. Sie war wirklich gut gemacht und auch echt gespielt.
    Als der Mann auf den Scheiterhaufen zurannte, gab Lady Sarah ihren Kommentar und schaltete auf Zeitlupe um. »Jetzt gib genau acht, John, was passiert.«
    »Klar.«
    Für eine Lügnerin hatte ich Lady Sarah nicht gehalten. Allerdings war ich auch nicht hundertprozentig von ihren Eindrücken überzeugt gewesen. Nun bekam ich die Chance, alles genau zusehen. Das Blut schien in meinen Adern zu Eis zu werden, als ich die Verwandlung sah.
    In der Tat schob sich das Gesicht der Sheila Conolly über das der Hexe, die brennend am Pfahl stand.
    Ich war gebannt und fasziniert. Mein Hals wurde trocken. Einen Kommentar konnte ich nicht mehr geben und schluckte deshalb. Damit hätte ich nicht gerechnet.
    In sämtlichen Einzelheiten erlebte ich die Filmszene mit. Trotz der Flammen, die um die Gestalt herumtanzten, sah ich Sheila Conolly überdeutlich. Ihr Gesicht war mir so vertraut, da kannte ich jede Einzelheit, aber es zeigte nicht die Qual, wie sie die Schauspielerin in dem Film erlebt hatte.
    Es blieb ziemlich glatt.
    Tief atmete ich durch. Meine Hände umkrampften die Sessellehne, ohne daß ich es merkte. Auf meiner Stirn hatte sich Schweiß gesammelt, und dann verschwand das Gesicht.
    Es rutschte gewissermaßen vom Bildschirm weg wie ein Schleier, den jemand mit spitzen Fingern zur Seite
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