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0257 - Der Schädel des Hexers

0257 - Der Schädel des Hexers

Titel: 0257 - Der Schädel des Hexers
Autoren: Jason Dark
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abholen.
    Wenn sie durch die breite Scheibe des rustikal eingerichteten Wohnraums schaute, fiel ihr Blick bis hoch zu den Highlands, dieser berühmten schottischen Bergkette, die so typisch für das Land war wie seine Burgen oder die geheimnisvollen, oft sehr tiefen Seen, auch Lochs genannt. Drehte sie ihren Blick nach rechts, erkannte sie die Gebäude der Fabrik. Es waren große Hallen. Zumeist dienten sie als Lagerhäuser, wo die gewaltigen Fässer standen, in denen Whisky reifte, bevor er für den Transport fertiggemacht wurde.
    Grau senkte sich der Abend über das Land. Auf den Bergen lag dicker Schnee. Auch an einigen Hängen talabwärts schimmerte die weiße Pracht, und die Straßen in den höheren Regionen waren unpassierbar.
    Gilda liebte es, wenn der Abend den Tag ablöste. Sie saß oft am Fenster und schaute hinaus in die Natur, doch an diesem Abend wollte keine richtige Stimmung aufkommen.
    Irgend etwas war anders als sonst.
    Nicht, weil sie ihre Familie zurückerwartete, nein, es hing ursächlich mit dem Schädel zusammen, dem Totenkopf des alten Gideon McLellan. Ihn hatte man gestohlen und nach London geschickt, das war von Gildas beiden Brüdern festgestellt worden.
    Als Dieb kam eigentlich nur die Konkurrenz in Frage. Der Clan der McLion.
    Die Löwen, wie sie sich nannten. Seit Mary Stewart lebten sie mit den McLellans in Feindschaft. In der Vergangenheit hatte es blutige Fehden gegeben. Der letzte Tote hatte Gideon McLellan geheißen, und um sein Ableben rankten sich rätselhafte Vorgänge. Er hatte geschworen, die McLions zu vernichten, und diesen Schwur würde er über das Grab hinaus einhalten.
    Denn Gideon McLellan war ein besonderer Mann gewesen, wie die Familie immer sagte.
    Seine Feinde behaupteten, in ihm einen Hexer zu sehen, weil er sich mit finsterer Magie beschäftigte, und man hatte den damals von den McLellans produzierten Whisky als Teufelszeug bezeichnet.
    Das Erbe des alten Gideon lebte weiter, und es würde auch weiterleben, solange noch jemand aus dem Clan existierte.
    Vor dem Waffenschrank blieb Gilda stehen. Ihr Gesicht spiegelte sich im Glas der Scheiben. Gildas Züge zeigten einen verkniffenen Ausdruck, ein Beweis dafür, daß sie sich zu etwas Wichtigem entschlossen hatte.
    Sie wollte in die Gruft!
    Nicht umsonst hatte sie schon seit Stunden die Unruhe verspürt. Das mußte etwas zu bedeuten haben.
    Berühmt war die Familiengruft der McLellans. Leider gab es nur wenige Fremde, die sie gesehen hatten, und die schwiegen lieber, denn man flüsterte sich zu, daß durch diese Gruft der Atem des Höllenfürsten wehen würde.
    Der Höllenfürst.
    Gilda dachte an ihn und mußte lachen. Er stand auf ihrer Seite, das hatte Gideon damals versprochen. Sie schüttelte sich, als sie die Gewehre sah, die hinter der Scheibe schimmerten. Es waren Jagdwaffen darunter, aber auch Revolver und sogar eine Maschinenpistole. Der Vater hatte immer darauf geachtet, gut bewaffnet zu sein, falls es den McLions einfiel, einen Überfall zu starten. Und in die Gruft waren sie schon eingedrungen.
    Eine Todsünde, ein Vergehen, das man schon als Verbrechen bezeichnen konnte, aber die McLions würden sich wundern. Verdammt wundern sogar, denn diesen Raub hatten sie nicht umsonst durchgeführt.
    Wie jedes Clan-Mitglied besaß auch Gilda einen Schlüssel zum Waffenschrank. Sie schloß die rechte der beiden Türen auf und griff dorthin, wo die Maschinenpistole lag. Es war ein kleines Modell, eine tschechische Waffe, sehr leicht zu bedienen und treffsicher.
    Als Gilda die Waffe entnahm, da streichelten ihre Hände das Metall, und sie bekam ein Gefühl der Sicherheit. Sollten die anderen kommen, sie würde schon aufräumen.
    Für einen Moment zögerte sie noch. Sollte sie warten, bis der Vater und ihre beiden Brüder zurückgekehrt waren? Nein, jeder McLellan, ob Mann oder Frau; hatte hier eine Aufgabe zu erfüllen, und einen Unterschied gab es nicht.
    Gilda schloß den Schrank sorgfältig wieder ab und schritt auf die Tür zu.
    Sie passierte den rustikalen Kamin, wo ihre Schritte durch das echte Bärenfell gedämpft wurden, und durch einen offenen Rundbogendurchgang erreichte sie einen kleinen Vorraum, in dem ein hoher Geschirrschrank seinen Platz gefunden hatte.
    Die Tür befand sich direkt daneben.
    Gilda öffnete sie und wäre fast mit Anny, der alten Haushälterin, zusammengestoßen. Irritiert preßte sie ihre Hände gegen den wogenden Busen.
    »Himmel, Miß Gilda, haben Sie mich erschreckt.« Sie warf einen
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