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0220 - Die Stunde der Ghouls

0220 - Die Stunde der Ghouls

Titel: 0220 - Die Stunde der Ghouls
Autoren: Rolf Michael
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Tage des Gerichts entgegendämmern. In solch einer Nacht wühlen sie in den Gräbern die Leiber der Verstorbenen aus und stillen ihre Freßgier. Danach kehren sie zurück. Es wird erzählt, daß der Schwiegervater meines Großvaters die Ghouls gesehen hat. Aber danach konnte er nie mehr lachen. Sein Geist umwölkte sich. Und jeder, der ihn kannte, sagte, daß ihm Allah mit seinem Tod wenige Monde darauf eine große Gnade hatte zuteil werden lassen!«
    Die Stimme des Ägypters verhallte wie ein eherner Gong in der hohen Halle des »Winter-Palace«.
    Keiner hatte das Bedürfnis, in diese fast weihevoll zu nennende Stille ein Wort zu sagen. Zamorra sah sehr nachdenklich aus. Tina Berner drückte sich an Michael Ullich. Der ehemalige Versicherungsagent sah in große, dunkle Kulleraugen, aus denen noch der überstandene Schrecken sprach.
    »Gut. Dann war das also die Nacht dieser Bestien!« wagte es Adolf Mäusezahl, die Stille zu unterbrechen und wies auf das Fenster. Draußen zog ganz allmählich die Röte des Morgens auf. Der kommende Tag schickte seinen Vorboten.
    »Ja, ich glaube auch, daß wir für diese Nacht sicher sind«, murmelte Zamorra. »Außerdem liegt der Nil zwischen uns und ihnen. Die werden sich wieder in ihre unheiligen Gelasse verkrochen haben.«
    »Hoffen wir es!« piepste Tina Berner. »Ich will diese häßlichen Gestalten nie, nie mehr Wiedersehen!«
    »Jetzt gehen wir erst mal schlafen!« sagte Zamorra gähnend und stand auf. »Ein alter Mann wird schließlich auch mal müde. Carsten, denk bloß nicht, daß wir morgen weiterbuddeln. Für mich ist morgen der 14. Juli!«
    »Professor Zamorra ist Franzose!« erklärte Möbius unter Lachen dem Reiseleiter und Tina. »Am 14. Juli 1789 wurde die Bastille erstürmt. Das ist heute noch Nationalfeiertag und…«
    »… und da arbeitet kein Franzose!« vollendete Michael und gab Tina Berner einen Kuß auf die Stupsnase.
    »Ach, sagen Sie…« rief der Parapsychologe noch einmal den Kellner, der gerade in Begriff war, die leeren Biergläser abzuräumen. »Weiß man eigentlich, wann und wie oft die Ghouls erscheinen?«
    »Nicht genau!« raunte der Kellner und schob sich fast verschwörerisch an Zamorra heran. »Meist bei Sichel von aufgehendem Mond. Niemand weiß es genau. Aber heute sind sie gereizt. Man hat sie bekämpft. Und man hat ihnen die sichere Beute entrissen. Niemand weiß, wann sie wiederkommen. Vielleicht schon in der nächsten Nacht. Allah verhüte es!«
    »Hoffentlich nicht!« murmelte Professor Zamorra.
    ***
    Schlaf oder Tod. Zeit oder Ewigkeit. Für sie war alles eins.
    Sie fühlten nicht. Sie dachten nicht. Sie erinnerten sich an nichts. Sie existierten.
    Das war alles. Und das war genug.
    Und sie hatten Hunger. In dieser Nacht war ihr Fraß gestört worden. In dieser Nacht war ihr gräßliches Tun beobachtet worden. Und einige von ihnen waren den Weg in die ewige Schwärze gegangen.
    Aber das Opfer - die Opfer - sie waren entkommen.
    Und der bösartige Instinkt sagte den Ghouls, daß sie in dieser Nacht nicht mehr an eine Verfolgung denken konnten. Sie mußten zurück in die Klüfte, in denen sie seit unvorstellbar langer Zeit begraben waren und aus denen sie auf unerklärlichem Wege entlassen wurden, um in ihrer Nacht ihr Mahl zu halten. Denn sie scheuten das Licht. Die Sonne wirkte tödlich auf sie. Daher die fürchterliche Verwirrung, als Carsten Möbius seine Leuchtrakete direkt ins Zentrum des Angriffs feuerte.
    Die Ghouls ruhten - aber sie waren nicht wieder in Schlaf gefallen. Nagender Hunger hielt die Bestien wach. In der nächsten Nacht würden sie wieder erwachen. Und sie würden wieder wandeln und der Spur ihrer Opfer folgen.
    Nichts - gar nichts würde sie aufhalten können!
    ***
    Die Sonne stand schon weit im Westen, als Professor Zamorra erwachte. Verwundert schaute er auf die Uhr. Er gehörte zwar nicht zu den Frühaufstehern, aber einen ganzen Tag verschlafen, das war sonst auch nicht seine Art.
    Die Strapazen der vergangenen Nacht hatte er ganz gut überstanden. Und er hoffte, daß die Bestien der Nacht sich vorerst nicht mehr blicken ließen.
    Nach einer ausgiebigen Dusche war er wieder ganz der Alte. Aus seinem Gepäck fischte er einen neuen Anzug aus blendendweißem Jeansstoff. Das war nicht nur eine seiner Lieblingskleidungsstücke, sondern die helle Kleidung war hier auch ganz praktisch zu tragen. Bedauernd ließ er die Textilien, die bei dem Kampf mit den Ghouls in Fetzen gegangen waren, in den Papierkorb sinken.
    Mit
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