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0252 - Die Tochter des Totengräbers

0252 - Die Tochter des Totengräbers

Titel: 0252 - Die Tochter des Totengräbers
Autoren: Jason Dark
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billigen Films, denn wie seine Tochter sprach, so sprach kein normaler Mensch, es sei denn, er mußte nach einem Drehbuch reden. »Das, was du mir eben an den Kopf geworfen hast, meinst du doch nicht im Ernst?« fragte der Mann.
    »Es ist mein voller Ernst.«
    »Wie soll ich denn zu den Toten eine Beziehung aufbauen? So etwas gibt es nicht.«
    »Ich habe es dir vorgemacht. Und du hättest dir die alten Aufzeichnungen des Richters anschauen müssen, denn in ihnen steht alles genau erklärt.«
    »Das ist doch absurd!«
    »Es mag zwar so klingen, absurd ist es nicht, Dad. Ich habe es dir vorgemacht.« Sie drehte den Kopf zum Grab des Richters hin und schaute auf das Feuer.
    Das Petroleum war so weit ausgelaufen, daß es eine kleine Feuerwand an der rechten Seite des Grabs gebildet hatte. So war die letzte Ruhestätte des Richters genau zu erkennen. Da Jason Price dem Blick seiner Tochter gefolgt war, schaute auch er sich das Grab an und hatte plötzlich das Gefühl, in einem Alptraum zu stecken.
    Blumen hatten das Grab nie geziert. Oder nur sehr selten, und dies kurz nach der Beerdigung. Da hatte Thelma Price hin und wieder einen Strauß in die feuchte Erde gedrückt. Ansonsten war es flach und schmucklos geblieben, bis eben auf den Grabstein, den sich der Richter zu seinen Lebzeiten immer gewünscht hatte.
    Und vor diesem Stein bewegte sich die Erde.
    Es war niemand, der sie aufschaufelte und sich dafür verantwortlich zeigte.
    Es sei denn, der Tote…
    Jason Price lief ein Schauer über den Körper. Sein Herz schien eingeklemmt zu sein, so sehr drückte es plötzlich in seiner Brust. Er zwinkerte mit den Augendeckeln, der Blick verschleierte, und er wollte nicht glauben, was er mit eigenen Augen zu sehen bekam.
    Etwas Unheimliches, Grauenhaftes nahm seinen Anfang. Und wie aus weiter Ferne hörte er die Stimme seiner Tochter Marion.
    »Er kommt, Daddy. Der Richter kommt zurück…«
    ***
    Ein Ghoul!
    Mein Gott, wie grauenhaft. Obwohl wir ihn nicht gesehen hatten, wußten wir Bescheid. Wenn eine Leiche so aussah, dann konnte nur ein Ghoul dafür verantwortlich sein.
    Ich schüttelte mich. Bill hatte sich zur Seite gedrückt und auf einen der Schemel gesetzt. Ich hörte, wie er würgte und schluckte.
    Das Bild war einfach zu schlimm.
    Wir hatten oft genug mit Ghouls zu tun gehabt. Wenn es überhaupt eine Steigerung des Wortes scheußlich gab, dann traf sie auf einen Ghoul zu. Diese dämonische Abart war an Grausamkeit und Scheußlichkeit nicht zu überbieten, und es gab sogar unter den Schwarzblütern nicht wenige, die einen Ghoul verabscheuten und ihn töteten, sobald er in ihre Nähe geriet.
    Bevorzugter Aufenthaltsort von Ghouls waren die alten Friedhöfe. Man hörte oft, daß sie sich von Grab zu Grab Verbindungsgänge geschaffen hatten, um bequem an ihre Opfer zu gelangen. Beweise dafür gab es, wenn Tote exhumiert wurden und die überraschten Graböffner vor den grauenhaften Spuren standen, die ein Ghoul hinterlassen hatte.
    Wie auch wir in diesem Fall.
    Aber wo steckte er? Hatten wir ihn vielleicht gestört? Hatte er unser Kommen bemerkt und sich aus diesem Grunde verborgen?
    Wir hatten nichts mitgebracht, das wir über den Toten breiten konnten. Deshalb mußten wir ihn erst einmal so liegenlassen. Ich drehte mich um. Auch in meinem Magen hatte sich ein flaues Gefühl ausgebreitet, und ich fragte mich, in was für einen Fall wir hier wieder hineingestolpert waren.
    Bill Conolly hatte sich so hingesetzt, daß er den Toten nicht anzuschauen brauchte. Der Grillofen verdeckte ihn, von der Leiche waren nur die Beine zu erkennen. Die Füße steckten in hohen Schuhen, die einen Reißverschluß hatten. An seinem rechten Schuh hatte sich die Sohle gelockert. Sie hing wie ein brauner Lappen nach unten. Für einen Waldspaziergang war er nicht gekleidet. So lief kein normaler Mensch in den Wald, um einen Spaziergang zu machen.
    Deshalb nahm ich an, daß es sich bei dem Toten um einen Stromer handelte.
    Neben Bill blieb ich stehen, holte Zigaretten hervor und bot dem Reporter ebenfalls ein Stäbchen an. Er nahm es mit einem dankbaren Nicken. Ich spendierte auch Feuer.
    Wir rauchten schweigend. Der Dampf wölkte träge davon. Manchmal überkam mich eine Gänsehaut. Ich stellte fest, daß auch Bill nicht davon verschont blieb.
    Ausgerechnet Ghouls!
    Die widerlichsten aller Dämonen, die man sich überhaupt vorstellen konnte. Und wir hatten Spuren gefunden, die auf einen Ghoul hinwiesen.
    Bill unterbrach das drückende Schweigen.
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