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0252 - Die Tochter des Totengräbers

0252 - Die Tochter des Totengräbers

Titel: 0252 - Die Tochter des Totengräbers
Autoren: Jason Dark
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ebenfalls, und er hatte so gut wie nie Widersprüche seiner Tochter erlebt, in der Pubertätszeit ausgenommen. Deshalb überraschte ihn die Antwort auch so und machte ihn gleichzeitig sehr wütend.
    »Ich frage dich zum letzten Mal, Marion, kommst du nun mit oder nicht?«
    »Ich bleibe, Dad!«
    Jason Price verzog das Gesicht, als würden Schmerzen in seinem Körper toben. Was er vorhatte, das tat er nicht gern, aber es gab keine Möglichkeit mehr. Mit Worten hatte er sie nicht überzeugen können, nun mußten Taten folgen.
    Zudem wunderte er sich über die Entschlossenheit seiner Tochter. So hatte er sie noch nie erlebt. Bevor er losging, gab er sich einen Ruck. Nicht mehr als drei Schritte trennten ihn vom Grab des Richters. Die Entfernung schmolz schnell zusammen. Noch einmal blieb er stehen, wobei er den Eindruck machte, als wollte er etwas sagen, dann den Kopf schüttelte und zugriff.
    Den rechten Arm hatte er ausgestreckt, die Hand gespreizt, und die Finger umklammerten die rechte Schulter seiner Tochter. »Du kommst jetzt mit!«
    »Neiiinnn!« kreischte Marion. Sie wehrte sich, wollte sich aus dem Klammergriff winden, doch ihr Vater hatte Kraft. Er ließ Marion nicht los. Was er einmal gepackt hatte, das ließ er nicht so schnell wieder los. Er zog sie in die Höhe.
    Das Mädchen versteifte sich. Es schüttelte den Kopf. Die langen blonden Haare flogen und wischten durch das zerfurchte Gesicht des Totengräbers. Er mußte noch mit der linken Hand nachgreifen, um seine Tochter auf die Beine zu zerren.
    Schließlich stand sie. Für die Länge eines Gedankens schien sie eingefroren zu sein, bis sie sich wieder bewegte und dabei mit beiden Füßen zutrat.
    Sie wollte die Schienbeine ihres Vaters treffen. Beim erstenmal fehlte sie, dem zweiten Tritt jedoch hatte der Totengräber nichts mehr entgegenzusetzen. Er hämmerte gegen die empfindliche Stelle und fühlte sich an wie ein Messerstich.
    Jason Price unterdrückte nur mühsam einen Fluch. Er verzog das Gesicht, schüttelte den Kopf und schleuderte Marion herum. Die Reaktion war aus seiner Wut zu verstehen, und er erschrak über sich selbst, als Marion gegen den Stein des nächsten Grabs prallte und schmerzhaft das Gesicht verzog. Die Lampe hatte sie dabei umgestoßen. Auf der Erde brannte sie weiter, wobei das Petroleum allmählich auslief und Feuer fing.
    Jason Price machte sich Vorwürfe. »Das… das wollte ich nicht, Kind. Bitte, du …«
    Marion drückte sich ab. »Schon gut, Dad, schon gut. Du kannst ihn doch nicht aufhalten.« Sie drehte den Kopf und schaute auf das Grab des Richters, das voll im Widerschein des ausgelaufenen und brennenden Petroleums lag.
    »Wen kann ich nicht aufhalten?«
    »Na, ihn!«
    Jason Price schüttelte den Kopf. Er stand mehr im Schatten. Seine hochgewachsene Gestalt wirkte düster, und als er schluckte, bewegte sich der Adamsapfel tanzend unter der dünnen Haut am Hals.
    »Willst du damit sagen, daß ein Lebender hier begraben liegt?«
    »Ja, Dad, das will ich.«
    »Wie kommst du darauf?«
    »Ich habe es gehört«, stieß Marion hervor. »Ich habe die Geräusche genau vernommen, denn er hat auch mich verstanden, als ich mit ihm redete. Obwohl uns so viel trennt.«
    Der Totengräber schüttelte den Kopf. »Du bist verrückt, Mädchen. Völlig irre. Wie konnte das nur geschehen?« Er stellte sich verzweifelt diese Frage und gab sich die Antwort gleich selbst.
    »Vielleicht bin ich auch schuld daran gewesen. Vielleicht…«
    »Du hast sie mir gezeigt, Dad. Und jetzt liebe ich die Toten. Sie sind meine Freunde und sprechen sogar mit mir.«
    Jason Price stierte seine Tochter ungläubig an. »Du machst dir etwas vor, Kind. Tote können nicht mehr…«
    »Hast du sie denn gelesen, Dad?«
    »Was?«
    »Die Aufzeichnungen des Richters.«
    »Nein, natürlich nicht.«
    »Ich wußte es. Wenn du sie gelesen hättest, würdest du jetzt anders darüber sprechen.«
    »Worüber, zum Teufel?«
    »Über den Tod und dessen Folgen.«
    »Folgen, Folgen.« Er breitete die Arme aus und deutete auf sich selbst. »Ich habe sie nur begraben, dann war die Sache für mich erledigt, verstehst du?«
    »Ja, schon, und ich weiß auch, daß du vergessen hast, eine Beziehung zu ihnen aufzubauen.« Sie ging einen Schritt vor und schaute ihren Vater starr an. »Du hättest es längst tun können, dann würdest du mich auch verstehen, denn die Toten sind etwas Besonderes.«
    Jason Price glaubte, einen bösen Traum zu erleben. Er fühlte sich als Hauptdarsteller eines
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