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0239 - Das Erbe des Zauberers

0239 - Das Erbe des Zauberers

Titel: 0239 - Das Erbe des Zauberers
Autoren: Rolf Michael
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hatte. Das Auge dessen, um den der Tod gnadenlos seine Kreise gezogen hatte, konnte sich nicht satt sehen an diesem Wunder der Natur.
    »Mit diesem Blick«, dachte Zamorra in seinen schwindenden Sinnen, »mit diesem Blick auf diese einzigartige Schönheit, die von der Mutter Natur hervorgebracht wurde, will ich sterben!«
    Und seine Augen labten sich an dem Anblick, während der Schmerz ihm fast die Sinne raubte.
    Ein häßliches Zischen aus dem Rachen der Anakonda.
    Wie eine Peitsche zuckte die gespaltene, rote Zunge auf und ab.
    Der letzte Teil der Tragödie hatte begonnen.
    ***
    Zamorra wußte nicht, ob das, was er jetzt sah, noch der Wirklichkeit entsprach, oder ob ihm während des Hinübergehens in die Welt des Todes irgendwelche Fantasien oder Hirngespinste vorgegaukelt wurden. Denn die Jenseitsforscher, die Thanatisten, behaupten, daß in seiner Sterbestunde der Mensch all das zu sehen bekommt an was er glaubt oder was ihm in seiner Schönheit und Großartigkeit den Übergang ins Reich der Schatten erleichtert.
    Vor den irre flackernden Augen des Parapsychologen begann sich die Orchidee zu verändern. Sie wuchs, veränderte Größe und Gestalt. Konturen zerflossen und nahmen Gestalt und feste Formen an. Nebel wallten auf, teilten sich und zerfielen.
    Zurück blieb eine Gestalt. Der Körper mochte sicherlich einem Menschen gehören, aber das Gesicht, in das der Professor blickte, strahlte von einer Schönheit, die nicht von dieser Welt zu sein schien. Goldfarbenes Haar umkräuselte in weiten, wallenden Locken ein Antlitz, das Modell für sämtliche Engelsstatuen in den Domen, Kirchen und Kathedralen der zivilisierten Welt gestanden haben mochte. Lange Wimpern lagen über blauen Augen. Das ebenmäßige Gesicht hatte eine Farbe wie durchscheinender Alabaster.
    Langsam öffnete sich der Mund des Wesens mit der mädchenhaften Gestalt. Und Zamorras Ohr umschmeichelte ein Gesang. Lieblich und wohltuend, wie er bisher noch keinen vernommen hatte.
    Da - sollte es wahr werden - ein Wunder.
    Die fürchterliche Fessel des Schlangenleibes, die eben daranging, seinen Körper zu zerquetschen, begann sich zu lösen. Ein tiefer, pfeifender Luftzug drang in Professor Zamorras Lungen. Immer mehr öffneten sich die Ringe, die Yakku-Mama um seinen Körper geschlungen hatte, während die Erscheinung aus der Orchidee unverändert sang.
    Die Sprache, in der dieses Lied abgefaßt war, hatte Professor Zamorra nie gehört, die Melodie war ihm so fremdartig und doch so vertraut. Die schmeichelte sich in sein Ohr ein und ließ ihn den Schmerz vergessen.
    Wo hatte er einen solchen Wohlklang schon einmal gehört? Und während er noch darüber nachdachte, fiel ihm auch schon die Lösung ein.
    Die Harfe von Esh-dhun-damar. Glarelion, der letzte Hochkönig der Elben, sein erster Verbündeter im Kampfe gegen die Macht des Amun-Re, hatte sie geschlagen.
    Glarelion - wie weit lagen die Tage zurück, seit er Seite an Seite mit dem Elbenkönig der Gewalt des Magiers aus dem alten Atlantis getrotzt hatte.
    Sollte dieses Geisterwesen in Mädchengestalt, sollte sie zum Gefolge des Elbenherrschers gehören? Noch jetzt hallten in Zamorras Ohren die Worte Glarelions nach.
    »…die Elementargeister aber entsannen sich ihres Paktes mit den Elben und nahmen die Erstgeborenen auf!« hatte er ihm verkündet. »Und so lebt das Volk der Elben heute in der Natur. In den Bäumen und Gewässern, in den Wiesen, den Bergen und in der Schönheit der Blumen…«
    Mit lautem Platschen fiel die Schlange von Zamorra ab, klatschte auf das dürre Laub unter ihm. Der Franzose stieß einen Seufzer der Erleichterung aus. Noch einen Moment - dann hatte er genug Kräfte gesammelt, um sich erneut emporzuziehen.
    Immer noch sang die Erscheinung aus der Orchidee. Langsam begann die Schlange, sich hinweg zu ringeln.
    Noch einmal musterte Zamorra das ebenmäßige Gesicht. Das Gewand, das in weiten Falten den Körper umspann, schien in allen Farben des Regenbogens zu leuchten. Das ganze Spektrum des Lichts spiegelte sich darin wider. In der rechten Hand hielt das Wesen einen schöngeschwungenen Bogen, der in reinem Silber glänzte, die Linke trug drei gefiederte Pfeile, die ebenfalls aus purem Silber gearbeitet schienen.
    Fast erschien es Zamorra ein Frevel, diese Gestalt, die Schönheit und Eleganz in sich vereinigte, anzusprechen.
    Da vernahm er in nächster Nähe Rufen und Schreie. Deutlich erkannte er Nicoles angstvolle Stimme und Stantons Ruf.
    Die herrliche Gestalt der
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