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0219 - Acht Kugeln für das dritte Opfer

0219 - Acht Kugeln für das dritte Opfer

Titel: 0219 - Acht Kugeln für das dritte Opfer
Autoren: Acht Kugeln für das dritte Opfer
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Reihenfolge. Zuerst kamen die Fragen nach ihrem und nach Toms Befinden. Danach das unvermeidliche Wetter. Anschießend berichtete Bill über die welterschütternden Ereignisse, die sich in den letzten vier Wochen auf seiner Farm zugetragen hatten. Und am Ende würde er mit absoluter Sicherheit auf die .herrlichen Tage in Italien' zu sprechen kommen. Das war bei ihm so üblich.
    Auch die Telefonrechnung nötigte Florence kein Interesse ab. Sie bewegte sich bei ihnen immer im üblichen Rahmen, manchmal waren es zwei Dollar oder drei Dollar weniger. Uninteressiert legte sie die Rechnung auf den Brief von Bill.
    Die Drucksachen öffnete sie alle. Liegestühle hatten sie, weg mit dem Prospekt! Zu einem Fernkursus in diesem oder jenem fehlte Tom die Zeit, und sie hatte keine Lust, Dinge zu lernen, für die sie keine unmittelbare Verwendungsmöglichkeit hatte. Die Kataloge der Versandhäuser dagegen blätterte sie gründlich durch. Namentlich den Teil, der sich mit der weiblichen Kleidung beschäftigte. Es konnte nicht ausbleiben, daß sie ein paar entzückende Sachen entdeckte.
    Jetzt war nur noch der Umschlag ohne Absender und ohne Briefmarke übrig. Nachdenklich wog Florence ihn in der Hand.
    Die Adresse lautete auf ›Familie Tom Crack‹. Dazu gehörte sie immerhin auch. Also hätte sie den Brief öffnen können. Andererseits war es vermutlich etwas, was mit Toms Arbeit zu tun hatte. Als Personalchef einer Firma, die weit über zweitausend Leute beschäftigte, kam es immer wieder vor, daß sich jemand an Tom wandte, um ihm sein Herz auszuschütten. Und aus unerfindlichen Gründen schrieben zehn Prozent der Leute an Toms Privatadresse, weil sie der irrtümlichen Meinung waren, Tom würde zu Hause einen Brief sorgfältiger lesen als in seinem Office.
    Florence legte den Brief also ungeöffnet beiseite — auf die Telefonrechnung und den Brief aus Oklahoma. Sie döste eine Stunde lang vor sich hin und räkelte sich in der Sonne. Gegen eins bereitete sie sich einen italienischen Salat, den sie mit einer Scheibe Toast verzehrte. Danach schlief sie ein Stündchen im Liegestuhl, erwachte gegen halb drei und machte sich einen Kaffee.
    Vor vier Uhr hatte es keinen Sinn, mit den Vorbereitungen des Dinners zu beginnen. Gelangweilt fing sie noch einmal an, die Kataloge der Versandhäuser durchzublättern. Da sie die Drucksachen auf denselben Tisch gelegt hatte wie die andere Post, fielen ihr wieder die drei ungeöffneten Briefe ins Auge.
    In einem plötzlichen Impuls' nahm sie den Umschlag ohne Briefmarke und riß ihn auf. Sie zog den zweimal gefalteten, weißen Bogen heraus und faltete ihn auseinander.
    Der Text war mit einer alten Schreibmaschine ggtippt. Die Typen waren veraltet Die Großbuchstaben verrutschten bei jedem Anschlag und standen eine Idee höher als die übrigen Typen. Das »o« und das »e« waren verschmutzt. Florence war jahrelang Sekretärin gewesen, sie nahm diese Kleinigkeiten wahr, bevor sie ein Wort gelesen hatte. In der Handelsschule war ähr von einem pedantischen Lehrer beigebracht worden, das äußere Bild eines Briefes strengen Maßstäben zu unterwerfen. Kopfschüttelnd machte sie sich an die Lektüre:
    »An Mrs. und Mr. Crack! Wir sind davon überzeugt, daß Sie in brieflicher Verbindung mit Ihren Verwandten in Italien stehen. Wir wissen allerdings nicht, wie weit die Offenheit Ihrer dortigen Verwandten geht. Vielleicht hat man Ihnen nicht mitgeteilt, daß Alfredo — der Sohn der Schwester von Mrs. Crack — in eine sehr dumme Geschichte verwickelt wurde, die ihm wohl einige Jahre Zuchthaus eintragen könnte. Jedenfalls hielt es Alfredo für angeraten, sich aus Italien abzusetzen. Er wählte die USA als Reiseziel. Wir brachten es nicht übers Herz, ihm seine Bitte um Hilfe abzuschlagen. Nun dürfte Ihnen selbst bekannt sein, daß es nicht ganz einfach ist, in die USA einzuwandern. Ganz sicher' aber besteht hier legal keine Möglichkeit für einen jungen Mann, der zu Hause von der Polizei gesucht wird. Alfredo hat also nur die Wahl zwischen dem Zuchthaus und einer illegalen Einwanderung in die Vereinigten Staaten. Aber selbst eine solche illegale Einwanderung würde ihm nichts nützen, wenn er keine ordnungsgemäßen Papiere vorzeigen kann. Er könnte keinen Job bekommen und wäre geradezu gezwungen, zum Dieb zu werden, wenn er hier am Leben bleiben will. Sie werden verstehen, daß seine Situation also nicht gerade rosig ist. Trotzdem sind wir der Meinung, daß man ihm eine Chance geben sollte. Wir
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