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0285 - In den Tiefen von Loch Ness

0285 - In den Tiefen von Loch Ness

Titel: 0285 - In den Tiefen von Loch Ness
Autoren: Werner Kurt Giesa
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und den Angler stehen. John, der von einem Schloß Meingarten noch nie etwas gehört hatte, brauchte einige Zeit, um zu begreifen, was Angely gesagt hatte. Dann atmete er tief durch.
    Ein Bürgerlicher! Natürlich! Das paßte wieder einmal zur mißratenen Tochter des Lords. Naserümpfend gab John dem Angler einen hoheitsvollen Wink. Pete MacRoy folgte ihm zögernd. Er merkte sehr wohl, daß er alles andere als willkommen war. Aber andererseits wollte er abwarten, wie sich die Sache entwickelte. Und ein wenig Hilfe konnte er schon gebrauchen.
    Er fühlte sich etwas weich in den Knien. Ob es an der Schockwirkung des Erlebnisses lag oder an etwas anderem, konnte er nicht sagen. Jedenfalls fühlte er sich geschwächt. War er vielleicht doch stärker verletzt, als er angenommen hatte? Aber er verlor doch kein Blut! Er hatte allenfalls neben den blauen Flecken ein paar Schürfwunden davongetragen, mehr nicht!
    In der Eingangshalle blieb John stehen.
    »Warten sie hier, Sir«, verlangte er. »Ich lasse eine Decke über einen der Sessel legen, danach dürfen Sie Platz nehmen, ich werde einen Arzt rufen…«
    »Das ist nicht nötig«, wehrte MacRoy ab. »Was ich brauche, ist eine Möglichkeit, mich zu säubern, und zwei oder drei Pflaster. Haben Sie kein Bad im Castle?«
    »Wir haben, in der Tat«, bedeutete ihm der Butler. »Nun gut, Sir, wenn Sie mir bitte folgen möchten?«
    MacRoy folgte ihm grinsend. Aber das Grinsen verging ihm, als ihn auf der Treppe der erste Schwindelanfall packte.
    ***
    Die Familie war in der Bibliothek versammelt. Tante Melissa Stuart, 59 Jahre zäh und immer noch überzeugte Jungfer, fuhr mit einem Aufschrei hoch. »Kind! Wie siehst du denn aus? Das ist ja entsetzlich! Wie kannst du nur so hier hereinplatzen?«
    Lady Joanna MacRaven, geborene Stuart und knapp ein Jahr jünger als ihre Schwester, rümpfte ebenfalls die Nase. »Was ist das denn für eine Art, halbnackt und so dreckig im Castle herumzulaufen? Bist du von Sinnen, Angely? Denk an deine gute Erziehung!«
    Angely stemmte die Fäuste gegen die Hüften. »John sagte, ich sollte sofort hierherkommen, und genau das habe ich getan! Ich war am Loch, bin gestürzt und wollte die Kleidung nicht beschmutzen.«
    »Du hättest dich im See waschen sollen, Kind«, beharrte Tante Melissa.
    »Nach dem, was da los war, habe ich vorerst die Lust verloren, mit dem Loch-Ness-Wasser in Berührung zu kommen. Außerdem hatte ich wenig Zeit. Ich habe jemanden mitgebracht, der wahrscheinlich verletzt ist. Ich…«
    Sir Glenn erhob sich und streckte die Hand aus. »Ruhe, alle! Angely, berichte. Was ist passiert? Wurdest du überfallen?«
    »Ihr glaubt’s mir ja doch nicht, wenn ich es erzähle«, sagte Angely schulterzuckend. »Also los, erzählt, was los ist, damit ich endlich unter die Dusche komme. Dieser verdammte Schlamm stinkt nämlich.«
    »Dein Vater will wissen, was dir zugestoßen ist, und ich ebenfalls!« erinnerte Lady Joanna.
    »Dann eben nicht«, murmelte Angely, drehte sich um und ging zur Tür.
    Sir Glenn besaß genug Verstand, nicht mit dem Kopf durch die Wand zu wollen. »Halte den Schnabel, Joanna. Und du, Angely, bleibst hier. Ich habe etwas anzuordnen.«
    »Soll ich schon wieder heiraten? Gegen wen diesmal?« fragte sie von der Tür her.
    Sir Glenn ließ sich ächzend in seinen Lehnstuhl sinken.
    »Ich fürchte, dein Abenteuer hat etwas mit dem zu tun, worum es hier geht«, murmelte er und wurde dann wieder etwas lauter. »Es ist eine Gefahr aufgetaucht, über die ich nichts Näheres sagen darf. Aber sie mag tödlich für jeden sein, der das MacRaven-Blut in seinen Adern trägt. Diese Gefahr kommt aus dem Loch. Und deshalb darf niemand von uns das Castle verlassen, solange diese Gefahr nicht beseitigt ist. Niemand und unter gar keinen Umständen.«
    »Das Ungeheuer etwa?« flüsterte Angely ungläubig. »Du - du meinst das Ungeheuer, Vater?«
    »Du hast es also gesehen«, ächzte der alte Mann. »Ja, Angely. Das Ungeheuer von Loch Ness ist erwacht. Es existiert immer noch, nach so langer Zeit. Und deshalb droht jedem von uns außerhalb der Burgmauern der Tod. Angely, wir werden uns nachher darüber unterhalten, was du sahst.«
    »Warum, Vater? Warum droht uns Gefahr?«
    »Darüber darf ich nicht reden«, wiederholte er und sah seine Frau, seine Schwägerin sowie Sohn und Tochter nacheinander lange an. »Nun laßt mich allein. Angely, wir sehen uns in einer Stunde hier wieder.«
    Seine Zunge ist irgendwie schwer, dachte Angely bestürzt.
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