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0228 - Der Leichenpfad

0228 - Der Leichenpfad

Titel: 0228 - Der Leichenpfad
Autoren: Jason Dark
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starrten zu Boden. Vor dem geheimnisvollen Totenpfad fürchtete sich jeder. Dort ging etwas Unheimliches vor, was da war und niemand so recht erklären konnte, obwohl es die alten Geschichten gab, aber die wollte keiner offiziell glauben.
    Minuten vergingen.
    Der Krieg schien eine Pause eingelegt zu haben. Selbst die Echos des Geschützdonners waren nicht mehr zu hören. Nur die fahlen Lichter zuckten noch über den fernen Himmel.
    Nachdem zehn Minuten vergangen waren, kam Göpfert zurück. Er führte ein Pferd an der Leine. Hufgetrappel war zu hören.
    Vor dem Wagen blieb der alte Gaul stehen. Er zog sonst Egge und Pflug über die Äcker, jetzt sollte er den Leichenwagen ziehen.
    Der Pfarrer schlug das Tier leicht gegen die Kruppe. »Tu deine Pflicht«, sagte er, »und bring die Toten zu ihrem Platz. Wir werden sie am Tage begraben, und dann möchte ich euch alle hier sehen, habt ihr verstanden?« fragte er und drehte sich um.
    Die Männer und Frauen nickten. Zwei männliche Personen lösten sich von der Gruppe und hoben die schwere Deichsel an. Sie verbanden sie mit dem Geschirr des Pferdes, das unwillig seinen Kopf schüttelte, als hätte es ebenfalls Furcht vor dem Weg über den geheimnisvollen Totenpfad.
    Der Pfarrer stieg zuerst auf den Bock. Göpfert folgte langsamer.
    Erst als der Geistliche drängte, beeilte er sich, und als er neben dem Pastor saß, da sagte er: »Von dieser Reise komme ich nicht mehr zurück!«
    Seine Stimme hatte dumpf geklungen. Jeder der Umstehenden hatte sie vernommen, und keinem war wohl bei der Sache. Sie alle hatten Angst. Manche beteten wieder, andere standen nur starr und schauten mit unbewegten Gesichtern zu Boden.
    Pfarrer Schmitz nahm die Zügel und warf sie Göpfert herüber.
    »Sei nicht so dumm und mach dir selbst was vor. Los, wir haben nicht soviel Zeit, ich will noch etwas schlafen.«
    »Können Sie das denn?«
    »Ja, ich kann es. Trotz dieses Elends und des Schreckens.«
    Da gab der Mann keine Antwort mehr. Er schlug die Zügel auf den Rücken des Tieres, das sich unwillig in Bewegung setzte und abermals seinen Kopf schüttelte.
    Der Wagen ruckte an. Die Räder drehten sich quietschend. Das einfache Gefährt rumpelte über die langen Bodenfurchen und Querrillen, so daß die beiden Männer auf dem Bock durchgeschüttelt wurden. Sie verließen das Dorf und fuhren dorther, wo der Wald gerodet worden war, nachdem die schweren Panzer der deutschen Einheiten ihn schon vorher zum großen Teil zerstört hatten.
    Hinter diesem Stück begann der Pfad!
    Er war wie eine Schlange und wand sich in zahlreichen Kurven dem Nachbardorf zu. Er führte durch ein Wiesen- und Feuchtgelände und endete an einem alten Friedhof, wo schon seit Jahrhunderten die Toten begraben wurden.
    Der Friedhof war unheimlich. Sehr klein, aber irgendwie paßte er in die Gegend. Des nachts traute sich niemand mehr, zwischen die Grabreihen zu gehen, während er tagsüber völlig normal aussah.
    Auf diesem Totenacker sollten die Leichen am nächsten Tag begraben werden.
    Göpfert warf einen Blick zum Himmel. Es war eine düstere Nacht.
    Kein Mond, kein Stern leuchtete. Der Märzwind brachte noch einmal Kälte mit, und es roch sogar nach Schnee. In der Eifel keine Seltenheit, auch wenn die Frühlingsmonate bereits angebrochen waren.
    »Immer noch Angst?« fragte der Pfarrer.
    »Ja.«
    »Aber warum?«
    »Wir sind des Todes. Dieser Pfad darf gegen Mitternacht nicht benutzt werden. Da kommen die Geister zurück, Herr Pfarrer, das stimmt. Und wir sind des Todes.«
    Der Geistliche lachte. »Komisch ist es schon, wie leicht man euch in eurem Aberglauben stärken kann. Geister. Dämonen, Wesen der Nacht, Himmel, das gibt es alles nicht, so glaub mir doch.«
    »Herr Pfarrer, ich sehe das anders.«
    »Na ja, dann sieh mal. Auf jeden Fall haben wir den Totenpfad inzwischen erreicht.«
    »Leider.«
    Pastor Schmitz lächelte nur. Er wollte Göpfert nicht verstehen, aber die Dörfler waren von ihrem Aberglauben einfach nicht abzubringen, da konnte man reden, wie man wollte.
    Ein paarmal mußte Göpfert mit den Zügeln schlagen. Die Lederriemen klatschten hart auf den Pferderücken.
    »Was ist los?«
    Göpfert schüttelte den Kopf. »Das Tier will nicht so recht. Es spürt die Gefahr, Herr Pfarrer.«
    »Unsinn.«
    »Tiere sind da anders als Menschen. Ich kenne mich mit ihnen aus. Die haben einen besseren Riecher als wir.«
    »Göpfert, du bildest dir da etwas ein und steigerst dich durch dein Reden immer mehr hinein, das ist
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