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027 - Im Tempel der schwarzen Chimäre

027 - Im Tempel der schwarzen Chimäre

Titel: 027 - Im Tempel der schwarzen Chimäre
Autoren: A.F.Morland
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von nun an sehe ich dich jeden Sonntag in der Kirche.«
    »Einverstanden.«
    »Und nach dem Gottesdienst kommst du zu mir und lieferst fünf Pfund ab.«
    »Jeden Sonntag?«
    »Jeden Sonntag!« sagte Pater Severin streng.
    »Wie lange denn?«
    »So lange, bis du zurückgezahlt hast, was du in letzter Zeit zusammengestohlen hast«, sagte der Priester. »Du kennst die Summe. Du wirst sie zurückerstatten. Ich vertraue dir, daß du mich nicht betrügst. Enttäusche mich nicht, sonst beziehst du eine Tracht Prügel von mir, die du dein Leben lang nicht mehr vergißt!«
    Pater Severin erlaubte dem Dieb, außer dem Geld wieder alles einzustecken.
    Nachdem das geregelt war, brachte der Priester das schwarze Schaf nach Hause. Die Bakers wohnten nur zwei Straßen von der Kirche entfernt. Ehrbare Leute. Die Mutter eine gottesfürchtige Frau, der Vater ein ernster, zuverlässiger Mann, der in Pater Severin einen Freund sah. Als er hörte, was sein Sohn getan hatte, fiel er aus allen Wolken. Er wollte Dashiell in seinem Zorn gleich ordentlich verdreschen, doch Pater Severin verhinderte es mit der Bemerkung, das habe er schon erledigt, und zweimal müsse man Dashiell nicht bestrafen.
    »Ich schäme mich zutiefst für mein eigenes Fleisch und Blut«, sagte Albert Baker erschüttert. »Ich verbürge mich dafür, daß mein Sohn so etwas nie wieder tun wird, Pater Severin.«
    Sarah Baker weinte still in ihre Schürze. Auch sie schämte sich und konnte dem Priester nicht in die Augen sehen. Ein Dieb! Ihr Sohn war ein Dieb! Sie hatte einen Dieb in die Welt gesetzt! Womit hatte sie so eine schreckliche Strafe verdient?
    »Ich werde den Schaden, den Dashiell verursacht hat, wiedergutmachen«, versprach Albert Baker.
    Pater Severin schüttelte den Kopf. »Das ist nicht nötig. Dashiell erklärte sich bereit, das selbst zu tun. Nicht wahr, Dashiell?«
    »Ja, Pater«, sagte der Junge kleinlaut, und der Priester meinte, nun solle man darüber kein Wort mehr verlieren. Er nahm Albert Baker das Versprechen ab, den Jungen in Ruhe zu lassen, und kehrte dann zur Kirche zurück.
    Als er das alte, zerkratzte Holztor des Pfarrhauses erreichte, drang ein leises Röcheln an sein Ohr. Er stutzte sofort. Was war da los? Pater Severins Phantasie ging durch. Ein Mann… Überfall …
    Flucht… Der Mann war vielleicht verletzt und wollte Schutz in der Kirche beziehungsweise im Pfarrhaus suchen, brach aber vorher zusammen..
    Jedenfalls verriet dieses Röcheln dem Priester, daß jemand Hilfe brauchte.
    Pater Severin wandte sich nach rechts. Es gab einige Erker und Nischen, und aus einer solchen Nische kam dieses markerschütternde Röcheln. Es schien sehr schlimm um den Mann zu stehen.
    Der Priester eilte zu ihm. Schwarz und schattig lag die Nische vor Pater Severin. Er sah eine Gestalt, die auf dem Boden kauerte. Plötzlich pulsierte Eiswasser in seinen Adern, denn das, was er entdeckt hatte, war kein Mensch!
    ***
    »O Gott!« preßte Pater Severin heiser hervor. »Allmächtiger Gott!«
    Ein konvulsivisches Zucken durchlief den Körper des Wesens.
    Dann röchelte es nicht mehr, streckte sich und lag vollkommen still, War es tot?
    Der Priester trat vorsichtig näher. Niemand wußte es besser als er, daß es nicht nur das Gute, Gott, den Himmel gab, sondern auch das Böse, den Teufel und die Hölle.
    War dieses Wesen von der Hölle ausgespien worden? Unmöglich war es nicht. Pater Severin war auf der Hut. Er wollte keine unliebsame Überraschung erleben. Vielleicht versuchte ihn dieses fremde Wesen zu täuschen. Möglicherweise hatte es nur geröchelt, um ihn hierher zu locken, und nun verhielt es sich still, um ihn in Sicherheit zu wiegen und unverhofft über ihn herzufallen.
    Langsam beugte sich Pater Severin über die reglose Gestalt.
    War sie grün? Von Kopf bis Fuß grün?
    Es war zu dunkel, um Genaues erkennen zu können.
    Der Priester, für gewöhnlich ein mutiger, entschlossener Mann, wagte es nicht, das Wesen anzufassen. Es gab Geschöpfe, die man auf keinen Fall berühren durfte, das war für jeden Menschen lebensgefährlich. Auch für einen Priester. Was war ein Priester im Grunde genommen denn schon? Natürlich der Vertreter Gottes, aber doch in erster Linie ein Mensch mit allen Fehlern und Schwächen, die andere Menschen auch hatten.
    Zum erstenmal im Leben war Pater Severin ratlos.
    Er wußte nicht, was er tun sollte.
    Einfach ins Pfarrhaus gehen und diese grüne Gestalt hier liegenlassen – das war unmöglich. Wenn er das fremde Wesen aber von
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