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027 - Das Henkersschwert

027 - Das Henkersschwert

Titel: 027 - Das Henkersschwert
Autoren: Neal Davenport
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über den gefrorenen Boden. »Hören Sie mir zu, Hunter!« sagte Helnwein. Hören Sie mir gut zu!«
    »Ich will Ihnen nicht zuhören«, sagte Dorian und bückte sich nach der Kanne.
    Doch der Alte war rascher. Mit einem Fußtritt schleuderte er sie in ein Gebüsch.
    »Sie müssen mir aber zuhören, Hunter. Sie müssen! Sie können jetzt den Scheiterhaufen in Brand stecken, aber ich sage Ihnen eins: Ich lege mich neben Coco. Dann haben Sie zwei Tote. Es kommt Ihnen doch nicht auf einen mehr oder weniger an, oder?«
    Dorian drehte sich schweratmend um. Helnwein hatte sich tatsächlich neben Coco auf den Scheiterhaufen gesetzt. Es stank unangenehm nach Benzin.
    »Sie können mich nicht aufhalten, Helnwein«, sagte Dorian und zückte sein Feuerzeug.
    »Und mich können Sie nicht schrecken, Hunter«, sagte Helnwein. »Sie sind ein kleiner, dummer Junge. Sie sind mißtrauisch und haben Angst, der Realität ins Auge zu sehen. Sie wissen, daß Coco keine Hexe mehr ist.«
    Dorian hörte schweigend zu. Seine rechte Hand umklammerte noch immer das Feuerzeug.
    »Sie selbst sagten mir, daß Dämonen, Hexen und Vampire die Ausstrahlung von Verrückten und Geistesgestörten nicht ertragen können. Sie selbst führten das als Beweis an, wie man Dämonen erkennen kann. Sie sind so verblendet in Ihrem Haß, daß Ihr Verstand darunter gelitten hat Denken Sie einmal kurz nach!«
    »Was wollen Sie damit sagen?«
    »Denken Sie doch! So denken Sie doch, Menschenskind!«
    »Ich höre mir Ihr dummes Gerede nicht mehr länger an«, sagte Dorian. »Ich will Sie nicht verbrennen, Helnwein. Sie sind …«
    »Wie verhielt sich Coco, als sie zusammen in der Klinik eintrafen?«
    »Sie wurde ohnmächtig«, sagte Dorian. »Sie konnte die Ausstrahlung der Irren nicht ertragen. Sie.«
    Überrascht brach er ab. Nachdenklich warf er dem Mädchen einen Blick zu, deren Augen ihn um Gnade baten.
    »Und wie war sie heute, Hunter? Wie verhielt sie sich heute? Heute, als sie Ihre Frau sah? Hunter, denken Sie darüber nach!«
    Dorian hatte nur Augen für seine Frau gehabt. Er hatte auf sonst nichts geachtet. Der Schmerz hatte ihn überwältigt, als er erkennen mußte, wie sehr ihr Geist verwirrt war. Er schloß die Augen.
    »Sie sind wunderschön«, hörte er Lilians Stimme. »Darf ich Ihr Haar berühren?«
    Dorian schlug die Augen auf. Wieder sah er Coco an. Lilian hatte ihre Hand vorsichtig ausgestreckt.
    »Nun, Hunter? Erinnern Sie sich?«
    Lilians rechte Hand hatte Cocos Haar berührt. Cocos Gesicht hatte sich nicht geändert. Sie war nicht zurückgezuckt. Sie hatte nicht geschrien. Die Nähe der Geistesgestörten hatte ihr nichts ausgemacht. Sie war keine Hexe mehr.
    »Stehen Sie auf, Herr Helnwein!« sagte Dorian schwach und steckte das Feuerzeug ein.
    Er zog sein Taschenmesser hervor, hob Coco vom Scheiterhaufen herunter, schnitt ihr die Fesseln durch und riß das Pflaster ab.
    »Zieh dich an, Coco!« sagte er tonlos.
    Er ging einige Schritte weiter und blieb stehen. Helnwein trat neben ihn und legte seine rechte Hand auf Dorians Schulter. »Danke«, sagte der Alte.
    »Sie haben mir nichts zu danken«, sagte Dorian. »Ich muß Ihnen danken. Und ich muß Sie um verzeihung bitten.« Ein leises Schluchzen war zu hören. »Können Sie mir verzeihen, Helnwein?«
    Er drehte sich um und sah den Alten an, der lächelte. »Ich habe Ihnen schon verziehen, mein Freund.« Die Hand des Alten war warm. Er drückte sie fest.
    »Sie müssen noch viel lernen, mein Freund«, sagte Helnwein nachdenklich. »Sehr viel. Sie urteilen zu rasch. Viel zu rasch.«
    Sie gingen zu Coco zurück, die eben in ihren Mantel schlüpfte.
    »Nehmen Sie Coco nach London mit, Hunter?« fragte Helnwein.
    Dorian nickte und sah Coco an. Langsam schritten sie den gewundenen Weg hinunter, der sie zu Dorians Wagen brachte.
    Keiner sagte ein Wort. Vor Dorians Auto blieben sie stehen. »Einen Augenblick noch!« sagte Helnwein. »Ich bin sofort wieder zurück.«
    »Ich war wie von Sinnen«, sagte Dorian zu Coco. »Ich wußte nicht, was ich tat. Ich...«
    Coco lächelte und legte ihren rechten Zeigefinger auf seine Lippen. »Du brauchst nichts zu sagen, Dorian. Ich verstehe dich auch so.«
    »Aber ich muß .«
    »Du mußt gar nichts«, sagte sie.
    »Ich liebe dich und ich hoffe, du kannst vergessen, daß ich einmal eine Hexe war, die dir nach dem Leben trachtete.«
    Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und küßte ihn zärtlich auf den Mund.
    »Entschuldigung«, sagte Helnwein grinsend, »daß ich
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