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0276 - Ghouls in der Stadt

0276 - Ghouls in der Stadt

Titel: 0276 - Ghouls in der Stadt
Autoren: Werner Kurt Giesa
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hinten losging – wie in diesem Fall.
    Nicole Duval hatte es mitbekommen. Ihre feinen Sinne, mit Zamorra verbunden, spürten, was vorging. Sie war blaß.
    »Versuch es noch einmal«, bat sie mit spröder Stimme. »Vielleicht klappt es diesmal …«
    »Aber nicht mit dem Amulett!« knurrte Zamorra. Er griff nach ihrer Hand und zog sie mit sich, hastete mit ihr durch die Korridore des Châteaus bis zu einem unscheinbaren, kleinen Raum, der früher niemals von ihm benutzt worden war und deshalb leer stand. Er war auch jetzt noch leer, aber Zamorra hatte ihn präpariert. Mit magischer Kreide hatte er einen großen Drudenstern auf den Boden gemalt und mit einer ganzen Reihe magischer Zeichen und Formeln ergänzt. Das war keine Spielerei, sondern ein Versuch, sein erlerntes und angelesenes Wissen über Magie und Zauberkunst in der Praxis zu erproben. Denn jene Tage und Wochen ohne die Hilfe des Amuletts hatten ihm gezeigt, wie wenig er doch in Wirklichkeit kannte und wußte, wie hilflos er im Grunde doch war. Und so hatte er damals im Beaminster Cottage, seiner Zuflucht in England, begonnen, nicht nur wie vorher Zaubersprüche zu lernen, sondern sich mit der wirklichen Magie zu befassen. Mit der Weißen Magie besonders. Die Schwarze wagte er nicht anzuwenden, er durfte es auch nicht wagen, wenn er nicht selbst der Hölle verfallen wollte. Da reichte ihm nach wie vor die Theorie. Mit der Weißen Magie arbeitete er aber wirklich.
    Wenn er auch erst nur ein Zauberlehrling war.
    Jetzt mußte alles blitzschnell gehen. Es kam auf Sekundenbruchteile an. Eisernes Bewußtseinstraining brachte ihn in die Lage, sich innerhalb von Sekunden in die benötigte Halbtrance zu versetzen. Er begann die Macht der magischen Symbole und Formeln zu fassen, spürte den Kraftstrom und fädelte sich allmählich darin ein. Mehr und mehr wurde er eins mit der Gesamtheit der Symbole und konnte sie steuern. Abermals griff er mit der Kraft seines Geistes aus und suchte den jungen Mann, der nach ihm in seiner Verzweiflung gerufen hatte.
    Aber er fand ihn nicht mehr.
    ***
    Pierre Devon hörte die Schreie. Er löste sich aus Yvonnes leidenschaftlicher Umarmung und huschte zum Fenster, schob den Vorhang beiseite. Er spähte in die Nacht hinaus, dorthin, wo die Schreie ertönten. Er sah einen Menschen auf das Dorf zulaufen, verfolgt von Gestalten, die im Dunkel der Nacht unkenntlich blieben, irgendwie unförmig und verwaschen.
    Yvonne, die er vor ein paar Stunden in einem Café in Imphy kennengelernt hatte, war hinter ihm. Sie umschlang ihn mit ihren Armen, und er spürte den sanften Druck ihrer festen kleinen Brüste in seinem Rücken. »Was ist los, cherie?« hauchte sie.
    Pierre Devon ahnte einen Hauch des Grauens. Er sah den Mann draußen stolpern, noch weit von den Häusern entfernt. Und er wußte irgendwie, daß die Verfolger ihn töten wollten.
    Und, niemand konnte ihm mehr helfen.
    Niemand …?
    Pierre Devon war kein Feigling. Er war ein junger, dynamischer Bursche, der weder Tod noch Teufel fürchtete. Und das wollte er diesen Kerlen, die hier einen Mann jagten, beweisen. Mit einem Sprung war er am Schrank, riß ihn auf und das Gewehr heraus, mit dem er hin und wieder zur Jagd ging. Er vergewisserte sich, daß es geladen war, öffnete das Fenster und jagte einen Schuß in die Nacht hinaus. Einen Warnschuß.
    Die Unheimlichen ließen sich davon nicht beeindrucken.
    Es wurde heller, als der Mond wieder hinter einer Wolke hervortrat. Pierre Devon furchte die Stirn. Was waren das für Wesen, die sich jetzt über den Gestürzten hermachen wollten?
    Das waren doch niemals Menschen …
    Das war etwas anderes, Grauenhaftes …
    Unwillkürlich stöhnte Yvonne Decharaux auf. Auch sie sah jetzt die Unheimlichen, und die Angst griff nach ihr. Da hebelte Pierre bereits die abgeschossene Patrone aus dem Lauf, glitt zum Schrank und fand die Schachtel mit der Munition. Er dachte an die alten Geschichten, die seine Großmutter immer so gern erzählte, von Spukgeistern und Nachtmahren, Kobolden und Zehrern. Und den meisten dieser Gestalten war es zu eigen, daß sie das Feuer fürchteten.
    Er lud Leuchtpatronen!
    Er war schon wieder am Fenster, legte an und schoß abermals! Zwei Leuchtgeschosse jagte er aus der Doppelflinte, rot und grün, und zischend fraßen sie ihre Spur durch die Nacht. Er hatte die Entfernung gut geschätzt; funkensprühend entfalteten sich die Brandsätze dicht über der unheimlichen Versammlung. Grelle Lichtbahnen jagten nach allen Seiten
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