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0211 - Die Nacht in der Schreckensburg

0211 - Die Nacht in der Schreckensburg

Titel: 0211 - Die Nacht in der Schreckensburg
Autoren: Werner Kurt Giesa und Manfred Weinland
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wieder zu wecken.
    Auf den Knien rutschte er wieder ganz zu ihr heran und berührte ihre Stirn mit den Fingernspitzen. Dabei zwang er sich selbst zur Ruhe und konzentrierte sich darauf, Kontakt zu ihrem Geist zu bekommen.
    Etwas geschah, das er niemals richtig so hatte beschreiben können, wie er es empfand. Die menschliche Sprache reicht einfach nicht aus, das Fühlen und Empfinden wiederzugeben.
    Er stieß auf eine Barriere. Da war wirklich etwas Fremdes in Nicoles Geist aufgebaut worden und wirkte als Sperre nach innen und außen. Dadurch war sie wie gelähmt und nicht in der Lage, aus eigener Kraft zu erwachen, aber diese nach zwei Seiten wirkende Sperre wollte auch ihn zurückwerfen.
    Er krallte sich geistig fest.
    Sein eigener Geist formte sich zu einem Speer, der gegen die fremde Barriere anrannte und sie zu durchstoßen versuchte. Er mußte die Hypnose, in der sich Nicole befand, zerbrechen und aufheben!
    Er hörte jemanden stöhnen und wußte nicht, daß er selbst es war, der dieses Geräusch hervorrief. Auf seiner Stirn entstanden Schweißperlen.
    Da brach er durch!
    Da schrie Nicole gellend auf, bäumte sich empor, und in der Dunkelheit krallten sich ihre schutzsuchenden Hände in seine Schultern!
    Seine Konzentration zerflatterte, aber jetzt war sie nicht mehr notwendig. Der Bann war durchbrochen.
    »Nicole!« flog sein erleichterter Schrei ihr zu, und dann schlang er die Arme um ihre Schultern, preßte sie an sich und küßte ihre Lippen.
    Langsam machte sie sich von ihm frei, aber sehr langsam, und dann klang es gar nicht echt, als sie ihm vorwurfsvoll zuraunte: »Aber Monsieur le professeur, schämen Sie sich denn gar nicht, die Situation auszunutzen?«
    »Sei froh, daß wir nicht die Zeit haben, sie wirklich auszunutzen«, flüsterte er und half ihr beim Aufstehen.
    »Gerade darüber gräme ich mich ja«, lachte sie, um sofort wieder ernst zu werden. »Wo ist der Vampir, der mich abknutschen wollte?«
    »Asche«, erwiderte Zamorra und fragte sich, warum er sich gerade in diesem Augenblick wieder an die Worte der alten Wahrsagerin erinnern mußte. »Du hast mitbekommen, daß er dich im Griff hatte?«
    »Ja… bis zu dem Moment, als das Amulett so grell aufleuchtete. Was dann kam, weiß ich nicht mehr.«
    »Unwichtig«, knurrte der Professor. »Bloß habe ich jetzt einen Pfahl weniger… wie viele von den Burschen mögen es wohl noch sein?«
    »Und wo ist Tanja?«
    An die hatte er schon wieder gar nicht mehr gedacht. »Weiter! Dich habe ich gefunden, vielleicht stoßen wir auch auf Tanja, aber diesmal halten wir uns bei den Händen! Wenn dann einer wieder in einer Falle verschwindet, passiert das nicht ohne den anderen!«
    Hand in Hand begannen sie sich wieder durch die Dunkelheit zu tasten. »Prachtvoll«, hörte Zamorra Nicole sagen.
    »Was ist prachtvoll?« fragte er mißtrauisch, weil er sich nicht vorstellen konnte, was Nicole in dieser Lichtlosigkeit so begeisterte.
    »Daß ich dich wie ein kleines Kind an der Hand habe…«
    Er verzichtete auf die Drohung, es ihr bei passender Gelegenheit heimzuzahlen, weil diese Raufereien dann ohnehin immer mit dem Ergebnis endeten, daß er besiegt unten lag.
    Es ging weiter bergab, aber nicht über Treppen, sondern auf einer Art Rampe. Der Gang führte wie ein schräg geführter Stollen in die Tiefe.
    Hatten sie nicht den Bereich der Blutburg bereits verlassen und befanden sich irgendwo in Berg-Tiefen? Oder war der Erbauer der Burg wirklich so verrückt gewesen, schräge Gänge zu schaffen? Und ob sie rund waren oder gerade, ließ sich in der Finsternis nicht erkennen, bloß rechtwinkelige Knicke gab es nicht.
    Plötzlich blieb Nicole an Zamorras rechter Seite stehen. Ihre freie Hand berührte die rechte Wand des Korridors, in dem sie sich langsam vorwärts und abwärts bewegten, und seine freie Hand die linke Seite.
    »Hier ist ein Durchgang!«
    Auch Zamorra verharrte. Ein kaum wahrnehmbarer Luftzug kam von rechts, Beweis dafür, daß dort wirklich ein Gang abzweigte.
    »Nachsehen?«
    »Kann nicht schaden«, sagte Zamorra. »Wenn wir zurückkommen, können wir uns nicht verlaufen, weil es vorwärts nur abwärts geht, und die Neigung ist feststellbar.«
    Zu zweit betraten sie den Seitengang, der noch steiler nach unten führte, bis die Schräge plötzlich in Stufen überging. Und die waren gekrümmt.
    »Wendeltreppe!« zischte er ihr zu, als er das Geländer berührte und sich abwärts tastete. Nicole folgte ihm an der äußeren Wand.
    Nach zwei Umdrehungen
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