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0239 - Das Erbe des Zauberers

0239 - Das Erbe des Zauberers

Titel: 0239 - Das Erbe des Zauberers
Autoren: Rolf Michael
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Eine gespaltene Zunge fuhr blitzartig aus dem spaltbreiten Maul. Die Muskelringe des Körpers begannen zu arbeiten. Schon hing der häßliche Schädel des Reptils in senkrechter Stellung, ringelte sich hin und her und fand endlich den stärksten Teil des Astes, an dem sie sich herablassen konnte.
    Der schleichende Tod glitt den Baum hinab…
    ***
    Professor Zamorra nannte sich einen Narren.
    Ohne Sinn und Verstand war er hinter dem Mädchen her in den Urwald gelaufen in der Hoffnung, die Tochter des Estanciero noch aufhalten zu können. Denn ihm war längst klar, daß sie auf dem Wege des Übersinnlichen gerufen wurde.
    Und gegen diesen Ruf gab es für normale Menschen nichts entgegenzusetzen. Gegen einen solchen Befehl gab es keine Verweigerung.
    Er hatte nicht auf den Weg geachtet. Und so war er in eine simple Falle geraten, mit der die Peones die Estancia vor wilden Tieren schützten. Sein Fuß trat in eine Schlinge, und der Ast des mächtigen Baumes schnellte in seine ursprüngliche Lage zurück.
    Nun hing der Meister des Übesinnlichen mehrere Fuß über dem Erdboden.
    Verzweifelt versuchte er, seinen Körper hochzuschleudem. Er mußte das Seil erreichen und den Knoten lösen.
    Im gleichen Moment durchgellte ein fürchterlicher Schrei die Urwaldnacht. Alle Furcht und Hilflosigkeit eines Mädchens zitterte darin.
    Zamorra stöhnte auf. Sein Einsatz war vergebens gewesen.
    Nur mehrere Steinwürfe weit entfernt wand sich das Mädchen Christiana in den rohen Händen des Gonzales Morena. Sein heißer Atem schlug ihr entgegen, der Gestank von Tabak und billigem Alkohol ließ Übelkeit in ihr aufkommen.
    Und das Mädchen konnte sich nicht erklären, wie sie in diese Situation geraten war. Sie erwachte wie aus einem tiefen Schlaf und fand sich in der Situation eines fürchterlichen Alptraumes wieder.
    Denn kaum hatte der dicke Waffenhändler das Mädchen gepackt und die zarten Handgelenke mit rauhen Sisal-Seilen gefesselt, verließ Amun-Re’s Geist das Innere des Mädchens, das sich nun seiner Lage bewußt wurde.
    Während er seine Hände um den sich windenden Körper des Mädchens strickte, bemerkte er aus den Augenwinkeln, wie das Leben wieder in den Körper Amun-Re’s zurückkehrte. Der Kinnbart begann leicht zu zittern, die Augenlider flatterten, dann öffnete der Herrscher des Krakenthrones seinen Mund und lachte.
    Das Lachen des Magiers berührte den Meister des Übersinnlichen wie ein Reibeisen. Kein Zweifel, wer der Gegner war, der in der Finsternis des Urwaldes nur darauf wartete, den Tod zu versenden.
    Überall wurde das Lachen gehört. Im Haupthaus der Estancia zuckte Nicole Duval, die sich um den niedergeschlagenen Roger Benjamin Stanton bemühte, zusammen.
    In ihren Verstecken bekreuzigten sich die Peones, die Don Emilio zur Verteidigung der Estancia aufgeboten hatte. Denn der Estanciero rechnete mit einem Gegner aus Fleisch und Blut. Er glaubte an den Angriff einer Horde von Bandidos aus dem Delta des Orinoco. Nie wäre ihm der Gedanke gekommen, daß ihn ein Gegner bedrohen könnte, gegen den eine Gewehrkugel nichts ausrichtete.
    Und die Peones hörten Zamorras Hilferuf. Er kam nur ganz schwach und konnte im Haus, wo Nicole den lädierten Hinterkopf Stantons mit kühlen Tüchern behandelte, nicht gehört werden.
    »Hilfe! Schneidet mich los. Ich bin in eine Falle getappt!« drängte Zamorras Stimme. Aber keiner der Peones rührte sich.
    Die Estancia zu verteidigen oder in dunkler Nacht in den Dschungel einzudringen, das waren zwei völlig verschiedene Dinge. Denn der Urwald war bei Nacht tückisch und gefährlich. Auf jeden Schritt und Tritt lauerte die Gefahr. Und wer die Gefahr suchte, kam darin um.
    Sie hingen alle am Leben, hatten Frauen und Kinder. Sie sahen es nicht ein, warum sie für den verrückten Gringo, der so unüberlegt in den Wald gelaufen war, den Hals riskieren sollten. Außerdem - vielleicht war das alles nur eine Falle. Ja, gewiß! Zamorra war von den Bravos des Delta gefangen worden und jetzt zwangen sie ihn mit einem Messer an der Kehle, um Hilfe zu rufen.
    Tuschelnd machte diese Vermutung die Runde unter den Peones, während von Feme weiterhin Zamorras Hilferuf ertönte. Ja, bestimmt. Die Delta-Bandidos hatten ihn gepackt und würden ihm danach so oder so die Kehle durchschneiden. Die Madonna sollte ihm beistehen.
    Schließlich sah Zamorra ein, daß ihn niemand aus seiner verzweifelten Situation retten würde. Er hatte wieder Kräfte gesammelt. Leicht ließ er den Körper hin und
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