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0284 - Gehirn-Gespenster

0284 - Gehirn-Gespenster

Titel: 0284 - Gehirn-Gespenster
Autoren: Werner Kurt Giesa
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gedehnt. »Ja… Ein Hotelzimmer! Er sitzt an… Ich werde verrückt! Er sitzt an seiner Schreibmaschine und tippt! Ja, spinne ich denn?«
    Er starrte auf das Bild im Zentrum des Amuletts. Der Drudenfuß spielte wieder Bildschirm und zeigte ihm den gesuchten Schriftsteller an seinem Aufenthaltsort. Aber im Augenblick zweifelte Zamorra ein wenig an der Richtigkeit dieser Angabe.
    Wie sollte Blake wieder an seinen Arbeitsplatz gekommen sein? Und warum zum Teufel saß er da in aller Seelenruhe und schrieb?
    »Da gibt’s nur eine Möglichkeit festzustellen, ob du einen Sonnenstich hast oder nicht«, sagte Nicole. »Afrikas Sonne soll ja brennen… Wir fahren hinauf und schauen nach. Und dann können wir ihn direkt einer Befragung unterziehen.«
    »Eher einer Blockade seiner unterbewußten Para-Fähigkeiten«, sagte Zamorra rauh. »Ich kann mir nicht vorstellen, daß er daran interessiert ist, sein Leben lang in der Furcht zu leben, ein Para-Ungeheuer zu sein…«
    »Einen so komplizierten Satz kann wohl auch nur ein Wissenschaftler formulieren«, grinste Tendyke. »Jeder Redakteur würde dir den streichen, kürzen oder bearbeiten…«
    »Bloß gehöre ich nicht zur schreibenden Zunft wie Blake - von Fachbüchern mal abgesehen«, wehrte sich Zamorra. »Los, schnappen wir uns den Mann, wenn er wirklich da sitzt und tippt, und dann setzen wir den Rotstift direkt an…«
    Er stürmte los in Richtung Lift. Patsy rannte an ihm vorbei, um ihm den Weg zu zeigen.
    ***
    »Nein, mein Freund«, sagte die Stimme links von Roger M. Blake. »So geht das wirklich nicht«, ergänzte die andere von rechts. »Was du da vorhast, ist doch Mord!«
    Roger Blakes Finger verharrten über den Tasten. Er konnte nicht weiterschreiben. Entsetzt starrte er die beiden Gehirn-Gespenster an, die neben ihm aus dem Nichts entstanden waren. Jimmy Kent und Taury Sheldon!
    Taury Sheldon beugte sich leicht vor und schaltete die Schreibmaschine mit sanftem Fingerdruck ab. Dann zog sie den Bogen heraus, schnipste mit den Fingern und sah zu, wie er in der Luft verbrannte.
    »Nein, Roger Blake«, sagte sie. »Auf diese Weise wirst du uns nicht los. Wir lassen uns nicht ermorden. Wir haben ein Recht darauf zu leben.«
    »Ihr seid ja… seid ja nur verrückte Romanfiguren !«
    Kent umschloß Blakes Handgelenk und drückte schmerzhaft fest zu. »Sind wir das? Phantasiegespenster, Nebelschleier? Nein, mein Freund. Du hast uns erweckt, und du mußt uns jetzt so akzeptieren, wie wir sind. Solange du lebst, leben auch wir.«
    »Nein«, ächzte Roger Blake. »Nein. Das ist nicht möglich.«
    »Und deshalb«, fuhr Kent fort, »werden wir dafür sorgen, daß du lange lebst. Lange und bei bester Gesundheit, und wir werden dafür sorgen, daß du keine Dummheiten machst. Du wirst uns nicht mehr totschreiben. Du wirst keine Gelegenheit zum Schreiben mehr bekommen.« Er griff nach den Kugelschreibern und Bleistiften auf dem Arbeitstisch und zerbrach sie zwischen den Fingern. Dann nahm er die Schreibmaschine, löste den Stromstecker und trug sie zum Balkon.
    Blake sprang auf. »Nein«, schrie er. »Nicht! Du bist verrückt, Kent!«
    Kent lachte. »Ich war nie so normal wie jetzt!« Er trat auf den offenen Balkon hinaus und warf die Schreibmaschine ins Nichts. Nach ein paar Sekunden kam von unten der scheppernde, klirrende Aufschlag, der wieder mal Aufsehen unter den letzten Gästen der Freiluft-Bar erregte. Da hatte sich die Szene allerdings gewandelt. Die Nachtkälte war grimmig hereingebrochen und hatte auch das letzte Bikini-Girl vertrieben. Die wenigen Unentwegten unten hatten sich warm angezogen. Afrikas Tage sind so heiß, wie die Nächte kalt sind.
    Und der kalte Hauch kam von draußen in Blakes Zimmer herein und ließ ihn frösteln. Aber noch stärker fror er beim Anblick der beiden Romangestalten.
    Plötzlich kam ihm eine Idee.
    Taury Sheldon hatte doch gerade die Manuskriptseite verbrannt, um die Gefahr durch die Todesszene zu beseitigen!
    Was, wenn er jetzt das komplette Manuskript vernichtete? Damit löschte er doch auch die eigentliche Existenzgrundlage der beiden Gehirn-Gespenster aus! Sie mußten erlöschen…
    Verbrennen schied aus. So schnell konnte das Manuskript, inzwischen über siebzig eng beschriebene Seiten stark, gar nicht in Brand geraten, wie Kent und Sheldon ihn an der Vernichtung hindern würden. Aber es gab die andere Möglichkeit… Der Müllschluck-Schacht! Alles, was darin in die Tiefe wanderte, wanderte aus dem Sammeltank per Förderband weiter
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