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027 - Im Tempel der schwarzen Chimäre

027 - Im Tempel der schwarzen Chimäre

Titel: 027 - Im Tempel der schwarzen Chimäre
Autoren: A.F.Morland
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hier fortholen wollte, damit es niemandem, der zufällig hier vorbeikam, gefährlich wurde, mußte er es anfassen. Er mußte es auf seine Arme nehmen, hochheben und ins Pfarrhaus tragen. Aber würde er damit keine Gefahr heraufbeschwören…?
    Ihm kam eine Idee.
    Er nestelte an seiner Soutane herum und brachte ein Kruzifix zum Vorschein. Das Metallkreuz war geweiht und zeigte Jesus, den gekreuzigten Sohn Gottes.
    Er nahm das Kruzifix ab und berührte damit das grüne Wesen.
    Nichts passierte.
    Das bedeutete für den Priester, daß er nichts zu befürchten hatte.
    Diese fremde Gestalt war nicht bösen Ursprungs. Es war nicht gefährlich, sie aufzuheben und ins Pfarrhaus zu tragen.
    Rasch tat es Pater Severin.
    In seiner Wohnung bettete er das Wesen auf ein altes Sofa. Hastig machte er Licht. Er fühlte etwas Klebriges auf seinen Fingern. Blut?
    Aber es war grün.
    Der Priester wusch sich eilig die Hände und kehrte zu dem Fremden zurück. Alles an dieser Person, die nicht von dieser Welt war, war grün. Woher mochte sie kommen? Was wollte sie auf der Erde?
    Pater Severin betrachtete das geheimnisvolle Wesen neugierig.
    Im großen und ganzen sah es aus wie ein grüner Schatten. Nur wenn man genau hinsah, erkannte man Gesichtszüge. Es handelte sich um einen Mann mit zwei Armen, zwei Beinen, aber nur einem Auge, das sich über der Nasenwurzel befand.
    »Sonderbar«, murmelte der Priester. »Woher kommst du, Fremder?«
    Der Mann war verletzt. Pater Severin wollte wissen, wie schwer.
    Er untersuchte den reglosen Körper, legte sein Ohr auf die grüne Schattenbrust und vernahm das leise Pochen des Herzens.
    »Wenigstens in diesem Punkt sind wir gleich«, sagte der Priester.
    »Wir haben beide ein Herz, und deines schlägt genauso wie meines… Aber wie lange noch?«
    Pater Severin entdeckte eine Stichwunde im Rücken des Unbekannten. Für einen Menschen wäre diese Verletzung nicht lebensgefährlich gewesen. Aber wie verhielt sich das bei diesem grünen Schattenwesen?
    »Wenn ich nur wüßte, wie ich dir helfen kann«, sagte der Pater ratlos.
    Das Wesen regte sich. Ein tiefer Seufzer entrang sich seiner Brust.
    Das Augenlid zuckte, flatterte, hob sich. Pater Severin wurde von einem grünen, fieberglänzenden Auge angestarrt.
    Der grüne Schattenmann wollte sich erheben.
    Pater Severin ließ es nicht zu. Er legte dem Wesen seine Pranke auf die Brust und drückte ihn auf das Sofa zurück.
    »Bleib liegen.«
    Der grüne Schatten ächzte. »Ich muß…«
    »Gar nichts mußt du«, sagte Pater Severin. »Du bist verletzt.«
    »Sie… sie sind hinter mir her …!« keuchte der grüne Schatten.
    »Wer?« fragte der Priester. »Wer ist hinter dir her?«
    »Die Bande der schwarzen Chimäre… Sie verfolgen mich … Sie wollen mich töten … Ich laufe, laufe, laufe … Aber sie kommen nä- her. Sie jagen mich. Zu Tode hetzen wollen sie mich … Weiter, Scarpatt! Weiter, du darfst nicht stehenbleiben, sonst bist du verloren! Lauf, Scarpatt! Lauf um dein Leben! Sie sind grausame Biester … Deinen Tod wollen sie … Weil du gesehen hast, was sie getan haben … Durch den Fluß … Schwimm durch den Fluß, zurück nach Dargan. Vielleicht kannst du sie noch abschütteln. Es muß dir gelingen, Scarpatt! Sie sind gefährlich. Man muß ihnen das Handwerk legen … Sie sind eine Gefahr für das gesamte Reich der grü- nen Schatten, für alle Markiasen und Darganesen, so wie damals Ytlar und seine Vogelbestien … Der Felsen! Klettere hinauf, Scarpatt! Und dann spring in den Fluß …«
    Der Mann schien im Fieberwahn noch einmal zu erleben, was ihm widerfahren war. Er hieß Scarpatt und kam aus dem Reich der grünen Schatten, von dem Pater Severin noch nie gehört hatte.
    In seiner Phantasie kletterte Scarpatt soeben den Felsen hinauf.
    »Da!« schrie Scarpatt. »Einer dieser Schurken…! Schlag ihn, Scarpatt! Laß dich nicht von ihm aufhalten … Das Messer … Er stößt zu … Aaarrrggghhh … Schwimm, Scarpatt, schwimm, drüben ist Dargan … Du mußt es schaffen … Prinzessin Ragu … Sie muß davon erfahren … Die Bande der schwarzen Chimäre … Jemand muß ihr Einhalt gebieten … Ja, Prinzessin, ja … Hilfe, wir brauchen Hilfe … Ramba, der alte Zauberer, soll mir die Wunde schließen. Er kann das … Und dann werde ich Hilfe holen …«
    Ramba, der Zauberer, schien die Wunde nicht gewissenhaft genug behandelt zu haben.
    Pater Severin hatte keine Ahnung, wie weit es vom Reich der grünen Schatten bis hierher war. Auf diesem Weg
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