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0219 - Das Grab im Korallenriff

0219 - Das Grab im Korallenriff

Titel: 0219 - Das Grab im Korallenriff
Autoren: Rolf Michael
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Platschen des Wassers hörte Manuelito nicht mehr, als er sich von Bord der Jacht rückwärts in die grünblaue Tiefe gleiten ließ. Das Wasser war kühl, jedoch nicht unangenehm. Mit kräftigen Schwimmstößen und Schlägen mit den Flossen an den Füßen drang der Puertoricaner in die seltsame Wunderwelt unter dem Meeresspiegel vor. Blubbernd stiegen Blasen verbrauchter Atemluft nach oben.
    Kurz versicherte sich der Gefolgsmann des Patriarchen, daß ihm seine Männer folgten. Ja, es waren alle da und strebten gleich ihm dem Meeresboden entgegen, wo sagenhafter Reichtum und märchenhafte Schätze ihrer Entdeckung harrten.
    Oder der Tod! Aber daran dachte der Puertoricaner nicht. Suchscheinwerfer fraßen sich in die Tiefe, störten ganze Fischschwärme auf und ließen sie mit grazilen Bewegungen die Flucht ergreifen. Nirgends eine Spur von Raubfischen. Mochte der Teufel wissen, wieso die gefürchteten Bestien, die eben noch Fred Pounders Körper bedroht hatten, so plötzlich verschwunden waren. Und wenn - sie waren Männer, die größeren Gefahren gegenübergestanden hatten. Und sie hatten Harpunen und scharfe Tauchermesser.
    Tiefer hinab! Tiefer! Ins Unergründliche!
    Da in der Tiefe zeichnete sich schon das Gewirr des Korallenwaldes ab. Die Unterwasserscheinwerfer der Männer wanderten über diesen versteinerten Wald. Wieder und immer wieder.
    Manuelito strengte seine Augen an. Zwar war das Wasser klar, aber es war sehr dunkel hier unten. Hatte der Amerikaner gelogen? Oder war es ein Tiefenkoller gewesen? Goldkrone? Karfunkelstein? Konnte das nicht das Produkt der Fantasie eines Menschen sein, der unmittelbar den Tod zwischen den Reißzähnen der fürchterlichen Haie vor Augen sieht?
    Manuelito wußte, daß er ein gefährliches Spiel begonnen hatte. Denn der Befehl des Patriarchen lautete, die Schätze der spanischen Silberflotte zu sichern. Und es konnte lebensgefährlich sein, einen Befehl des Patriarchen zu mißachten.
    Aber dann leuchteten die Strahlen der Scheinwerfer über kreisförmig angeordnete Steinplatten. Und in der Mitte dieses ganz gewiß von Menschen angeordneten Steinkreises saß es.
    Manuelito war gewiß ein harter Mann, aber beim Anblick dieser Schreckensgestalt hätte er laut aufgeschrien, wenn er nicht das Atmungsgerät im Mund gehabt hätte. Die Gestalt Grommhels, des Alten, mit keinem lebenden Wesen vergleichbar, senkte das Grauen in die Herzen der Männer. Welchen Teufel hatte der Meeresgrund hier ausgespien? Was war das für eine seltsame Mutation, die an eine Kreuzung zwischen einem Bären, einem Primaten und einem Tintenfisch erinnerte? Lidlose Augen musterten die Taucher, Tentakelarme ringelten sich ihnen entgegen.
    Aber auf dem, was nach den derzeit gültigen Vorstellungen als Kopf zu gelten hat, blitzte es golden auf. Ja, das war sie, die Goldkrone mit dem Karfunkelstein! Und Manuelitos Furcht wurde von Begierde abgelöst. Er mußte dieses Kleinod besitzen! Sein Blick suchte seine Männer. Ha, sie wußten genau, was er wollte. Die verwegenen Abenteurer, deren Ergreifung sich Interpol eine ganze Menge Geld hätte kosten lassen, hatten das Ungeheuer aus der Tiefe förmlich eingekreist. Es konnte nicht mehr entkommen. Mit der linken Hand gab Manuelito seinen Männern ein Zeichen.
    Das Zeichen zum Töten!
    Seine Rechte brachte das Harpunengewehr in Stellung…
    ***
    Grommhel sah mehr belustigt als erbost die Gestalten um sich herum. Aber ihre Gedanken lagen vor ihm wie ein aufgeschlagenes Buch. Und die Gedanken waren böse. Sie sprachen von Mord und Tod. Der Mensch war nicht reifer geworden. Immer noch tötete er um den Besitz des gleißenden Metalls.
    Das Wesen aus dem Grab wollte nicht töten. Aber es mußte sich wehren. Und es würde sich wehren, sobald der Angriff erfolgt war.
    War nur die Frage, ob es die Nerven und die körperliche Konstitution seiner Gegner ertragen würden. Und mit Gedankenbefehlen rief er die Kinder der Tiefe aufs neue herbei, ihm zu Hilfe zu eilen. Einem Pfeil gleich schoß der schlanke Leib des Hais durch das Wasser, der menschenfressende Barracuda folgte dem Ruf seines Gebieters, und träge ringelte sich ein gewaltiger Polyp aus seiner Höhle.
    Gerade den Kraken befahl Grommhel an die Oberfläche, um den beiden Menschenwesen, die dort oben bösartige Gedanken hegten, das Fürchten zu lehren.
    Und so erschien ein häßlicher, achtarmiger Schatten unter der Jacht…
    ***
    »Es wäre doch wirklich eine Dummheit, die beiden Señoritas so lange warten zu lassen!«
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