Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0206 - Rache aus dem Grab

0206 - Rache aus dem Grab

Titel: 0206 - Rache aus dem Grab
Autoren: Werner Kurt Giesa
Vom Netzwerk:
hochschrecken. Aber irgendwie mußte der Anblick des Toten mit seinem vom Grauen verzerrten Gesicht Nachwirkungen zeigen. Darüber konnte ihr auch das aufregende Liebesspiel nicht hinweghelfen. Kerr…
    Ihre tastende Hand griff ins Leere.
    Da setzte sie sich auf, starrte in das vom Mondlicht erhellte Zimmer. »Kerr, wo bist du? Was ist los?«
    Das Bett neben ihr war leer. Kerr war nirgends zu sehen.
    Vielleicht ist er zur Toilette gegangen, dachte sie. Dann erinnerte sie sich wieder an das Geräusch, das sie auf dem Flur gehört hatte. War er vielleicht gestürzt, unglücklich gefallen und hatte sich verletzt?
    Sie schwang sich aus dem Bett und warf sich das hauchdünne, fast zu früh endende Négligé über und lief zur Tür.
    Da sah sie, daß die Klinke niedergedrückt war.
    Sie erstarrte erschrocken. Jemand war an der Tür! Ihr als Kerrs Assistentin kriminalistisch geschärfter Verstand erkannte sofort, daß jemand lautlos eindringen wolle!
    Babs war ein Mädchen, das sich durchaus selbst zu helfen wußte. Vor einem Einbrecher hatte sie ganz bestimmt keine Angst, riß die Tür entschlossen auf und - schrie gellend auf, als sie den Toten erkannte, dessen Augen das durch das offene Fenster fallende Mondlicht spiegelten!
    Daß seine Hände nach ihr griffen und ihren Mund verschlossen, bemerkte sie nicht mehr, weil sie in Ohnmacht fiel. Zum ersten Mal in ihrem Leben…
    Dann knarrten die Dielenbretter unter der schweren Last, als sich jemand wieder in Richtung Treppe entfernte und mit seiner Last im Dunkeln verschwand…
    ***
    Die relativ frühe Sperrstunde auf den britischen Inseln bringt es mit sich, daß die Wirte Gelegenheit haben, wesentlich früher zu Bett zu kommen als auf dem Kontinent und demzufolge auch wesentlich früher wieder in der Lage sind, sich vom Schlafe zu erheben. So kam es, daß Alec Hurst, der Besitzer und Schankwirt von Alec’s Pub, morgens gegen acht Uhr bar jeden Frühstücks den Schankraum betrat und Kerr hinter dem Tresen liegen sah.
    »Donnerwetter«, murmelte er und betrachtete den nur mit einer Hose bekleideten jungen Mann, der sich als Inspector von Scotland Yard entpuppt hatte. »Was macht der hier? Hat er sich selbst bedient und schläft jetzt seinen Rausch aus?«
    Aber es gab keine Gläser, und es standen auch keine angebrochenen Flaschen da. So machte sich Alec, Feind jeglicher Unordnung, daran, hinter dem Tresen aufzuräumen und Kerr erst einmal in einen Sessel in seinem Wohnzimmer zu verpflanzen, das durch einen schmalen Korridor getrennt nebst anderen Privaträumen hinter der Schankstube lag.
    Hurst war Junggeselle. Es gab also keine Frau, die erschrocken aufschreien konnte, weil in morgendlicher Stunde ein fremder Mann im Sessel träumte. Alec Hurst setzte die Kaffeemaschine in Gang, weil am frühen Morgen Kaffee ein besserer Wachmacher war als original britischer Tee, und machte sich dann daran, Wiederbelebungsversuche zu beginnen.
    Kerr erwachte nach relativ kurzer Zeit. Jetzt erst fiel es dem Wirt auf, daß das Gesicht ein wenig verfärbt war. Hurst kannte diese Symptome. Kerr mußte eine fliegende Faust gestoppt haben.
    Hurst wünschte ihm einen guten Morgen. Kerr stöhnte grimmig auf. »Gut wird der bestimmt nicht…«
    »Wer hat Ihnen denn das Ding verpaßt, Mister Kerr?« wollte Hurst wissen. »Noch dazu nachts hinter meinem Tresen! Kaffee?«
    »Au ja«, murmelte Kerr, sah an sich herunter, und die Erinnerung kam langsam wieder. »Teufel auch… ich habe ein Ferngespräch nach Frankreich geführt, um einen Spezialisten anzufordern. Keine Sorge, ich habe die Einheiten notiert und bezahle sie, sobald ich wieder an mein Geld komme«, beruhigte er den Wirt, als er es in dessen Augen kurz aufblitzen sah. »Tut mir leid, aber es war ein spontaner Einfall… die Quittung hat mir dann einer verpaßt, der mich beim Telefonieren erwischte.«
    »Wer?« fragte Hurst knapp und füllte zwei Kaffeetassen.
    Kerr biß sich auf die schmerzenden Lippen. Ein Filmheld wäre jetzt wieder topfit, er aber fühlte sich hundeelend. Seine rechte Gesichtshälfte fühlte sich an, als könnte er sie abschälen, und wenn er die Kiefermuskeln bewegte, schmerzte es teuflisch. Das Sprechen tat weh, und der Schmerz wollte nur langsam weichen.
    »Sie glauben’s mir doch nicht…«
    »Reden Sie schon. Ich bin Kummer gewöhnt. Wer war es?«
    »Halifax.«
    Hurst setzte die Kaffeetasse vor Kerr ab. »Da! Milch? Zucker? Dann nicht! Sie haben übrigens eine verblüffende Gabe, Ihre Mitmenschen einzuschätzen:
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher